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# taz.de -- Prozesse gegen Reservisten-Gruppe: Wer Heimatschutz sagt, kriegt He…
> Ehemalige Angehörige einer Heimatschutzkompanie der Bundeswehr in
> Niedersachsen stehen wegen Verstößen gegen das Waffenrecht vor Gericht.
Bild: Reservisten mit G36-Gewehren beim Besuchertag „Heimatschutz“ auf dem …
Hamburg taz | Die Vorwürfe gegen ehemalige Angehörige der [1][Regionalen
Sicherungs- und Unterstützungskräfte] (RSU) Nordheide, eine der
Heimatschutzkompanien der Bundeswehr in Niedersachsen, wiegen schwer. Sie
müssen sich wegen Verstößen gegen das Waffengesetz vor Gericht
verantworten.
Gegen einen der damals „beorderten“ Reservisten läuft derzeit ein
Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Lüneburg. Sein ehemaliger
Vorgesetzter beim „Heimatschutz“, Jens G. aus der Wedemark, wurde bereits
am 8. Februar dieses Jahres zu einer Geldstrafe nach dem Waffen- und
Sprengstoffgesetz verurteilt. Bereits am 19. Oktober vor einem Jahr hatte
das Amtsgericht Burgwedel zudem einen Stabsgefreiten wegen Verstoßes gegen
das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Sprengstoffgesetz zu einer
Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.
Jens G. und den Reservisten, gegen den jetzt ermittelt wird, verbindet eine
rechtsextremistische Gesinnung. Ein weiteres langjähriges Mitglied der RSU
Nordheide gehört zu den völkischen Siedlern in der Lüneburger Heide. Einen
Tag nach der offiziellen Indienststellung der Kompanie 2013 in der
Lüneburger Kaserne feierte ein Teil der Angehörigen in einem Anwesen mit
Waffen, Munition und Hitlerzimmer in Seevetal weiter.
Unter strenger Geheimhaltung ermittelten das Landeskriminalamt (LKA)
Niedersachsen und die Staatsanwaltschaft Lüneburg seit 2021 gegen den
ehemaligen Kompaniechef, [2][Oberstleutnant der Reserve Jens G.], sowie
gegen Teile seiner RSU wegen Bildung einer mutmaßlichen Wehrsportgruppe.
## Viele Ermittlungsverfahren
Der verdächtigen „Neigungsgruppe G.“ gehörten 13 Beschuldigte an, allesamt
Reservisten der Bundeswehr. Auf eine aktuelle Anfrage der
Linken-Bundestagsabgeordneten Martina Renner räumte der Parlamentarische
Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Thomas Hitschler, ein,
dass eine hohe einstellige Zahl der vom Ermittlungsverfahren Betroffenen
„zeitgleich der Heimatschutzkompanie ‚RSU KR Nordheide‘“ angehörte. Bei
einer niedrigen einstelligen Zahl von Personen seien erfolgreich
abgeschlossene Sicherheitsüberprüfungen „nachträglich aufgehoben“ worden.
[3][Die „Heimatschutzkompanien“ der Bundeswehr] bestehen seit 2012. Sie
sollen kritische Infrastrukturen schützen, während die kämpfende Truppe an
der Front im Einsatz ist. Teilnehmer*innen absolvieren einen
siebenmonatigen Crash-Kurs an der Waffe. Die RSU gehören zur Reserve der
Bundeswehr und sind vor allem für den Objektschutz ausgebildet.
Vor drei Jahren befürchteten LKA und Staatsanwaltschaft Lüneburg zunächst,
dass sich die Mitglieder der „Neigungsgruppe“ zu einer rechten
Widerstandsgruppe zusammengeschlossen und über Anschläge auf Migranten
gesprochen hätten.
Der Hinweis auf Jens G. ergab sich 2021 bei einer Routineüberprüfung im
Bundesverteidigungsministerium. Dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) war
der Handykontakt eines Referenten der Abteilung „Strategie und Einsatz“,
Alexander B., aufgefallen. Der Referent war Burschenschafter in Hannover.
## Kontakte bis in die Bundeswehrspitze
Wie das ARD-Magazin „Kontraste“ berichtete, hatten Jens G. und Alexander
B. zudem [4][2004 ein „Ritterkreuztreffen“ besucht]. Aufnahmen zeigen eine
exklusive Gesellschaft: hochdekorierte Wehrmachtsoffiziere, begeisterte
Burschenschafter und mittendrin Jens G. und Alexander B.
Während G. als Reservist in Niedersachsen Karriere machte, pflegte er
demnach Kontakte bis in die Bundeswehrspitze. Privat nahm er mit anderen
Rechtsextremen an Fahrzeugtreffen wie 2015 in der Örtzetal-Kaserne in
Munster teil. 2016 besuchten mehrere Tatverdächtige der „Neigungsgruppe G.“
den völkischen „Maitanz“ in Edendorf.
Jens G. hatte bereits 2002 an einem Treffen der inzwischen verbotenen
Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft teilgenommen und war
polizeibekannt. Als 2001 Bundeswehrangehörige und Reservisten gegen die
Entlassung der damaligen Bundeswehroffiziere Götz Kubitschek, Mitbegründer
des rechtsextremen „Instituts für Staatspolitik“, und Peter Felser, heute
Bundestagsabgeordneter der AfD, wegen eines Buches über den Bosnienkrieg
protestierten, unterzeichnete auch Jens G. den Aufruf in der rechten Jungen
Freiheit.
Jens G. sei bestens „sozial vernetzt“, kenne sich bestens mit „dem
Zusammenbauen von Waffen“ aus und habe „sogar mal Geschichte studiert“,
berichtet ein Insider.
Als „Neigungsgruppe G.“ hatten G. und seine Leute an militärischen
Reservistenwettkämpfen teilgenommen. Der Vorwurf der Bildung einer
kriminellen Vereinigung wurde fallen gelassen, nicht aber der des Waffen-
und Sprengstoffmissbrauchs gegen einige der 13 verdächtigen Reservisten.
Warum G. trotz seiner politischen Vergangenheit 2013 zeitweise eine
Heimatschutz-Kompanie führen konnte, bleibt unklar. Martina Renner warnt:
„Bundeswehr und Reservistenverband versagen im Umgang mit Reichsbürgern,
Nazi- und SS-Fans in ihren Reihen“. „Dem MAD ist überhaupt nicht bewusst,
welche Anziehungskraft Heimatschutzkompanien auf die extreme Rechte haben“,
so die Abgeordnete.
15 Oct 2024
## LINKS
[1] /Bundeswehreinsatz-im-Inneren/!5086741
[2] /Ermittlungen-gegen-Wehrsportgruppe/!5827375
[3] /Bundeswehr-im-Kriegsfall/!5999418
[4] https://www.rbb-online.de/kontraste/ueber_den_tag_hinaus/diktaturen/armes_d…
## AUTOREN
Andrea Röpke
Andreas Speit
## TAGS
Heimatschutz
Gericht
Waffen
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