# taz.de -- Angriff mutmaßlicher Nazis in Gifhorn: Männer treten auf Frau am … | |
> Ein brutaler Angriff von vier Männern zwischen 17 und 24 an einer | |
> Bushaltestelle sorgt für Entsetzen. Die Täter sollen Neonazis sein. | |
Bild: Brutaler Angriff in Gifhorn: Die Polizei habe schnell eingreifen können,… | |
Berlin taz | Es ist eine brutale Szene: Vier junge Männer treten auf eine | |
am Boden liegende Frau ein, treten auch gegen ihren Kopf. Der Angriff | |
spielt sich offenbar beim Aussteigen aus einem Linienbus ab. Die Frau | |
bleibt reglos neben der Bustür liegen, viele Mitfahrer*innen schreien | |
und schauen geschockt zu, greifen aber – offenbar aus Angst – nicht ein. | |
Die Täter wollen flüchten, aber dazu kommt es nicht: Im nächsten Moment | |
kommen drei Polizeibeamte angerannt und können mehrere Täter zu Boden | |
bringen und festnehmen. | |
Ein Video des Vorfalls wurde [1][vielfach in den sozialen Medien geteilt] | |
und sorgt dort für Empörung und Entsetzen. Eine viel verbreitete | |
Einschätzung: „So sieht Rechtsruck aus“, oder: „AfD wirkt“. Die Szene … | |
eine Gruppe von mutmaßlichen Neonazis letzten Samstag zeigen, wie sie am | |
frühen Samstagabend im niedersächsischen Gifhorn eine Frau attackiert hat. | |
Zuvor war die Gruppe offenbar Teil eines extrem rechten Gegenprotests beim | |
CSD in Wolfsburg, wie aus Meldungen der Polizei hervorgeht. | |
Die Polizei Wolfsburg gab an, dass sie beim Einsatz beim queeren | |
Straßenfest eine 19-köpfige Gruppe festgestellt habe, [2][die den CSD | |
stören wollte] und daran von der Polizei gehindert worden sei. Anschließend | |
seien die „Teilnehmer“ auf verschiedenen Wegen nach Gifhorn gereist. In | |
einer weiteren [3][Pressemitteilung der Polizei Gifhorn] hieß es dazu, dass | |
sich dort noch eine 15-köpfige Gruppe zunächst in einem Waldgebiet am Rande | |
eines Industriegebiets aufgehalten habe. Um 19:30 Uhr hätte die Gruppe sich | |
aufgelöst und sei individuell abgereist, eine Kleingruppe sei in einen | |
Linienbus gestiegen. | |
Im Bus schließlich sei es um 19:40 Uhr „zur wechselseitigen verbalen und | |
schließlich körperlichen Auseinandersetzung gekommen“ mit zwei Schwestern, | |
wie es dazu in der Polizeimeldung heißt. Die Polizei habe schnell | |
eingreifen können, weil sie mit einem Streifenwagen dem Bus | |
hinterhergefahren sei. Die Beamten hätten die Personalien sämtlicher | |
beteiligter Personen festgestellt. Trotz zweier Tritte gegen Kopf und Rumpf | |
sei es zu nur leichten Verletzungen gekommen. | |
## Kritik am Polizeieinsatz | |
Die Vorkommnisse im Bus und an der Haltestelle seien nun zentraler | |
Bestandteil mehrerer Ermittlungsverfahren, der Polizei Gifhorn. Die | |
Verfahren richteten sich gegen vier Männer im Alter von 17 bis 24 Jahren | |
sowie eine Frau im Alter von 38 Jahren, womöglich die Person aus dem Video, | |
auf die die Männer eintraten. | |
Die Linke Gifhorn kritisierte [4][in einem Statement] unter anderem das | |
Verhalten der Polizei: „Es kann nicht sein, dass die Polizei eine Gruppe | |
Nazis begleitet und es dennoch zu einem schweren gewalttätigen Übergriff | |
kommt“, sagte Sandra Zecchino, die für die Linke im dortigen Stadtrat | |
sitzt. Mehrere der mutmaßlichen Täter stammten aus Gifhorn, heißt es in der | |
Mitteilung. Auf Rückfrage hätten Beamte demnach noch am Samstag zugesagt, | |
dass sie keinesfalls Nazis allein durch Gifhorn ziehen lassen würden. | |
Zecchino könne nicht nachvollziehen, dass die Polizei „mit dem Auto hinter | |
dem Bus herfahren“ als eine ausreichende Begleitung der Gruppe angesehen | |
habe und forderte Konsequenzen: „Nachdem in den letzten Monaten vermehrt | |
Nazischmierereien und -aufkleber in Gifhorn auftauchten, wurde eine neue | |
Eskalationsstufe erreicht. Es muss endlich gehandelt werden.“ Zum genauen | |
Tatablauf und dem Polizeieinsatz wolle sie eine Anfrage im Rat der Stadt | |
einbringen. | |
Häufig bleibt es bei rechter Gewalt nicht [5][bei leichten Verletzungen], | |
wie etwa Taten im letzten Jahr belegen: Während das Bundeskriminalamt seit | |
1990 insgesamt [6][109 Todesopfer rechter Gewalt] zählt, gehen | |
zivilgesellschaftliche Organisationen allein bis 2021 von [7][219 Fällen | |
aus]. | |
## 800 offene Haftbefehle gegen Neonazis | |
Politische Straftaten waren zuletzt auf einem Allzeithoch, die Zahl hat | |
sich in den letzten zehn Jahren [8][auf 60.028 verdoppelt]. Die meisten | |
davon, 28.945 Delikte, waren im Jahr 2023 rechtsextrem motiviert. Im Jahr | |
2023 haben sie um 23 Prozent zugenommen – zeitgleich zum Umfragen-Höhenflug | |
der AfD und nach rechts verrutschenden Diskursen. Zugleich gibt es fast 800 | |
offene Haftbefehle gegen Neonazis. | |
Viele Jugendliche radikalisieren sich derzeit in den sozialen Medien und | |
schlagen womöglich auch irgendwann auf der Straße zu. Für viel | |
Aufmerksamkeit hatte zuletzt der [9][Angriff auf den EU-Abgeordneten | |
Matthias Ecke] gesorgt, den unter anderem ein [10][offenbar extrem rechter | |
17-Jähriger] in Dresden beim Aufhängen von SPD-Plakaten krankenhausreif | |
geschlagen hatte. | |
Ein weiterer Großteil politisch motivierter Kriminalität, 16.678 | |
Straftaten, zählten die Behörden dem Reichsbürgerspektrum und | |
Coronaprotestierenden zu. Auch linke Straftaten nahmen 2023 um 11 Prozent | |
auf 7.777 Taten zu, wobei ein großer Teil (3.303) davon hier Taten im | |
Zusammenhang mit Klimaprotesten ausmachten. Unter „ausländische Ideologie“ | |
verzeichneten die Sicherheitsbehörden 5.170 Straftaten. Religiös motivierte | |
Straftaten, darunter islamistische Straftaten, schlugen mit 1.458 | |
Straftaten zu Buche. | |
16 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://x.com/DominikLenze/status/1835576772437430376 | |
[2] https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/56520/5864514 | |
[3] https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/56517/5865209 | |
[4] https://www.dielinke-gifhorn.de/aktuelles/details/pressestatement-zum-ueber… | |
[5] /Politische-Kriminalitaet-auf-Allzeithoch/!6012177 | |
[6] https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/32463… | |
[7] https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/todesopfer-rechter-gewalt/ | |
[8] /Politische-Kriminalitaet-auf-Allzeithoch/!6012177 | |
[9] /Nach-Angriff-auf-Politiker-in-Dresden/!6005923 | |
[10] /Rechtsextreme-Attacke-auf-SPD-Politiker/!6009432 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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