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# taz.de -- AfD in Lichtenberg: Hetze am Stadtrand
> In Hohenschönhausen sollen neue Unterkünfte für Geflüchtete entstehen.
> Die AfD nutzt das aus, um in der BVV Stimmung zu machen.
Bild: Widerstand gab es schon Ende August, als die AfD gegen die geplanten Unte…
Berlin taz | In Neu-Hohenschönhausen, einer Plattenbausiedlung im äußeren
Nordosten Berlins, ist das Leben für viele nicht einfach: Das
Durchschnittseinkommen ist niedrig, etwa jedes zweite Kind wächst in einer
Bedarfsgemeinschaft auf, es mangelt an Ärzten, Schulen und Kita-Plätzen.
Wer, wie viele hier, auf den ÖPNV angewiesen ist, um von innerhalb des
S-Bahnrings hierhin zu gelangen, kommt rasch auf den Gedanken, dass man die
Gegend irgendwie vergessen hat.
Nächstes Jahr sollen hier zwei neue Unterkünfte für Geflüchtete entstehen,
um ab Herbst 2025 voraussichtlich 660 Menschen unterzubringen. Ein paar
Kilometer südlich, in Alt-Hohenschönhausen, mietet das Land ein ehemaliges
Hotel an der Landsberger Allee für weitere 1.200 Menschen an. Die Frage,
wie die seit Jahren marode soziale Infrastruktur in der Gegend verbessert
werden könnte, stellt sich somit mehr denn je.
Die Lichtenberger AfD nutzt derweil die Situation, um Stimmung gegen
Geflüchtete zu machen: Auf Antrag der Fraktion fand am Donnerstagabend eine
Sondersitzung der BVV statt. Mit prominenter Unterstützung der
Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch rief die Lichtenberger AfD ihre
Anhänger dazu auf, zur Sitzung zu kommen, „um ein Zeichen zu setzen“. Statt
scharenweise AfD-Anhängern kamen allerdings einige hundert
Antifaschist:innen zur BVV, um vor der Max-Taut-Aula in Lichtenberg zu
demonstrieren.
Schon Ende August hatte die Lichtenberger AfD [1][zu einer Kundgebung nach
Neu-Hohenschönhausen mobilisiert]. Dort sprach AfD-Landeschefin Kristin
Brinker, auch einige Neonazis waren vor Ort, die auf Demonstrationen
bereits als gewalttätig aufgefallen sind.
## Nazis auf der Pressebank
Auch auf der Pressebank im Bezirksparlament saßen dann gleich zwei bekannte
Neonazis, die Reporter spielten: Stefan Böhlke aus dem Umfeld von
„Bärgida“, der heute vor allem als Demo-Streamer aktiv ist, und Roy
Grassmann, der für AUF1, das österreichische Pendant zum Compact-Magazin,
moderiert. Grassmann ist ein Neonazi wie aus dem Bilderbuch: Der ehemalige
NPD-Kader trainiert gemeinsam mit Kadern der Neonazi-Partei „Dritter Weg“
in Pankow und ist in der rechtsextremen Szene in Berlin und Umland bestens
vernetzt. Einigen Antifaschist:innen wurde dagegen offenbar der Zugang
zum Bezirksparlament verwehrt, wie das Solidaritätsnetzwerk auf Twitter
schrieb.
Formal gesehen war die Sonder-BVV bedeutungslos: Obgleich sie die
Möglichkeit dazu gehabt hätte, stellte die AfD-Fraktion keine Anträge zur
Abstimmung. Die große Anfrage, einer der wenigen Tagesordnungspunkte,
steuerte die Lichtenberger BSW-Fraktion bei.
Stattdessen nutzten örtliche AfD-Politiker die Bühne der BVV für Hetze: Der
Verordnete Heribert Eisenhardt forderte ein Ende des „Experiments der
Zwangsbuntheit“ und schwadronierte von der „Merkel’schen Grenzöffnung“.
Offenbar um der erwarteten Kritik im Vorfeld etwas entgegenzusetzen,
betonte der Fraktionsvorsitzende Dietmar Drewes, dass man ihm wegen seiner
vietnamesischen Ehefrau keinen Rassismus vorwerfen könne. Mehrfach wurden
AfD-Verordnete wegen Überziehung der Redezeit ermahnt.
„Kitas, Schulen, Ärzte – das ist das worüber wir reden müssen“, hielt …
Linken-Fraktionschef Christian Petermann dagegen. „Hohenschönhausen könnte
jetzt stark gemacht werden und die Infrastruktur bekommen, die es seit
Jahren braucht“, so Phillip Ahrens (Grüne). Hier sei der Senat in der
Verantwortung. Ahrens erinnerte an die [2][untragbaren Zustände im
sogenannten Ankunftszentrum in Tegel], wo Menschen teils auf 12
Quadratmetern leben müssen: „Das macht deutlich, weshalb wir solche
Unterkünfte brauchen.“
Tatsächlich suchen das LAF und die zuständige Senatsverwaltung für Soziales
händeringend nach Flächen, um Geflüchtete unterzubringen. Als eines der
wichtigsten Ziele gilt es, das Elendslager Tegel leer zu bekommen. Und
freie Flächen, sei es für den Wohnungsbau oder das Aufstellen von
Containerdörfern, finden sich aus verschiedenen Gründen vor allem im
Berliner Osten.
27 Sep 2024
## LINKS
[1] /AfD-Demo-in-Lichtenberg/!6033430
[2] /Massenunterkunft-Tegel/!6025563
## AUTOREN
Daniel Brandt
## TAGS
Schwerpunkt AfD in Berlin
Berlin-Lichtenberg
Geflüchtete
Schwerpunkt Flucht
Kolumne Der rechte Rand
Berlin-Lichtenberg
Flüchtlinge
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