| # taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Erst cool, bald verzweifelt | |
| > Die Kinemathek widmet ihrem Gründer Gerhard Lamprecht eine Filmreihe, das | |
| > Cinema Paris zeigt den großartigen Klassiker „Fahrstuhl zum Schafott“. | |
| Bild: „Fahrstuhl zum Schafott“ (1958), Regie Louis Malle | |
| Ein Unbekannter ist der deutsche Filmregisseur Gerhard Lamprecht mitsamt | |
| seiner mehrere Jahrzehnte umspannenden Filmografie ganz sicher nicht. Doch | |
| zum ganz großen Klassiker hat es nie ganz gereicht. | |
| Auch seine heute am häufigsten gespielten Filme, die Kästner-Verfilmung | |
| „Emil und die Detektive“ (1931) und der Trümmerfilm „Irgendwo in Berlin�… | |
| (1946), sind – obwohl signifikante Beispiele seiner realistischen | |
| Herangehensweise – weniger im Sinne einer „politique des auteurs“ mit | |
| seinem Namen verbunden, sondern gelten eher als wichtige „Berlin-Filme“. | |
| Noch weniger bekannt dürfte den meisten Leuten die Tatsache sein, dass | |
| Lamprecht mit seiner privaten Filmsammlung den Grundstock für die Deutsche | |
| Kinemathek legte, der er als Begründer und Leiter bis 1966 vorstand. Kein | |
| Wunder also, dass sich die Kinemathek immer wieder gern mit | |
| wissenschaftlichen Publikationen und Filmreihen an Lamprecht abarbeitet: | |
| Die aktuelle Reihe heißt „Losers & Winners“, umfasst fünf Filme und | |
| verspricht einen aktuellen Blick auf Themen wie Milieu und Urbanität. | |
| Los geht es am 18.11. mit Lamprechts Verfilmung „von Motiven“ (wie es im | |
| Vorspann heißt) aus Thomas Manns großem Familienroman „Buddenbrooks“ | |
| (1923), einem Film, der zeitgenössisch durchaus Anklang fand – nur nicht | |
| bei Thomas Mann, der bekrittelte, das Ganze sei nur ein „gleichgültiges | |
| Kaufmannsdrama“ geworden. | |
| Lamprecht und seine Autoren hatten die Handlung in die Gegenwart verlegt | |
| und stark gestrafft; als Folge präsentiert sich der Film weitaus | |
| handlungsorientierter als der Roman. Zugleich gelingt es dem Film, der | |
| gleichwohl einen guten Einblick in die hanseatische Kaufmannswelt gibt, | |
| aber immer wieder, den Konflikt zwischen den ausschließlich merkantil | |
| orientierten und den eher musisch interessierten Mitgliedern der Familie | |
| herauszuarbeiten: Die Hochzeit von Thomas Buddenbrook mit der | |
| Nachbarstochter Gerda Arnoldsen besteht hier sehr stimmig lediglich aus | |
| einer kurzen Sequenz, in der eine Geldkassette mit der Mitgift von einem | |
| Tresor in einen anderen transferiert wird. | |
| Die Kinemathek zeigt den Film im Kino Arsenal in einer restaurierten | |
| Fassung, die Filmrestauratorin Eszter Takácz und der Filmkomponist Mauro | |
| Brosolo halten eine Einführung. Die gesamte Filmreihe wird von den | |
| Kuratorinnen Diana Kluge und Natalie Gravenor vorgestellt (18.11., 19 Uhr, | |
| [1][Arsenal]). | |
| Am 17. November findet der Europäische Kinotag statt, in 42 Ländern und | |
| über 700 Kinos feiert man dann die Vielfältigkeit des historischen und | |
| aktuellen europäischen Filmschaffens. | |
| Im Cinema Paris geschieht dies stilsicher mit einer Vorführung von Louis | |
| Malles erstem Spielfilm „Fahrstuhl zum Schafott“ (1958), in dem die | |
| Krimihandlung – ein Mann erschießt den Ehemann seiner Geliebten, bleibt | |
| aber nach der Tat im Fahrstuhl stecken – in den Hintergrund rückt, wenn | |
| Jeanne Moreau auf der vergeblichen Suche nach dem Geliebten zu den | |
| Cool-Jazz-Klängen von Miles Davis die Straßen und Bars des nächtlichen | |
| Paris durchwandert und von Hoffnung bis Verzweiflung die verschiedensten | |
| Emotionen durchläuft (17.11., 13 Uhr, [2][Cinema Paris]). | |
| Immer wieder gern gesehen: die von Charlie Kaufman geschriebene und von | |
| Spike Jonze inszenierte exzentrische Komödie „Being John Malkovich“ (1999), | |
| in der ein erfolgloser Marionettenspieler hinter einem Aktenschrank einen | |
| Zugang zum Kopf des Schauspielers John Malkovich entdeckt und alsbald | |
| Eintrittskarten für die seltsamen Reisen durch dessen Bewusstsein verkauft. | |
| Die Trips durch den Kopf des Mimen eröffnen ihrerseits Möglichkeiten zum | |
| vergnüglichen Philosophieren über Sein und Bewusstsein, über sexuelle | |
| Identitäten und ewiges Leben, über Image und Erfolg (14.11., 18.11.-19.11., | |
| 21.30 Uhr, 16.11., 16.50 Uhr, 17.11., 17.30 Uhr, [3][Rollberg Kino]). | |
| 14 Nov 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmreihe/filmspotting-gerhard-lamprecht/ | |
| [2] https://www.yorck.de/filme/fahrstuhl-zum-schafott?sort=Popularity&date=… | |
| [3] https://www.yorck.de/filme/being-john-malkovich?sort=Popularity&date=20… | |
| ## AUTOREN | |
| Lars Penning | |
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