| # taz.de -- Wohl wegen deutscher Abschiebepläne: Bundesregierung bootet Afghan… | |
| > Bisher trotzten Afghanistans Vertreter in Deutschland dem Taliban-Regime. | |
| > Jetzt erzwang die Bundesregierung wohl den Rücktritt des Botschafters in | |
| > Berlin. | |
| Bild: Das Gebäude der afghanischen Botschaft in Berlin Grunewald | |
| Berlin taz | Offenbar auf Drängen der Bundesregierung sind am Montag | |
| Afghanistans Botschafter in Berlin, Yama Yari, und der Generalkonsul in | |
| Bonn, Said Lutfullah Sadat, zurückgetreten. In einer Erklärung der | |
| Botschaft deutet Yari an, dass andernfalls die komplette Schließung der | |
| Einrichtungen gedroht hätte. | |
| Sadat schreibt in einer gesonderten Erklärung, dass er aufgrund | |
| „[1][politischer Positionen einiger Länder], besonders der Bundesrepublik | |
| Deutschland und der Europäischen Union“ sowie „politischer Erwägungen und | |
| Beschränkungen des Gastgeberlandes“ nicht mehr seine „politische | |
| Unabhängigkeit“ wahren könne. | |
| Beide Diplomaten waren noch von der Regierung der Islamischen Republik | |
| Afghanistan eingesetzt worden, die von der [2][Taliban] im August 2021 | |
| gestürzt wurde. Die Vertreter waren bisher mit deutscher Duldung weiter | |
| unter der republikanischen Flagge ihres Landes tätig und hatten sich | |
| geweigert, mit dem neuen Regime in Kabul zu kooperieren. Das tun auch die | |
| meisten anderen afghanischen Diplomaten in westlichen Ländern nicht. Einige | |
| schlossen sich zu einem „Rat“ zusammen, in dem sie ihr Vorgehen abstimmen. | |
| Das Auswärtige Amt erklärte auf Anfrage der taz, dass die Bundesregierung | |
| keine Veränderungen am Status der afghanischen Auslandsvertretungen in | |
| Deutschland vollzogen habe. „Die beiden Leiter der afghanischen | |
| Vertretungen in Berlin und Bonn wurden durch den Entsendestaat abberufen.“ | |
| Diese Abberufungen seien „aus völkerrechtlicher Sicht bindend“. Dafür habe | |
| die Bundesregierung laut Gesandtschaftsrecht als Gaststaat „eine | |
| angemessene Frist“ gesetzt. „Dazu fand am 15.10.2024 im Auswärtigen Amt ein | |
| Gespräch mit Vertretern der afghanischen Vertretungen in Bonn und Berlin | |
| statt.“ Das Auswärtige Amt habe zudem einer Ausweitung der Zuständigkeit | |
| des Generalkonsulats München auf „weitere Staaten widersprochen“. | |
| Deutschland erkennt – wie alle anderen Staaten – das Islamische Emirat der | |
| Taliban nicht an. Ebenso übertrug die UN-Vollversammlung den Taliban bisher | |
| nicht Afghanistans Sitz. Weil diese aber Afghanistans Territorium | |
| kontrollieren, sprechen Berlin und UN von „De-facto-Behörden“. Afghanistans | |
| UN-Sitz nimmt weiter ein Vertreter der alten Regierung ein, der jedoch | |
| erklärte, er vertrete keine bestimmte afghanische Regierung mehr. | |
| ## Widerspruch zur offiziellen Afghanistan-Politik | |
| Im Juli teilten die Taliban den Gastgeberstaaten afghanischer | |
| Auslandsvertretungen mit, dass sie ab sofort [3][nicht mehr von diesen | |
| ausgestellte Dokumente anerkennen.] Die Taliban-Note nannte auch die | |
| Botschaft in Berlin und das Generalkonsulat in Bonn. Zu den fünf Ausnahmen | |
| gehört das Generalkonsulat in München. | |
| Ob es in der Mitteilung aus Kabul auch andere Forderungen gab, ist unklar. | |
| Deutschland war laut einem Bericht der Deutschen Welle aber das einzige | |
| Land, das darauf schriftlich reagiert habe. In einer „förmlichen | |
| Mitteilung“ habe das Auswärtige Amt akzeptiert, dass das Konsulat in | |
| München nun für ganz Deutschland zuständig sei. Bis dahin war München nur | |
| für die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg zuständig. Seither wird | |
| es von Afghan*innen aus ganz Europa überlaufen. | |
| Der afghanische Exilsender Amu TV berichtete ebenfalls im September unter | |
| Berufung auf einen „hohen afghanischen Diplomaten in Europa“, die | |
| Bundesregierung habe die Botschaft in Berlin aufgefordert, die „Probleme | |
| mit den Taliban binnen weniger Wochen zu lösen“. Offenbar sollte sie die | |
| erweiterte Verantwortung des Konsulats in Münchens akzeptieren. Das tat | |
| Botschafter Yari offenbar nicht. Daraufhin, so Amu, habe das Auswärtige Amt | |
| ihn und Generalkonsul Sadat aufgefordert, ihre Positionen zu räumen. | |
| Im Sommer hatten bereits Afghanistans Botschaften in Großbritannien und | |
| Norwegen geschlossen. Der afghanische Botschafter in London, Zalmai | |
| Rassoul, sagte, die britische Regierung habe „Druck“ auf ihn ausgeübt, dass | |
| er zurücktrete. Das britische Außenministerium sagte, die Taliban hätten | |
| die afghanischen Diplomaten in London „entlassen“, die Schließung sei aber | |
| nicht Londons Entscheidung gewesen. | |
| Hintergrund des deutschen Vorgehens sind wohl die von Bundeskanzler Olaf | |
| Scholz (SPD) vorangetriebenen Abschiebungen nach Afghanistan. Dafür sind | |
| konsularische Hilfe der afghanischen Vertretungen sowie Kontakte mit den | |
| Taliban notwendig. Im Oktober hatte Deutschland erstmals wieder afghanische | |
| Straftäter nach Kabul zwangsausgeflogen. Den Flug mit 28 Afghanen an Bord | |
| hatte der Golfstaat Katar vermittelt. | |
| Das Vorgehen der Bundesregierung steht in eklatantem Widerspruch zu ihrer | |
| offiziellen Afghanistan-Politik. Erst im September hatte sie mit über 20 | |
| Staaten angekündigt, Schritte gegen die Taliban einzuleiten, weil sie gegen | |
| die UN-Konvention zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen verstoßen, die | |
| auch Afghanistan unterschrieben hat. | |
| Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde nachträglich mit dem Statement | |
| des Auswärtigen Amtes ergänzt. | |
| 19 Nov 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Thomas Ruttig | |
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