# taz.de -- Thüringer Verfassungsgerichtshof: Weg frei für Änderung der Wahl… | |
> Eine Eilklage der CDU beim Thüringer Verfassungsgericht hatte Erfolg. Der | |
> Thüringer Landtag setzt indes seine erste Sitzung fort. | |
Bild: Hat bei der ersten Sitzung des Thüringer Landtags die Rechte der Abgeord… | |
Freiburg taz | Der Thüringer Landtag darf die Regeln für die Wahl einer | |
Landtagspräsident:in noch vor der Wahl verändern. Das entschied der | |
Thüringer Verfassungsgerichtshof am späten Freitagabend. Erfolg hatte damit | |
ein Eilantrag der CDU-Fraktion gegen den Alterspräsidenten des Landtags | |
Jürgen Treutler (AfD). | |
Nach der Landtagswahl vom 1. September stellt die AfD im Thüringer Landtag | |
die stärkste Fraktion. Nach der bisherigen Geschäftordnung des Landtags hat | |
die stärkste Fraktion das Vorschlagsrecht für die Landtagspräsident:in. Die | |
AfD schlug die Abgeordnete Wiebke Muhsal vor. Die anderen Fraktionen (CDU, | |
BSW, Linke und SPD) wollen jedoch eine AfD-Landtagspräsident:in verhindern. | |
Sie befürchten, dass das eigentlich überparteiliche Amt für | |
rechtsextremistische Politik missbraucht wird. | |
Eigentlich dürfte es leicht sein, eine AfD-Landtagspräsident:in zu | |
vermeiden, denn die AfD hat trotz ihres Vorschlagsrechts ja keine Mehrheit | |
im Landtag und die anderen Abgeordneten sind nicht verpflichtet, | |
AfD-Politiker:innen zu wählen. Allerdings war bisher unklar, wie es | |
weiterginge, wenn der Personalvorschlag der AfD nicht gewählt würde. Können | |
dann auch andere Fraktionen Vorschläge machen oder kann nur die AfD weitere | |
Abgeordnete zur Wahl stellen? Über diese Verfahrensfrage hätte der | |
Alterspräsident des Landtags, Jürgen Treutler, entscheiden müssen. Zufällig | |
ist Treutler auch ein AfD-Abgeordneter. Deshalb bestand die Sorge, dass er | |
Kandidaturen anderer Fraktionen gar nicht zulässt und dass der Landtag am | |
Ende ohne Präsident:in dasteht, also nicht arbeitsfähig ist. | |
CDU und BSW haben deshalb bereits am 19. September einen Änderungsantrag | |
zur Geschäftsordnung des Landtags gestellt. Danach soll die AfD ihr | |
Vorschlagsrecht für die Landtagspräsident:in verlieren. Vielmehr | |
sollen alle Fraktionen Vorschläge für das Amt machen können, vom ersten | |
Wahlgang an. Die CDU hat bereits angekündigt, dass sie dann ihren | |
Abgeordneten Thadäus König vorschlagen wird. Die anderen Fraktionen (außer | |
der AfD) haben erklärt, dass sie König wählen würden. | |
## Erste Sitzung verlief chaotisch | |
Die erste Sitzung des Thüringer Landtags am Donnerstag [1][verlief jedoch | |
chaotisch]. Alterspräsident Jürgen Treutler versuchte, gegen die Mehrheit | |
der Abgeordneten seine Vorstellung vom Ablauf der Sitzung durchzusetzen und | |
wies Anträge der Abgeordneten, unter anderem auf Feststellung der | |
Beschlussfähigkeit des Landtags, mehrfach als unzulässig ab. | |
Treutler argumentierte, dass Anträge zur Tagesordnung und zur | |
Geschäftsordnung erst möglich seien, wenn die Landtagspräsident:in | |
gewählt und somit der Landtag konstituiert ist. Er machte damit deutlich, | |
dass er über den Antrag zur Änderung des Wahlverfahrens nicht vor der Wahl | |
der Landtagspräsident:in abstimmen lassen würde. Die AfD hielt den | |
Änderungsantrag von CDU und BSW zudem inhaltlich für verfassungswidrig. Es | |
bestehe ein Gewohnheitsrecht mit Verfassungsrang, dass die stärkste | |
Fraktion die Landtagspräsident:in stellen darf. | |
Nach mehreren Sitzungsunterbrechungen und informellen Verhandlungen | |
kündigte die CDU-Fraktion am Donnerstag um 16.15 Uhr an, dass sie beim | |
Thüringer Verfassungsgerichtshof in Weimar eine einstweilige Anordnung | |
beantragen wird. Der Schritt war erwartet worden – auch bei den Thüringer | |
Verfassungsrichter:innen. Diese begannen am Freitag sofort mit den | |
Beratungen und veröffentlichten ihren 36-seitigen Beschluss, der der taz | |
vorliegt, bereits am späten Freitagabend. | |
Der Verfassungsgerichtshof stellte fest, dass Alterspräsident Treutler die | |
Rechte der Thüringer Abgeordneten verletzt hatte. Er habe nur eine dienende | |
Rolle und keine Befugnis, Anträge der Abgeordneten einfach als unzulässig | |
abzulehnen. Die Sitzung des Landtags müsse deshalb an diesem Samstag mit | |
der Feststellung der Beschlussfähigkeit des Landtags und der Abstimmung | |
über die Tagesordnung fortgesetzt werden. | |
## Richter:innen verweisen auf Parlamentsautonomie | |
In der Begründung verweisen die Richter:innen auf die | |
Parlamentsautonomie. Der Landtag könne mit Mehrheit selbst entscheiden, wie | |
er seine konstituierende Sitzung gestaltet. Er könne dabei auch selbst die | |
Reihenfolge der Verfahrensschritte festlegen. Besonders wichtig: Der | |
Landtag kann auch das Wahlverfahren für die Landtagspräsident:in | |
ändern, bevor die Wahl stattfindet. | |
Das heißt: Die Abgeordneten können in der Geschäftsordnung das | |
Vorschlagsrecht der stärksten Fraktion, also der AfD, vor der Wahl | |
streichen, so dass der CDU-Abgeordnete König vorgeschlagen und gewählt | |
werden kann. Es ergebe sich weder aus der Verfassung noch aus | |
Gewohnheitsrecht, dass die Parlamentspräsident:in der größten | |
Fraktion angehören muss, so die Richter:innen. Die Abgeordneten könnten den | |
bisherigen „Parlamentsbrauch“ einfach ändern. (Az.: VerfGH 36/24) | |
Die Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs fiel einstimmig. Die | |
AfD hatte allerdings keinen der neun Richter:innen vorgeschlagen. Am | |
heutigen Samstag wird die Sitzung des Landtags um 9.30 Uhr fortgesetzt. | |
28 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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