Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Klage gegen Dennis Hohloch: AfD-Mann darf wohl weiter hetzen
> Mit Foto und Namen: Der AfD-Politiker Dennis Hohloch stellt eine Frau an
> den Online-Pranger. Unterlassen muss er das wohl nicht, deutet ein
> Gericht an.
Bild: Verstörende Worte vor einer Grundschulklasse: AfD-Politiker Dennis Hohlo…
Potsdam taz | Für Anne Brügmann steht fest: Was am Mittwoch vor dem
Landgericht Potsdam verhandelt wird, sei „ein Fall von digitaler, rechter
Gewalt“. Doch die Art und Weise, wie die Richter*innen den Sachverhalt
interpretieren, ist für Brügmann „eine Katastrophe“.
Brügmann, Leiterin der [1][Beratungsstelle „Opferperspektive“] begleitet
am Mittwochmorgen eine Frau, die mit Unterlassungsklagen erreichen möchte,
dass der [2][rechtsextreme Brandenburger AfD-Abgeordnete Dennis Hohloch
sowie die AfD-Landtagsfraktion] nicht weiter in den sozialen Netzwerken
gegen sie hetzen und dabei ihren Namen, ihr Foto und weitere Informationen
verbreiten dürfen.
Ausgangspunkt des Rechtsstreits war der Besuch einer Potsdamer
Grundschulklasse – darunter das Kind der heutigen Klägerin – im
Brandenburger Landtag Anfang Juli. Bei einer Fragestunde mit den 9 bis 12
Jahre alten Schüler*innen lenkte AfD-Mann Hohloch das Gespräch
unvermittelt auf das Thema Geflüchtete, redete von
„Gruppenvergewaltigungen“ und „Messermännern“, sagte, dass man sich in
Potsdam nicht mehr sicher fühlen könne.
Der Vorfall schlug hohe Wellen: Eltern beschwerten sich, weil sie Hohlochs
Aussagen als jugendschutzgefährdend und nicht altersgerecht empfanden.
Unter anderem bat die heutige Klägerin in einer internen E-Mail die Schule
um die Aufarbeitung des Landtagsbesuchs.
## Mehr als 130.000 Follower
Das Schreiben wurde jedoch Dennis Hohloch zugespielt, der daraufhin in
Social-Media-Posts den vollen Namen und ein Foto der Frau veröffentlichte
und sie beschuldigte, ihn „canceln“ und ihm verbieten zu wollen, über die
„Sicherheitslage“ in Deutschland zu sprechen. Zum Zeitpunkt der Postings
folgten Hohloch allein auf [3][TikTok] rund 136.000 Accounts. Auch auf
Twitter, Facebook, Instagram und YouTube machten Hohloch sowie die
AfD-Fraktion Stimmung gegen die Mutter.
Doch am Mittwoch zeichnet sich schnell ab, dass das Gericht die Bedenken
der Klägerin nicht teilt. Im Tonfall und der Ausführlichkeit eines
Jura-Proseminars referiert die Vorsitzende Richterin Ilona Junge-Horne, es
gebe „kein absolutes Recht, nicht namentlich genannt zu werden“. Zudem habe
die Klägerin selbst ihr Profilfoto bei LinkedIn hochgeladen, es sei auch
auf der Webseite ihres Arbeitgebers zu finden. „Es ist da, um die Klägerin
vorzustellen. Nichts weiter macht auch der Beklagte“ – also Hohloch – in
seinen Posts.
Die Aussage Hohlochs, die Klägerin wolle ihn „canceln“, hält das Gericht
für eine Meinungsäußerung, „die man sich gefallen lassen muss“. Des
Weiteren handele es sich bei vielen weiteren Aussagen um wahre
Tatsachenbehauptungen. Auch die 12-jährige Tochter der Klägerin werde „nur
kurz erwähnt“ und – wie ihre Mutter auch – „nicht herabsetzend“.
Der Anwalt der Klägerin, Thomas Moritz, zeigt sich empört angesichts dieser
Interpretationen: „Meine Mandantin ist in die Öffentlichkeit gezerrt
worden“. Entscheidend sei der Kontext der Social-Media-Posts, und der sei
„polemisch, anprangernd, unverhältnismäßig“, so Moritz. Die Tochter werde
zudem „angreifend identifiziert“, indem der Name der Grundschule sowie der
Nachname des Kindes veröffentlicht werden.
## Fraktion kommt ungeschoren davon
Die Entscheidung über die Unterlassungsklage gegen Dennis Hohloch will das
Gericht Ende November verkünden. Doch die AfD-Fraktion kommt bereits jetzt
ungeschoren davon. Grund dafür ist eine Spitzfindigkeit: Die Fraktion von
Juli existiert seit [4][der Landtagswahl im September] nicht mehr als
juristische Person. Anwalt Moritz muss deshalb seinen Antrag für erledigt
erklären.
Anne Brügmann frustriert der Verlauf der Verhandlung: „Das ist nicht
ermutigend für alle anderen Betroffenen von Online-Hetze“, sagt die
Opferberaterin zur taz.
Der Fall sei ein gutes Beispiel dafür, wie die AfD Menschen einschüchtere:
„Es ist ein Pranger: Die Posts enthalten die Aufforderung an die
Anhängerschaft, darunter zu kommentieren.“ Und was sich in den Kommentaren
abspiele, sei „unglaublich“: Vergewaltigungsfantasien, Fragen nach der
Wohnadresse der Mutter und ihrer Tochter. „Die Klägerin wollte niemals
öffentlich gegen die AfD auftreten“, betont Brügmann.
## Account zwischenzeitlich gesperrt
Es ist nicht das erste Mal, dass Dennis Hohlochs Aktivitäten in den
sozialen Netzwerken für Empörung sorgen. In der Vergangenheit gab es teils
auch Konsequenzen. Im Juni etwa hatte TikTok mehrere seiner Beiträge als
„Hassrede“ oder „hasserfülltes Verhalten“ eingestuft. Sein Account wur…
stark eingeschränkt, ein kurzfristig eröffneter Ersatzaccount vollständig
gelöscht. Inzwischen hat sich Hohlochs Followerzahl auf TikTok halbiert.
Der 35-Jährige sitzt seit 2019 für die AfD im Brandenburger Landtag, seit
der Wahl im September als direkt gewählter Abgeordneter für den Wahlkreis
Oder-Spree II, der unter anderem die Stadt Eisenhüttenstadt umfasst. Er ist
parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion. Das Landesamt für
Verfassungsschutz stuft ihn als erwiesen rechtsextrem ein – wie auch zehn
weitere Fraktionsmitglieder.
Hohloch – der vor seiner politischen Karriere als Geschichts- und
Geografielehrer in Berlin arbeitete – mischt auch auf Bundesebene in der
AfD mit. Als Schriftführer ist er Mitglied im Bundesvorstand der Partei.
Gemeinsam mit dem Brandenburger AfD-Chef René Springer gehört Hohloch wohl
der Gruppe um den Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmaier an, die die
AfD als moderne, rechte Partei an die Macht bringen will. Dem
Münzenmaier-Netzwerk geht es dabei keineswegs um eine ideologische
Abmilderung. Seine Mitglieder propagieren vielmehr ein professionelles und
geschlossenes Auftreten und weniger öffentlichen Streit in der Partei.
6 Nov 2024
## LINKS
[1] https://www.opferperspektive.de/
[2] /AfD-Erfolg-in-Brandenburg/!6038024
[3] /TikTok/!t5647139
[4] /AfD-bei-Wahlen-in-Brandenburg/!6037863
## AUTOREN
Hanno Fleckenstein
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Hate Speech
Landtag Brandenburg
Rechtsextremismus
Gerichtsprozess
Schwerpunkt AfD
Wahlen in Ostdeutschland 2024
TikTok
## ARTIKEL ZUM THEMA
AfD-Meldeportale an Schulen: Denunziation im Klassenzimmer
Die rechtsextreme AfD stiftet Schüler*innen an, kritische Lehrkräfte zu
denunzieren. Die Regierung unterschätze die Lage, kritisiert die Linke.
AfD-Erfolg in Brandenburg: Es gibt nichts zu feiern
Mit radikalen Parolen wird die AfD in Brandenburg Zweite und hat eine
Sperrminorität. Auf die demokratische Zivilgesellschaft kommen raue Zeiten
zu.
Die AfD auf Tiktok: Eine Plattform für Populisten?
Die AfD ist auf TikTok besonders erfolgreich. Aber es gibt auch
Contentcreator:innen, die dagegen kämpfen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.