# taz.de -- Solidaritätszuschlag in Karlsruhe: Soli oder Haushaltsloch | |
> Sollten die sechs klagenden FDP-Politiker:innen vor dem | |
> Bundesverfassungsgericht gewinnen, fehlen dem Fiskus 65 Milliarden Euro. | |
Bild: Will keinen Solidaritätszuschlag mehr: Christian Dürr, Vorsitzender der… | |
Karlsruhe taz | Die FDP kämpft weiter gegen eine ausreichende (oder aus | |
ihrer Sicht ausufernde) Staatsfinanzierung. An diesem Dienstag verhandelte | |
das Bundesverfassungsgericht über die Klage von sechs | |
FDP-Bundestagsabgeordneten [1][gegen den Solidaritätszuschlag.] Falls sie | |
Erfolg haben, muss der Fiskus 65 Milliarden Euro zurückzahlen. | |
Der Solidaritätszuschlag wurde 1995 eingeführt, um den besonderen | |
Finanzbedarf des Bundes wegen der Wiedervereinigung zu finanzieren. Er | |
beträgt 5,5 Prozent der Einkommensteuerschuld (nicht des Einkommens). | |
Seit 2021 gelten allerdings großzügige Freigrenzen, sodass 90 Prozent der | |
Steuerpflichtigen den Soli nicht mehr bezahlen müssen. Nur wer pro Jahr | |
mehr als rund 18.000 Euro Einkommensteuer bezahlt, [2][muss dazu auch noch | |
den Soli-Zuschlag berappen]. Der Soli bringt dem Fiskus aber immer noch 12 | |
Milliarden pro Jahr. | |
[3][Gegen diese Reform der schwarz-roten Koalition erhoben 2020 sechs | |
FDP-Bundestagsabgeordnete Verfassungsbeschwerde]. Der bekannteste von ihnen | |
ist der jetzige Fraktionsvorsitzende Christian Dürr. Mit dabei waren auch | |
Florian Tomcar und Katja Hessel; beide waren in dieser Wahlperiode | |
Staatssekretär:innen im Finanzministerium. | |
## Gleichheitsrecht der Reichen verletzt | |
Die FDPler bemängelten vor allem, dass der Soli immer noch erhoben wird, | |
obwohl es keinen Sonderbedarf mehr für den Aufbau Ost gebe. Der Soli | |
verletze daher ihr Grundrecht auf Eigentum. Außerdem sei ihr | |
Gleichheitsrecht verletzt, weil nur noch Gutverdienende den Soli zahlen | |
müssen. | |
Hätte die Klage der FDPler:innen Erfolg, müsste der Bund den | |
einkommensstarken Steuerzahler:innen für die Zeit ab 2020 knapp 65 | |
Milliarden Euro zurückzahlen, es wäre ein Haushaltsdesaster. Der FDP-Anwalt | |
Henning Berger forderte deshalb das Bundesverfassungsgericht auf, eine | |
„ausgewogene Lösung“ zu finden. | |
Andreas Audretsch, Vize-Fraktionschef der Grünen, verteidigte in Karlsruhe | |
den Solidaritätszuschlag. Neben den Kosten der Einheit gebe es inzwischen | |
viele neue finanzielle Sonderbedarfe des Bundes: Sanierung der | |
Infrastruktur, Verteidigung und Hilfe für die Ukraine, Klimaschutz. Dass | |
den Soli nur noch Gutverdienende zahlen, sei vom Sozialstaatsgebot gedeckt, | |
so Audretsch. Der SPD-Finanzpolitiker Michael Schrodi ergänzte, im | |
Steuerrecht komme es immer auf die Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen | |
an. | |
## DIW sieht weiterhin „teilungsbedingte Lasten“ | |
Die juristischen Sachverständigen vertraten unterschiedliche Konzepte. Der | |
Trierer Rechtsprofessor Henning Tappe sah im Grundgesetz keinerlei | |
Zweckbindung für „Ergänzungsabgaben“ wie den Soli. Entscheidend sei, dass | |
der Bund zusätzlichen Finanzbedarf habe. Dagegen forderte der Heidelberger | |
Professor Hanno Kube die Beschränkung von Ergänzungsabgaben auf | |
vorübergehende „Bedarfsspitzen“. | |
Ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sah im | |
April 2020 noch jährlichen Sonderbedarf von rund 13 Milliarden Euro allein | |
für „teilungsbedingte Lasten“, etwa beim Bürgergeld und bei der | |
Rentenversicherung. Das Bundesverfassungsgericht wird sein Urteil in | |
einigen Monaten verkünden. | |
12 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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