# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Die frühen Meister des Kinos | |
> Hito Steyerl stellt zwei Pasolini-Filme vor und auch im Filmkunst 66 gibt | |
> es Klassiker. Das Filmmuseum Potsdam widmet sich der Lichtverschmutzung. | |
Bild: „La ricotta“ (F 1963), Regie: Pier Paolo Pasolini | |
Als um 1880 die Glühbirne und mit ihr das elektrische Licht erfunden und | |
popularisiert wurde, verschwendeten die Zeitgenossen von Edison und Co. | |
sicher keinen Gedanken daran, dass die schöne neue Erfindung irgendeinen | |
nachteiligen Effekt auf die Natur – zu der im Übrigen ja auch wir Menschen | |
gehören – haben könnte. | |
Das elektrische Licht war einfach ein gewaltiger Fortschritt gegenüber der | |
Beleuchtung mit Kerzen und Fackeln: konstanter, sauberer, sicherer. Und in | |
den Fabriken konnte man nun auch länger arbeiten, das freute die | |
Kapitalisten. | |
Mittlerweile ist längst das Wort Lichtverschmutzung erfunden worden, und | |
die Konsequenzen der permanenten Dauerbeleuchtung für alle Lebewesen wurden | |
gründlich erforscht. Kaum verwunderlich ist das Ergebnis: Tiere und | |
Pflanzen, die sich an den Hell-Dunkel-Rhythmus der Natur perfekt angepasst | |
hatten und bislang eher in der Nacht auflebten, können sich evolutionär | |
nicht so schnell umstellen und drohen auszusterben. | |
Im Rahmen der Ökofilmtour zeigt das Filmmuseum Potsdam mit „Die Schönen der | |
Nacht“ (R: Holger Vogt) und „Licht aus – Wie Kunstlicht die Natur | |
verändert“ (R: Sander Van Iersel und Tim Visser) zwei Dokumentarfilme zum | |
Thema, die sich letztlich auch die Frage stellen, welche | |
Lösungsmöglichkeiten es für das Problem gibt. Im Anschluss an die | |
Vorführungen diskutiert Katrin Springer, die Leiterin der Ökofilmtour, mit | |
Gästen (13.11., 19 Uhr, [1][Filmmuseum Potsdam]). | |
„Frühe Meister der Filmkunst“, so nennt sich eine Filmreihe im Filmkunst | |
66, die sich der nur noch vergleichsweise selten in Kino und Fernsehen | |
gezeigten klassischen Filmkunst der ersten Hälfte des vergangenen | |
Jahrhunderts widmet. Dabei geht man alphabetisch vor, ausschlaggebend ist | |
der Nachname der Regisseure. | |
Mittlerweile ist man bei C wie René Clément angelangt – bis zu Z wie | |
Zinnemann liegt also noch einiges an Wegstrecke vor uns. In der kommenden | |
Woche läuft mit Cléments erstem langen Spielfilm „La bataille du rail“ | |
(„Schienenschlacht“, 1946) eine Ode an den französischen Widerstand, die in | |
verschiedenen Episoden von dem aufopferungsreichen Kampf der Eisenbahner | |
gegen die deutsche Besatzungsmacht im Zweiten Weltkrieg erzählt. | |
An Originalschauplätzen gedreht und mit Laiendarstellern besetzt, liegt die | |
Stärke des Films in dem quasi-dokumentarischen Touch des Films, den der | |
Regisseur zusätzlich mit einem Schuss Pathos versetzt hat (10.11., 11 Uhr, | |
[2][Filmkunst 66]). | |
Der Kurzfilm „La Ricotta“ (Der Weichkäse, 1962) von Pier Paolo Pasolini | |
stellt sich als eine schöne absurde Parabel auf die gesellschaftlichen | |
Verhältnisse in Italien dar. Ein proletarischer Kleindarsteller, der in | |
einem marxistischen Christusfilm ans Kreuz genagelt werden soll, kommt bei | |
den Dreharbeiten nämlich partout nicht zum Essen: Ein erstes | |
Verpflegungspaket übergibt er seiner hungernden Familie, ein zweites Paket | |
wird vom Hund einer versnobten Filmdiva gefressen. | |
Den titelgebenden Weichkäse schlingt er schließlich in einer Pause so | |
hastig herunter, dass er stirbt – passenderweise am Kreuz. Im Babylon Mitte | |
läuft „La Ricotta“ gemeinsam mit einem weiteren Pasolini-Kurzfilm, „Che | |
cosa sono le nuvole?“ (1968); eine Einführung hält die Künstlerin und | |
Autorin Hito Steyerl (10.11., 16 Uhr, [3][Babylon Mitte]). | |
7 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.filmmuseum-potsdam.de/index.php?id=d760a331d101167078310015f59c… | |
[2] https://www.filmkunst66.de/vorschau | |
[3] https://babylonberlin.eu/programm/filmreihen/pasolini/7628-cinemaperitivo-l… | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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