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# taz.de -- Urteil aus Karlsruhe: BND-Überwachung teils verfassungswidrig
> Amnesty International hat erfolgreich geklagt: Das Verfassungsgericht
> verlangt Nachbesserungen bei der Überwachungspraxis des
> Bundesnachrichtendienstes.
Bild: Zentrale des BND in Berlin
Karlsruhe taz | Die strategische BND-Überwachung der Kommunikation mit dem
Ausland ist verfassungswidrig ausgestaltet. Dies entschied das
Bundesverfassungsgericht in einem [1][an diesem Donnerstag veröffentlichten
Senatsbeschluss]. Geklagt hatte unter anderem Amnesty International (AI).
Von strategischer Überwachung spricht man, wenn [2][der
Bundesnachrichtendienst BND] anlasslos Kommunikationsströme durchkämmt, die
Telefonate, SMS und E-Mails enthalten. Der BND greift dabei gewaltige
Datenmengen an den internationalen Kabelleitungen und
Satellitenkommunikation ab. Mithilfe von Suchbegriffen, sogenannten
Selektoren, werden verdächtige Nachrichten ausgefiltert, um sie näher zu
prüfen. Am Ende sind meist nur einige Dutzend Kommunikationen relevant.
Die Überwachung der Kommunikation zwischen Deutschland und dem Ausland ist
schon seit 1968 im sogenannten G-10-Gesetz geregelt. Ursprünglich sollten
damit Kriegsvorbereitungen des Ostblocks aufgedeckt werden. Seit 1994 steht
aber der Kampf gegen Terrorismus und illegalen Rüstungshandel im
Vordergrund. 2015 wurde die strategische Überwachung auch auf Cyberspionage
und Cybersabotage erweitert.
Aus formalen Gründen konnte Amnesty International nur gegen die letzte
Erweiterung klagen. Das Bundesverfassungsgericht hatte die strategische
Überwachung schon 1999 überprüft und gebilligt. Aufgrund der enorm
gestiegenen Bedeutung der digitalen Kommunikation fällte das Gericht nun
aber eine neue Grundsatzentscheidung.
## „Besonders schwerer“ Eingriff in Fernmeldefreiheit
Das Gericht stellte fest, dass es sich bei der strategischen Überwachung um
einen „besonders schweren“ Eingriff in die Fernmeldefreiheit handelt. Denn
die anlasslose Überwachung treffe potenziell jeden, der mit dem Ausland
kommuniziere.
Allerdings sei diese Form der Überwachung grundsätzlich gerechtfertigt, so
die Richter:innen. Denn die Gefahren durch kriminelle, terroristische oder
staatliche Cyberangriffe seien „außerordentlich hoch“. Angriffe auf die
IT-Infrastruktur bei der Energie-, Wasser oder Gesundheitsversorgung
könnten ähnlich schwer wiegen wie ein bewaffneter Angriff.
Für verfassungswidrig erklärte das Verfassungsgericht aber die
Ausgestaltung der strategischen Überwachung, weil sie das Prinzip der
Verhältnismäßigkeit verletze. So fehle eine Regelung, die den BND
verpflichtet, innerdeutsche Kommunikation, soweit technisch möglich, vorab
auszusondern.
Unzureichend sei auch die Kontrolle der strategischen Überwachung durch die
nebenberufliche G-10-Kommission, der zum Beispiel ehemalige Abgeordnete
angehören. Erforderlich sei eine hauptberufliche Kontrolle. Vorbild dürfte
der Unabhängige Kontrollrat sein, der seit 2022 die strategische
Überwachung des BND im Ausland kontrolliert.
Der Bundestag hat Zeit bis Ende 2026, um die Mängel abzustellen. Bis dahin
darf der BND weiter strategisch überwachen.
7 Nov 2024
## LINKS
[1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/20…
[2] /Bundesnachrichtendienst/!t5007703
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
BND
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Bundesamt für Verfassungsschutz
Schwerpunkt Afghanistan
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