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# taz.de -- Kampf gegen Diskriminierung: Initiativen fühlen sich ausgegrenzt
> Im Abgeordnetenhaus soll sich eine Enquete-Kommission bilden und
> Empfehlungen für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt erarbeiten. ​
Bild: Im Berliner Abgeordnetenhaus ist eine Enquete-Kommission zu Diskriminieru…
Berlin taz | Ein Abend in den Räumen des Berliner Migrationsrats: 25
Angehörige zivilgesellschaftlicher Initiativen treffen sich zu einem
informellen Austausch mit Abgeordneten von Linken, Grünen, SPD und einem
Mitarbeiter der CDU-Fraktion. Man diskutiert über eine vom Senat geplante
Arbeitsgruppe. Die soll Empfehlungen erarbeiten, wie sich der
gesellschaftliche Zusammenhalt stärken und Antisemitismus, Rassismus,
Muslimfeindlichkeit und Diskriminierung begegnen lässt. Doch die im Raum
versammelten Initiativen, die sich genau dafür einsetzen, wurden in die
Planung nicht einbezogen. Dementsprechend ist die Stimmung angespannt,
Presse nicht erwünscht.
Anfang Juli [1][brachten die Fraktionen der CDU und der SPD im
Abgeordnetenhaus] einen Entschließungsantrag ein, [2][eine
Enquete-Kommission] „Für gesellschaftlichen Zusammenhalt, gegen
Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jede Form von
Diskriminierung“ einzurichten. Diese Arbeitsgruppe aus 23 Abgeordneten
aller Fraktionen sowie externen Sachverständigen soll dazu bis 2026
Empfehlungen erarbeiten.
Laut dem Entschließungsantrag soll die Kommission die verschiedenen Arten
von Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit und Rassismus beleuchten und
Empfehlungen zur besseren Bekämpfung erarbeiten. Des Weiteren solle
untersucht werden, wie das „Wir- und Zusammengehörigkeitsgefühl“ der
Menschen in Deutschland und die Identifikation mit der Bundesrepublik
Deutschland gestärkt werden können. „Ein solches positives
Identitätsangebot auf Basis der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung
fördert eine offene Gesellschaft, die gegen Polarisierung resilient ist“,
heißt es wolkig in dem Antrag.
Die an diesem Abend beim Migrationsrat versammelten Initiativen erwarten
jedoch nicht viel von der Enquete-Kommission. „Die Zivilgesellschaft
erarbeitet seit Jahren Maßnahmen und eine Enquete-KommissionEmpfehlungen
und Definitionen rauf und runter, und dann lesen wir in so einem
Enquete-Antrag, man möchte Definitionen erarbeiten, evaluieren und
Maßnahmen überprüfen und weiterentwickeln“, kritisiert Ed Greve, Referent
für Antidiskriminierung beim Migrationsrat Berlin, nach dem Treffen mit den
Abgeordneten. „Da fühlen wir uns ein bisschen verarscht.“
## Angst vor Verschlechterungen
Man wisse nicht mal, wer die Expert*innen am Ende sein werden und nach
welchen Kriterien die Sachverständigen berufen werden. „Warum soll das
jetzt unbedingt besser sein als das, was zahlreiche unabhängige
Expert*innenkommissionen im Vorfeld schon erarbeitet und immer
wieder vorgeschlagen haben“, fragt Greve. Er ärgert sich, dass
[3][ausgerechnet das Landesantidiskriminierungsgesetz] mit keinem Wort
erwähnt wird, dafür aber das Berliner Hochschulgesetz, das die CDU
reformiert hat.
Sollte der Antrag wie angekündigt noch in diesem Jahr angenommen werden,
bleiben der Enquete-Kommission nur noch anderthalb Jahre Zeit, allzu viele
Ergebnisse sind da nicht zu erwarten. Linke und Grüne hätten gerne den
Fokus stärker auf strukturelle und institutionelle Diskriminierung gelegt.
Aber wie viele der Anwesenden befürchtet auch Greve, dass der
Abschlussbericht sogar Verschlechterungen bringen könnte. „Wenn die
Kommission am Ende eine Empfehlung herausgibt, es wird zu viel Geld gegen
antimuslimischen Rassismus ausgegeben, da wird zu viel über sexuelle
Vielfalt an den Schulen geredet und die machen alle Genderwahn, dann wird
sich das natürlich übersetzen in die Förderpraxis“, befürchtet der
Migrationsrat-Referent.
„Unsere Forderung bleibt natürlich, dass die Politik mit der
Zivilgesellschaft in Austausch bleiben und uns einbeziehen muss, vor allem
in Sachen Kriterien für die Besetzung der Expert*innen“, sagt Greve
abschließend. „Vielleicht müssen wir auch nochmal außerparlamentarische
Kampagnen machen, um auf die Wichtigkeit unserer Arbeit hinzuweisen. Wir
werden die Arbeit der Kommission in irgendeiner Form aktiv begleiten, aber
ob das in der Kommission stattfindet oder am Ende eher
außerparlamentarisch, können wir jetzt noch nicht sagen.“
18 Sep 2024
## LINKS
[1] https://www.spdfraktion-berlin.de/pressemitteilungen/enquete-kommission-geg…
[2] https://www.bundestag.de/services/glossar/glossar/E/enquete-444734
[3] https://www.berlin.de/sen/lads/recht/ladg/
## AUTOREN
Darius Ossami
## TAGS
Diskriminierung
Enquete-Kommission
Migration
Janine Wissler
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Antisemitismus
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