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# taz.de -- Leiterin über Bremer Literaturfestival: „Perspektiven über den …
> Das Literaturfestival „Globale“ will bewusst Grenzen überschreiten.
> Ko-Leiterin Tatjana Vogel über das Verlassen von Nischen.
Bild: 2007 war es eher noch etwas für Eingeweihte: Marica Bodrožić und Artur…
taz: Tatjana Vogel, was ist das Globale an Ihrem Festival?
Tatjana Vogel: Die „Globale – Festival für grenzüberschreitende Literatur…
hat sich Autor: innen verschrieben, die hauptsächlich in Deutsch schreiben,
aber sich auch darüber hinaus in verschiedenen Sprachen und Kulturen
bewegen und das in ihrem Schreiben verbinden. Autor:innen, die Perspektiven
haben, die über den deutschen Sprachraum hinausgehen. Vor 18 Jahren, als
das Festival entstanden ist, war das noch Nischenliteratur, Stimmen, die
kaum Gehör bekommen haben. Dass das jetzt, wo der Diskurs sich geändert
hat, so weiterbesteht, finde ich sehr schön.
taz: Was macht grenzüberschreitende Literatur aus?
Vogel: Das kann ganz viel sein. Es gibt natürlich die Kernidee, aber auch
ganz viele andere Arten, wie Literatur grenzüberschreitend sein kann: Seien
es die Grenzen des Körpers oder der Identität. Sei es, dass Autor: innen
formale Grenzen überschreiten oder die von Genres. Der Kern bleibt aber:
Literatur, auf Deutsch geschrieben – aber beruhend auf Mehrsprachigkeit.
taz: Das Motto in diesem Jahr lautet „… trotz dieser Welt …“. Wie ist d…
gemeint?
Vogel: Das beruht auf eine Gedichtzeile von Fontane, die Libuše Černá, die
Festivalgründerin, mitgebracht hat. Wir haben uns schon im vergangenen Jahr
gefragt: Was machen wir hier eigentlich? Wieso und wofür machen wir das?
Was soll es erreichen? Also große Sinnfragen, die man sich so stellt, und
das fängt das Motto ganz gut ein. Trotz dieser Welt also wollen wir Räume
öffnen, Gehör verschaffen und Perspektiven erweitern. Es besagt auch: Wie
lassen uns nicht einschüchtern von den vermeintlich aussichtslosen Kämpfen,
die in allen Ecken geführt werden.
taz: Wie wird entschieden, welche Autor: innen eingeladen werden?
Vogel: Das ist relativ vielschichtig. Wir wollen natürlich auch einen
gewissen Bogen, sodass verschiedene Stimmen und Perspektiven vertreten
sind. Im Team bringen auch alle ihre unterschiedlichen Ideen und
Geschmäcker mit und schlagen Autor:innen vor. Daraus basteln wir dann
ein rundes Programm. Für den Anfang und den Abschluss sind es immer eher
bekanntere Autor:innen, und wir schauen, dass das Programm zu den Orten
passt. In der Arbeitnehmerkammer etwa sind es dann oft Texte mit Bezug zu
Geld oder Arbeit. So setzt sich das Programm zusammen aus ganz
verschiedenen Ideen, Geschmäckern und Themen. Was erscheint, ist natürlich
auch wichtig, üblicherweise werden Autor: innen eingeladen, die im Jahr vor
der Globale ein neues Buch haben.
taz: Das Programm ist sehr osteuropäisch geprägt.
Vogel: Einmal gab es einfach extrem viele spannende Texte aus dem
osteuropäischen Sprachraum. Natürlich gibt es auch diesen aktuellen Bezug,
es ist einfach sinnvoll, sich mit Russland und der Ukraine
auseinanderzusetzen. Es ist aber auch immer wieder ein Schwerpunkt der
Globale, der sich ein bisschen nebenbei ergibt – weil es viele von uns
interessiert.
taz: Das Festival wird dieses Jahr volljährig, ist es denn auch
selbständig?
Vogel: Ja, auf jeden Fall. In den vergangenen Jahren hat sich da so viel
getan. Ich nehme das total wahr auch bei Menschen in der Stadt, die das auf
dem Schirm haben – und im Kalender. Die fragen dann auch schon lange
vorher, wo die Programme sind und wann es endlich losgeht. Die Leute warten
richtig, und das ist mega-schön zu sehen. Unser Publikum wird auch immer
diverser vom Alter und der Zielgruppe her, das ist uns auch sehr wichtig.
taz: War das früher anders?
Vogel: Es hat sich lange so ein bisschen wie unterm Radar angefühlt, ein
bisschen exklusiv für Menschen, die genau das Thema interessiert – was auch
sehr schön ist. Aber es kommen jetzt viel mehr Leute mit unterschiedlichen
Hintergründen. Es ist auch so, dass sie jetzt mehr auf das Programm
vertrauen und auch zu Autor:innen gehen die sie vielleicht noch nicht
kennen. Viele Veranstaltungen sind kostenlos, wir wollen alles möglichst
barrierearm halten – sodass alle Leute kommen können, die wollen.
taz: Was hat sich seit dem ersten Festival verändert?
Vogel: Also, beim ersten Mal war ich noch ein Kind … Libuše Černá hat aber
erzählt, ihre schönste Festivalerinnerung sei: Als sie angefangen haben,
war das noch Nischenliteratur für einen ganz kleinen Kreis an Menschen.
Dann hat es angefangen, dass „Globale“-Autor:innen Preise gewonnen und
es in den Mainstream geschafft haben. Das hat sie richtig stolz und froh
gemacht. Da hat der Diskurs sich total verändert – aber der Globale war
schon vor 18 Jahren klar, dass das wichtige und tolle Texte sind.
taz: Freuen Sie sich auf einen Termin besonders?
Vogel: Auf alles! Ich freue mich total auf Barbi Marković, die hat
„Minihorror“ geschrieben, das den Horror des Mittelstandalltags beschreibt:
Das ist richtig witzig, aber auch total politisch. Ich freue mich auf Eva
Illouz. Und Lisa Weeda in der Shakespeare Company mit ihrem Roman „Tanz,
tanz, Revolution“: Das wird hoffentlich ein multimediales Format – darauf
freue ich mich sehr.
28 Oct 2024
## AUTOREN
Frida Schubert
## TAGS
Festival
Literatur
Bremen
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Postmigrantisch
Literatur
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