# taz.de -- Parlamentswahl in Senegal: Folgen auf große Worte auch große Tate… | |
> Die Regierungspartei Pastef erhofft sich eine Mehrheit, um ihre | |
> angekündigten Reformen durchsetzen zu können. Doch den Wahlkampf bestimmt | |
> vor allem Polemik. | |
Bild: Er ist schon überzeugt: Ein Wahlkämpfer verteilt Armbänder für Pastef… | |
Dakar taz | Gut ein halbes Jahr nach den Präsidentschaftswahlen ist | |
Senegals Bevölkerung am Sonntag erneut zum Gang an die Urnen aufgerufen. | |
Dann wählt das westafrikanische Land ein neues Parlament. Denn im September | |
hatte der [1][frisch gewählte Präsident Bassirou Diomaye Faye] das | |
bestehende Parlament aufgelöst und Neuwahlen ausgerufen. Der „Blockadekult“ | |
der Abgeordneten habe eine „offene Zusammenarbeit“ unmöglich gemacht, so | |
Faye. | |
Von den Neuwahlen erhofft sich Fayes Partei Pastef (Afrikanische Patrioten | |
im Senegal für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit) eine Änderung der | |
Sitzverteilung. Eine Notwendigkeit, um das mit viel Pomp angekündigte | |
politische Programm durchzusetzen. Momentan hält die Partei lediglich 56 | |
der 165 Sitze. Damit sei es ihr nicht möglich, Fayes angestrebten Reformen | |
durchzusetzen, sagt Ababacar Fall, Generalsekretär des senegalesischen | |
Instituts Gradec. Die Forschungs- und Beratungsgruppe arbeitet zu | |
Menschenrechten, Demokratie und guter Regierungsführung. | |
Mit seinem „Programme de Rupture“ verkörpert Pastef eine neue Art, Politik | |
zu machen. Der [2][Bruch mit der Vergangenheit], der Aufbruch in eine neue | |
Zeit stehen dabei an erster Stelle. Im Wahlkampf hatte die Partei unter | |
Federführung ihres Gründers und jetzigem Premierminister Ousmane Sonko | |
angekündigt, Rohstoffverträge zugunsten des Landes neu verhandeln zu | |
wollen. Auch politische Institutionen sollen reformiert, der Korruption | |
Einhalt geboten, die Lebensbedingungen verbessert und die Arbeitslosigkeit | |
reduziert werden. | |
Es sind große Ziele – doch in seinen ersten Monaten an der Macht hat Pastef | |
trotz flammender Ankündigungen wenig mehr als Symbolpolitik betrieben. Die | |
Begründung waren dabei immer die ungünstigen Mehrheitsverhältnisse. Zwar | |
steht die Bevölkerung Senegals nach wie vor mit großer Mehrheit und | |
Begeisterung hinter der Partei, doch die Erwartungen und Hoffnungen sind | |
extrem hoch. „Wenn es in den kommenden Monaten keine sichtbaren Ergebnisse | |
gibt, wird eine große Unzufriedenheit in der Bevölkerung entstehen“, sagt | |
Fabian Heppe von der Heinrich-Böll-Stiftung Senegal. Pastef, allen voran | |
Präsident Bassirou Diomaye Faye, [3][muss liefern – und zwar dringend.] | |
## Bei den Wahlen im März hatte Faye deutlich gewonnen | |
Während alle anderen Parteien in Koalitionen antreten, will Pastef zum | |
ersten Mal allein die Mehrheit holen. Die Chancen dafür stünden relativ | |
gut, sagt der politische Analyst Babacar Ndiaye von der senegalesischen | |
Denkfabrik Wathi: „Der gewählte Präsident hat bislang immer eine Mehrheit | |
im Parlament erhalten. Es gibt da eine Art Kontinuität.“ Bei den Wahlen im | |
März hatte Faye mit 54 Prozent der Stimmen deutlich gewonnen. Es sei nicht | |
davon auszugehen, dass sich die Unterstützung in den vergangenen Monaten | |
drastisch verändert habe. | |
Die Geschichte seiner Wahl zum Präsidenten, ist die eines steilen | |
Aufstiegs: vom Gefängnis in den Präsidentenpalast, aus der Unbekanntheit | |
zum wichtigsten Mann im Staat. Ein Präsident „par accident“ – per Zufall, | |
wie es oft heißt. Noch dazu im Turbodurchlauf und als Jüngster in der | |
Geschichte des Landes. Anfang März 2024 befand sich der 44-Jährige noch | |
wegen eines regierungskritischen Facebook-Posts in Haft. Mitte März folgte | |
seine Freilassung und die Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten, | |
anstelle des eigentlichen Pastef-Vorsitzenden und | |
Präsidentschaftsaspiranten Ousmane Sonko – gerade noch rechtzeitig zur | |
Präsidentschaftswahl am 24. März. | |
Sonko war aufgrund eines Gerichtsurteils wegen Verleumdung von der | |
Kandidatur ausgeschlossen worden. Stattdessen wurde dieser von Faye in | |
seiner ersten Amtshandlung als Präsident zum Premierminister ernannt: Ein | |
Posten, der erst eigens für ihn geschaffen werden musste. | |
## Besorgnis, dass es zu Unruhen kommt | |
Seinem konfrontativen Stil bleibt Ousmane Sonko jedoch auch als | |
Premierminister treu. So rief der Politiker in den sozialen Medien zu Rache | |
auf, nachdem es in mehreren Städten zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen | |
Anhängern von Pastef und Oppositionsgruppen gekommen war – und ruderte dann | |
am Dienstag zurück. Sonkos Polemik hatte Besorgnis ausgelöst, dass es am | |
17. November zu gewaltsamen Unruhen kommen könnte. | |
Im Wahlkampf gab es viel Polemik und wenig Inhalt. Ob sich dies auf die | |
Zusammensetzung des Parlaments auswirken wird, entscheidet sich am Sonntag. | |
16 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Senegals-neuer-Praesident-im-Amt/!5999033 | |
[2] /Ueberschwemmungen-in-Sahelzone/!6042461 | |
[3] /Senegal-unter-Diomaye-Faye/!6017861 | |
## AUTOREN | |
Helena Kreiensiek | |
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