# taz.de -- Klimakonferenz in Baku: Durchwachsene Aussichten | |
> Die diesjährige Klimakonferenz in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku | |
> beginnt. Zwischen Trump-Wahl und Hitzerekorden sind die Vorzeichen | |
> schlecht. | |
Bild: Im Regen stehen lassen: Viele Regierungschefs bleiben dieses Jahr der Kli… | |
BERLIN taz | Die Hiobsbotschaft kam ein paar Tage vor Beginn der | |
Verhandlungen: 2024 wird das heißeste Jahr, das die Menschheit je gemessen | |
hat. Im weltweiten Durchschnitt wird die Temperatur mindestens 1,55 Grad | |
über dem Durchschnitt der vorindustriellen Zeit liegen, [1][wie das | |
Erdüberwachungsprogramm Copernicus der Europäischen Union am Donnerstag | |
meldete.] | |
Am Montag treffen sich nun die fast 200 Regierungen der Welt zur | |
Weltklimakonferenz in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku, um die | |
jährlichen Verhandlungen zum Schutz des Weltklimas abzuhalten. Im Pariser | |
Weltklimaabkommen haben sie versprochen, die Erderhitzung bei „deutlich | |
unter zwei Grad“ gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten. Außerdem | |
wollten sie Anstrengungen unternehmen, damit schon bei 1,5 Grad Schluss | |
ist. Damit das nicht dauerhaft der Fall ist, müssen sich die globalen | |
Treibhausgasemissionen laut Weltklimarat bis 2030 ungefähr halbieren. | |
Dabei wird bisher noch jedes Jahr gezittert, ob sie im weltweiten Maßstab | |
überhaupt endlich ihren Höhepunkt erreichen, statt weiter zu steigen. Zwar | |
geht es mit dem Ausbau der erneuerbaren und klimafreundlichen Energien | |
voran – aber die Nutzung der klimaschädlichen fossilen Energieträger wie | |
Kohle, Öl und Gas hört nicht auf. Im Gegenteil: Im vergangenen Jahr | |
erreichte sie sogar einen neuen Rekord. | |
Wenn die Delegationen der Länder der Welt ab Montag in Baku zusammenkommen, | |
werden sie Klimaziele diskutieren, Partnerschaften vereinbaren, über neue | |
Technologien und Ideen sprechen. Aber vor allem geht es auf der | |
Weltklimakonferenz dieses Jahr ums Geld. Die Regierungen werden sich darauf | |
einigen müssen, wie viel Geld die reichen Länder den Entwicklungsländern | |
geben, damit sie sich an den Klimawandel anpassen und in Klimaschutz | |
investieren können. | |
## 1 Billion US-Dollar bis 2030 | |
Im Konferenzjargon ist die Rede von „Klimafinanzierung“. Das aktuelle Ziel, | |
jährlich 100 Milliarden US-Dollar bereitzustellen, läuft 2025 aus. Der | |
Bedarf liegt bis 2030 bei über einer Billion US-Dollar, ein etwa zehnmal | |
größeres neues Klimafinanzierungsziel wäre also nötig. | |
Gestritten wird unter anderem darüber, wer Geber- und wer Nehmerland ist | |
(siehe Text unten). China, Saudi-Arabien und Südkorea zum Beispiel gelten | |
unter der UN-Klimarahmenkonvention von 1992, die Grundlage der | |
Klimaverhandlungen ist, als Entwicklungsländer und müssen deswegen nicht | |
zahlen. China ist inzwischen größter Treibhausgasemittent der Welt, | |
Saudi-Arabien und Südkorea haben größere Pro-Kopf-Einkommen als viele | |
Industrieländer. Die Europäische Union will deswegen durchsetzen, dass die | |
Klimafinanzierung von mehr Ländern getragen wird – nämlich von allen, die | |
in der Lage dazu sind. | |
Dem Klima-Ökonomen Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für | |
Umweltforschung in Leipzig zufolge ist ein Billionen-Ziel eher | |
unrealistisch. Wichtig sei jedoch auch, wie genau die Zahlungen gestaltet | |
sind. An welche Bedingungen Zuschüsse gekoppelt sein müssen, zum Beispiel | |
oder mit welchen Vergünstigungen Kredite angeboten werden. Daran würden die | |
Verhandlungen eher scheitern als an der bloßen Zahl, sagt Schwarze. | |
Neben den Verhandlungen über die Klimafinanzierung wird es auch um neue | |
Klimaziele gehen. Bis Februar 2025 müssen dem Pariser Abkommen nach alle | |
Staaten angeben, wie weit sie ihre Treibhausgasemissionen bis 2035 senken | |
werden. Die Klimadiplomatie-Expertin Hanna Fekete von der Denkfabrik New | |
Climate Institute sagt, Aserbaidschan und Brasilien würden wahrscheinlich | |
noch während der UN-Klimakonferenz ihr Ziel verkünden. Brasilien | |
veranstaltet in Belem die nächste Klimakonferenz, dürfte sich also schon | |
als guter künftiger Gastgeber präsentieren wollen. | |
## Kein Rückschritt wäre schon ein Erfolg | |
China und die EU hingegen werden ihre Klimaziele wohl noch nicht | |
vorstellen. Von den USA wurde Fekete zufolge ein neues Klimaziel erwartet. | |
[2][Das hat sich wegen des Wahlsiegs Donald Trumps aber vielleicht | |
geändert] – oder brächte zumindest nicht viel. Trump hat die Klimakrise und | |
die menschliche Verantwortung dafür immer wieder geleugnet. Klimapolitik | |
will er nach Amtsantritt im Januar abschaffen, aus dem Pariser | |
Weltklimaabkommen wahrscheinlich austreten. Ein neues, ambitionierteres | |
Klimaziel der USA wäre deshalb jetzt kaum glaubwürdig. | |
Für Reimund Schwarze ist die diesjährige UN-Klimakonferenz schon ein | |
Erfolg, wenn in der Abschlusserklärung nicht die „Abkehr von fossilen | |
Brennstoffen“ abgeschwächt wird, die im vergangenen Jahr auf der | |
UN-Klimakonferenz beschlossen wurde. Diese geringe Ambition lässt sich auch | |
damit erklären, dass viele wichtige Regierungschefs dieses Jahr der | |
Konferenz fernbleiben: Brasiliens Präsident Lula Ignacio da Silva, | |
US-Präsident Joe Biden, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen | |
und auch Bundeskanzler Olaf Scholz. | |
Ein Grund ist aber auch, dass mit Aserbaidschan nach den Vereinigten | |
Arabischen Emiraten zum zweiten Mal in Folge ein Erdölstaat den | |
Verhandlungen vorsitzt. Kurz vor Beginn der Konferenz hatte die [3][BBC ein | |
heimlich gefilmtes Video veröffentlicht], in dem ein wichtiger | |
aserbaidschanischer Konferenzmitarbeiter einem Interessenten gegenüber die | |
Investitionsmöglichkeiten in die aserbaidschanischen Gasfelder anpreist. 90 | |
Prozent der Exporte Aserbaidschans sind Erdöl und -gas. | |
10 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /15-Grad-schon-ueberschritten/!6047532 | |
[2] /Weltklimakonferenz-in-Aserbaidschan/!6047824 | |
[3] https://www.bbc.com/news/articles/crmzvdn9e18o | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
Jonas Waack | |
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