# taz.de -- Rechter Terror in Eisenach: Neonazis werden angeknockt | |
> Die Bundesanwaltschaft klagt drei Neonazis an. Sie sind Teil der | |
> Kampfsportgruppe „Knockout 51“, die einen Nazi-Kiez errichten und Linke | |
> töten wollte. | |
Bild: Aktuelle Anklage der Bundesanwaltschaft: Polizisten stehen vor der Gastst… | |
Berlin taz | Die Führungsriege der [1][militanten rechtsextremen | |
Kampfsportgruppe „Knockout 51“] ist im Juli recht glimpflich davon | |
gekommen, nun hat der Generalbundesanwalt Anklage gegen die zweite Reihe | |
erhoben: Im Fokus stehen die drei Thüringer Neonazis Kevin N., Marvin W. | |
sowie Patrick Wischke, der Landeschef der in Heimat umbenannten NPD. | |
N. und W. wirft sie die Mitgliedschaft beziehungsweise Gründung einer | |
kriminellen und terroristischen Vereinigung vor. Kevin N. soll dabei auch | |
Rädelsführer gewesen sein. Dem Heimat-Funktionär Wischke hält die | |
Bundesanwaltschaft die Unterstützung der Gruppe sowie ein Verstoß gegen das | |
Waffengesetz vor. Die Anklageerhebung erfolgte vor dem Staatsschutzsenat | |
des Thüringer Oberlandesgerichts, wie aus einer [2][Mitteilung der | |
Bundesanwaltschaft vom Donnerstag] hervorgeht. | |
Die Gruppe hatte in Eisenach jahrelang rechten Terror organisiert. Anführer | |
ist Leon Ringl, der dort die Szenekneipe „Bulls Eye“ betreibt. 20 | |
Mitglieder soll die Gruppe gehabt haben. Kampfsporttraining gab es in der | |
Parteizentrale der in Heimat umbenannten NPD Thüringen, dem „Flieder | |
Volkshaus“. Die Rechtsextremisten wollten einen „Nazi-Kiez“ errichten, | |
verprügelten immer wieder Menschen, die nicht in ihr Weltbild passten, | |
versuchten auch Waffen zu organisieren und machten Schießtrainings im | |
Ausland – dabei sollen sich auch die Tötung politischer Gegner geplant | |
haben. | |
Einer der nun angeklagten Mitglieder, Kevin N., habe ebenfalls zur | |
Führungsriege gehört, heißt es vom Generalbundesanwalt. Er habe spätestens | |
im März 2019 „Knockout 51“ mitgegründet. Aus Sicht der Sicherheitsbehörde | |
wollte die Gruppe „unter dem Deckmantel des gemeinsamen körperlichen | |
Trainings junge, nationalistisch gesinnte Männer“ anlocken und | |
indoktrinieren. Mitglieder seien „für körperliche Auseinandersetzungen mit | |
Polizeibeamten, Angehörigen der politisch linken Szene und sonstigen als | |
bekämpfenswert erachteten Personen ausgebildet worden“. Ab April 2021 habe | |
die Gruppe dann auch auf die „Tötung von Personen aus der linksextremen | |
Szene“ abgezielt. | |
## „Mit dem Auto in die Gegner fahren“ | |
Kevin N. habe dabei unter anderem Mitglieder geschult, „Kiezstreifen“ | |
geleitet und Veranstaltungen abgesichert. Er sei beteiligt gewesen, als die | |
Mitglieder bei Corona-Protesten gewaltsame Auseinandersetzungen mit der | |
Polizei oder politischen Gegner*innen gesucht hätten; ebenso, als die | |
Gruppe im September 2021 geplant habe, einen Angriff von Linksextremen zu | |
provozieren, um diesen „für einen tödlichen Gegenangriff“ zu nutzen. Ein | |
Zusammenstoß sei allerdings trotz Provokationen ausgeblieben, heißt es vom | |
Generalbundesanwalt. | |
Dem Thüringer Heimat-Chef Patrick Wischke wirft die Bundesanwaltschaft | |
unter anderem vor, der Gruppe im „Flieder Volkshaus“ einen Raum als | |
Waffenlager zur Verfügung gestellt zu haben. Ebenfalls soll er einen | |
Computer zur Verfügung gestellt sowie für die Gruppe Umbauten an der | |
Immobilie veranlasst haben. Zudem habe er an Treffen und Schulungsmaßnahmen | |
mitgewirkt. | |
Marvin W. wiederum soll einfaches Mitglied gewesen sein, dass neben | |
Kampfsport und Schießtrainings auch an „Kiezstreifen“ teilgenommen habe und | |
sich an den Tötungsplanungen beteiligt hatte. „Seine Aufgabe sollte dabei | |
sein, [3][mit dem Auto in die Gegner zu fahren]“, schreibt die | |
Bundesanwaltschaft. Kevin N. und Marvin W. befinden sich seit 14. Dezember | |
2023 in Untersuchungshaft. Der Heimat-Funktionär Patrick Wischke wiederum | |
wurde am 18. April diesen Jahres aus der U-Haft entlassen. | |
Die Bundesanwaltschaft stufte die Gruppe seit 2021 als terroristische | |
Vereinigung ein. Verurteilt wurde die Führungsriege im ersten Prozess | |
allerdings nur als kriminelle Vereinigung. Mord und Totschlag sei nicht das | |
Ziel der Gruppe gewesen, sagte der Richter, die er dennoch als „Kampfgruppe | |
nationalsozialistischer Prägung“ einschätzte. Tötungspläne gegen Linke | |
wertete er jedoch nur als Notwehr. Die Folge war viel [4][Jubel bei | |
Rechtsextremen im Gerichtssaal] und entsprechend milde Urteile mit | |
Haftstrafen bis zu drei Jahren und zehn Monaten. Die Bundesanwaltschaft | |
hatte doppelt so hohe Strafen verlangt. | |
Kritiker*innen sprachen von einem „Freifahrtschein für extreme Rechte“. | |
An der Thüringer Justiz hatte es bereits Kritik wegen milder Urteil in | |
anderen Neonazi-Prozessen nach schweren Gewalttaten in Ballstädt oder | |
Fretterode gegeben. | |
## Verbindungen zur Polizei | |
Gegen das Urteil aus dem Juli hat die Bundesanwaltschaft Revision | |
eingelegt. Und auch die zweite Reihe will sie nun erneut als terroristische | |
Vereinigung anklagen und bleibt also bei der Überzeugung, dass es sich bei | |
„Knockout 51“ um rechten Terror handelt. Nun liegt es am Oberlandesgericht | |
Thüringen, in welchem Umfang es die Anklage zulässt. | |
Die Linken-Abgeordnete und Sprecherin für Antifaschismus, Katharina König, | |
sagte: „Eine Reihe tatsächlicher Anhaltspunkte verdeutlicht, dass es sich | |
nicht nur um eine kriminelle, sondern um eine terroristische Vereinigung | |
handelt, gegen die mit allen rechtlich möglichen Mitteln vorgegangen werden | |
muss. Leider muss erneut Karlsruhe eingreifen und aktiv werden, wo | |
Thüringer Sicherheits- und Justizbehörden über Jahre versagten und | |
militante Neonazis gewähren ließen.“ | |
König hält es für angemessen, dass der Generalbundesanwalt erneut Anklage | |
wegen Terrorismus erhebt. „Das Ziel der Gruppe bestand darin, Nazi-Terror | |
zu verbreiten. Dann sollte man das auch entsprechend benennen und nach den | |
gesetzlichen Möglichkeiten verfolgen.“ Sie forderte ein konsequentes | |
Vorgehen gegen Szene-Immobilien und auch eine Aufarbeitung möglicher | |
Verstrickungen der Thüringer Polizei. Mitglieder der Gruppe hatten sich | |
selbst mit Verbindungen zur Polizei gerühmt, weswegen die Thüringer Polizei | |
in den Ermittlungen teils nicht mehr involviert war. | |
19 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Urteil-gegen-Knockout51/!6021205 | |
[2] https://www.generalbundesanwalt.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/Pr… | |
[3] /Nicht-erst-seit-Henstedt-Ulzburg/!5941975 | |
[4] /Urteil-gegen-Knockout51/!6021205 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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