| # taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Das Private im Sozialismus | |
| > Im Babylon Mitte gibt es ein Wiedersehen mit Regisseur Krzysztof | |
| > Kieślowski. Mit der Handkamera gewackelt wurde auch bei „The Blair Witch | |
| > Project“. | |
| Bild: „Der Filmamateur“ (1979), Regie: Krzysztof Kieślowski | |
| Kaum war der polnische Regisseur Krzysztof Kieślowski mit seinen Trilogien | |
| „Ein kurzer Film über…“ und „Drei Farben“ dem internationalen | |
| Arthouse-Publikum so richtig zum Begriff geworden, verstarb er 1996 mit | |
| Mitte 50 an einem Herzinfarkt. Seine Filme aber sind bis heute populär | |
| geblieben, sie gehören zweifellos zum Kanon der europäischen Filmkunst. | |
| Im Babylon Mitte gibt es bis in der kommenden Woche im Rahmen einer kleinen | |
| Reihe ein Wiedersehen mit einigen von Kieślowskis besten Werken, darunter | |
| die ebenso nachdenkliche wie bitter-komische Satire „Der Filmamateur“ aus | |
| dem Jahr 1979. Zum einen reflektiert der Film mit seiner Geschichte um den | |
| naiven Familienvater Filip, der mit seiner Super-8-Kamera anfangs lediglich | |
| seine kleine Tochter filmen will und schließlich mit seinen immer | |
| ambitionierteren Filmen sogar im Fernsehen landet, das Verhältnis von | |
| Privatem und Politischen im Sozialismus: Wann genau wird das Private | |
| eigentlich politisch, und welchen Einfluss wird dann der Staat nehmen? | |
| Zum anderen denkt Kieślowski natürlich auch über das eigene Medium nach: | |
| Was soll man überhaupt drehen? Filip beginnt, indem er „alles filmt, was | |
| sich bewegt“ – und der böse und tragische Witz des Films besteht darin, | |
| dass er bei der Obrigkeit erst wirklich aneckt, als er versucht, sich | |
| gesellschaftlich zu engagieren. | |
| Dabei ist seine „Karriere“ – Familienfilme, Firmenjubiläum, | |
| Amateurfilmfestival, Bekanntschaft mit dem berühmten Regisseur Zanussi und | |
| einem Fernsehredakteur, Diskussionen mit Filmkritikern – hinreichend absurd | |
| gestaltet, ohne jedoch aus den Augen zu verlieren, dass der naive | |
| Enthusiast die Konsequenzen seines Tuns völlig unterschätzt und irgendwann | |
| eine moralische Entscheidung treffen muss (26. 11., 19.30 Uhr, [1][Babylon | |
| Mitte]). | |
| Herumgewackel mit der Handkamera im Dunklen gehört nicht gerade zu den | |
| ästhetischen Entscheidungen, die in besonderer Weise auf mein Wohlwollen | |
| stoßen. Insofern konnte ich dem Horrorfilm „The Blair Witch Project“ (1999, | |
| R: Daniel Myrick, Eduardo Sanchez) nie etwas abgewinnen. | |
| Dass er an dieser Stelle trotzdem erwähnt wird, hängt mit seiner | |
| filmhistorischen Bedeutung zusammen, und weil er gerade so gut zum | |
| „Filmamateur“ passt: Der Low-Budget-Film mit dem vermeintlichen Found | |
| Footage Material von drei Filmstudent:innen, die im Wald über eine Hexe | |
| recherchieren (und dabei spurlos verschwinden), setzte mit seinem – auch | |
| über das Internet angeheizten – Erfolg den unseligen Trend zu Werken mit | |
| Pseudo-Amateurästhetik erst so richtig in Gang (23. 11., 22.30 Uhr, | |
| [2][Rollberg Kino]). | |
| Als klassisches Gegenbeispiel im Horrorgenre wäre „Ein Zombie hing am | |
| Glockenseil“ (1980, R: Lucio Fulci) zu nennen: Der handelt auch von Hexen, | |
| hat auf jeden Fall den besseren Titel (auch wenn sich der italienische | |
| Originaltitel eher als „Angst in der Stadt der lebenden Toten“ übersetzen | |
| lässt), und bietet mit expliziten Gewaltdarstellungen ein Muster für jene | |
| Art von „Gewaltvideos“, die in den 70er- und 80er-Jahren immer wieder als | |
| Ausgangspunkt von absurden Diskussionen (und Zensurmaßnahmen) herhalten | |
| mussten. Das waren noch Zeiten! (22. 11., 22 Uhr, Hackesche Höfe Kino) | |
| Die Reihe „Zeitreisen für Kinder“ im Zeughauskino soll die betreffende | |
| Zielgruppe für die Dauer eines Films ins Mittelalter versetzen. Verständnis | |
| für Monty Pythons „Die Ritter der Kokosnuss“ (1975, R: Terry Gilliam, Terry | |
| Jones) bringen aber wohl nur die schon älteren Kinder (und alle, die sich | |
| dafür halten) auf. | |
| Witze über einen König ohne Pferd (aber mit Hufgetrappel-Geräuschemacher), | |
| das britisch-französische Verhältnis und ein Killerkaninchen, das mit der | |
| Heiligen Handgranate von Antiochia erledigt werden muss, versteht ja nicht | |
| gleich jede:r (22. 11., 20.30 Uhr, Zeughauskino). | |
| 21 Nov 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Lars Penning | |
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