# taz.de -- Queerer Vorweihnachtsmarkt: Regenbogen und gebrannte Mandeln | |
> Die „LGBTQIA Winterdays“ treten für queere Sichtbarkeit und ein | |
> geschütztes Umfeld ein. Zwischen Glühwein und Zuckerzeug stellen sich | |
> auch Vereine vor. | |
Bild: Am Nollendorfplatz leuchtet die Hochbahn von unten in den Farben des Rege… | |
Fast könnte man denken, es ist schon Mitte Dezember: Tannenzweige, bunte | |
Christbaumkugeln und gemeinsames Frieren zwischen bunt leuchtenden Buden | |
[1][erinnern verdächtig an einen Weihnachtsmarkt. Offiziell so genannt und | |
damit zur „Christmas Avenue“] wird der Markt am Nollendorfplatz zwar erst | |
nach dem Totensonntag am 24. November. Doch gebrannte Mandeln gibt es auch | |
jetzt im November schon. Seit Freitag sind die „LGBTQIA Winterdays“ im | |
Regenbogenkiez eröffnet. Den queeren Weihnachtsmarkt gab es zum ersten Mal | |
2019. | |
Zwischen glitzernden Discokugeln, die von der Decke baumeln und Getränke- | |
und Essensständen moderieren die Drag Queens Destiny Drescher und Mae | |
Drescher das Bühnenprogramm. Vielen Berliner*innen scheint es nicht zu | |
früh für die vorweihnachtliche Atmosphäre, schon um kurz nach 19 Uhr ist | |
der Markt gut besucht. Die Karaokeeinlagen auf der Bühne werden hin und | |
wieder kurz vom Ruckeln und Rauschen der U2 unterbrochen, die über den | |
Köpfen der Besucher*innen fährt. Doch das trübt die gute Stimmung | |
nicht. Geöffnet hat der Markt bis zum 23. Dezember, täglich zwischen 16 und | |
22 Uhr. | |
Ziel der „LGBTQIA Winterdays“ sei es, Sichtbarkeit und einen gemeinsamen | |
Raum für die Community zu schaffen, sagt Pressesprecher Sebastian Ahlefeld. | |
Er wolle, dass „man als queere Person ungehemmt auf den Weihnachtsmarkt | |
gehen kann“. Damit das in einem „sicheren Raum“ passieren kann, sei das | |
gesamte Marktpersonal sensibilisiert und es gebe Security Personal. | |
Besucher Maik Dehnelt ist schon Stammgast des Marktes. Für ihn ist es ein | |
„Treffpunkt der Community“, an dem er sich wohl fühlt, mit seinem Partner | |
Hand in Hand zu laufen. An anderen Orten erlebten sie regelmäßig | |
unangenehme Blicke und Anfeindungen. | |
Neben [2][Glühwein und mit glitzernder Folie tapezierten Verkaufsbuden] | |
soll auf dem Markt auch Platz für Politisches sein. Wie in den letzten | |
Jahren bietet das Team wieder queeren Vereinen und Organisationen eine | |
Standhütte an. Für ein bis zwei Tage können sich die Vereine dort kostenlos | |
vorstellen. Unter anderem werden die Aids-Hilfe und L-Support, ein Verein | |
gegen Lesbenfeindlichkeit, dort zu Gast sein. | |
## Zutritt erst ab 16 | |
Am Samstag, dem zweiten Tag der „LGBTQIA Winterdays“, stellt sich dort | |
QUEERHOME* vor. Das Projekt ist Teil des Sonntags Club, einer | |
Beratungsstelle in Pankow, und ist eine Anlaufstelle für queere | |
wohnungslose Menschen. Ihr Ziel dort sei es, Menschen für das Thema zu | |
sensibilisieren, sagt Kathrin Schultz von QUEERHOME*. Außerdem sammeln sie | |
Spenden und wollen den Markt nutzen, um Ehrenamtliche für das Projekt | |
anzuwerben. Denn die drei Stellen, die der Senat dem Projekt finanziert, | |
reichten bei Weitem nicht aus, um die vielen Anfragen zu beantworten. | |
Hinter einem der anderen Stände steht der Künstler Paul Astor. Es gibt | |
Penis-Memory-Spiele, Penis-Kühlschrankmagnete und Penis-Postkarten. Wegen | |
Verkaufsbuden wie dieser gab es im letzten Jahr die Kritik, dass der Markt | |
kein kinderfreundlicher Ort sei. Daher gibt es nun – wie auch letztes Jahr | |
– eine Altersbeschränkung ab 16 Jahren. Andere Aussteller verkaufen | |
T-Shirts bedruckt mit unterschiedlichen Flaggen der Community. | |
Maik Dehnelt und sein Partner sind sich einig: „Es gibt zu wenig queere | |
Weihnachtsmärkte“. Laut einer Umfrage von Queer.de finden knapp 50 Prozent | |
der Befragten queere Weihnachtsmärkte gut und denken, dass sie einen | |
Beitrag zu queerer Sichtbarkeit leisten. Teile der Community sehen das | |
allerdings anders. 23 Prozent sind der Meinung, dass man den „queeren | |
Stempel“ nicht überall draufdrücken sollte. Knapp 10 Prozent der Befragten | |
finden [3][„Glühwein und gebrannte Mandeln] schmecken doch überall gleich�… | |
Und der Rest? Der „findet Weihnachtsmärkte eh doof“. | |
10 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Kajo Roscher | |
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