# taz.de -- Abgeordnetenhaus aus Sommerpause zurück: Mehr Spaghetti wagen | |
> Schwarz-Rot streitet sich ums Schulessen. Wie die Opposition macht auch | |
> die SPD die CDU-Bildungssenatorin für das aktuelle Chaos verantwortlich. | |
Bild: Stand am Donnerstag im Abgeordnetenhaus im Mittelpunkt der Kritik: Bildun… | |
Berlin taz | Die schwarz-rote Koalition steuert zusehends auf einen | |
heftigen Konflikt in der Debatte um Milliardenkürzungen im Haushalt zu. | |
Überlegungen, [1][am von der SPD seit 2006 durchgesetzten Prinzip der | |
Gebührenfreiheit zu rütteln] und nur noch Kindern aus finanzschwachen | |
Familien das Schulessen zu bezahlen, nannte SPD-Bildungsexpertin Maja Lasić | |
„politische Schaumschlägerei“. Ihre Fraktion halte „an der Gebührenfrei… | |
fest“, sagte sie am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. | |
Lasić äußerte sich in einer Debatte über das Chaos beim Schulessen. Die | |
Linksfraktion hatte per Dringlichkeitsantrag den Senat verpflichten wollen, | |
für verlässliches Schulessen zu sorgen. Im selbem Antrag drängte die | |
Fraktion darauf, weder vom beitragsfreien Schulessen abzurücken noch die | |
Beitragsfreiheit beim Kitabesuch infrage zu stellen. Lasić stellte das | |
Schulessen als „essenziellen Beitrag“ des Ganztagsunterrichts dar. Aus | |
ihrer Sicht wären zudem bei einer Abkehr davon die Gewinne für den Haushalt | |
„extrem gering“. | |
Ihr seit Mai amtierender neuer Landesparteichef Martin Hikel hingegen hatte | |
sich im Frühjahr mehrfach kritisch gegenüber kompletter Beitrags- und | |
Gebührenfreiheit geäußert und angeregt, [2][jene bezahlen zu lassen, die | |
genug im Portemonnaie haben]. Im SPD-Landesvorstand hat er sich mit dieser | |
Sicht bisher nicht durchsetzen können. Auf CDU-Seite sprach Regierungschef | |
Kai Wegner in diesem Zusammenhang im August von „ein paar sozialen | |
Geschenken im Bildungsbereich“. | |
Im Streit über die Verantwortung dafür, dass der Essenslieferant 40 Seconds | |
im Sommer übernommenen neuen Verpflichtungen nicht nachkommt, übernahm | |
SPD-Politikerin Lasić teils die Haltung der Opposition. Die hatte dazu | |
heftig Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) attackiert. „Die | |
Schuld bei der Bildungsverwaltung abzuladen, hat vielleicht ein Körnchen | |
Wahrheit“, sagte die SPD-Abgeordnete. | |
## Grüne: Senatorin müsste sich entschuldigen | |
Günther-Wünsch wies solche Vorwürfe zurück. Sie sah sich, ihre Verwaltung | |
und die Bezirke an geltendes Schul- und Vergaberecht gebunden, das den | |
gewünschten schnellen und einfachen Lösungen im Wege stehen würde. „Das | |
sind Zustände, die können Sie draußen Lehrern und Eltern nicht erklären. | |
Aber das ist die Rechtsgrundlage“, sagte die Senatorin. | |
Grünen-Politikerin Silke Gebel sah das anders – aus ihrer Sicht hatte | |
Günther-Wünschs Verwaltung einen „Realitätscheck“ für eine | |
Musterausschreibung zur neuen Essensversorgung versäumt. „Wir hätten | |
erwartet, dass Sie die Größe hätten, sich bei den Kindern zu | |
entschuldigen“, sagte Gebel. Die Senatorin hingegen verwies darauf, dass es | |
bei der Festlegung von Kriterien und Verfahren keine Kritik an möglichen | |
Schwachstellen gegeben habe. „Entweder waren wir alle blind oder es war | |
keiner“, sagte Günther-Wünsch. | |
Ihre Fraktion stärkte ihr den Rücken. Richtung Linksfraktion und deren | |
Dringlichkeitsantrag sagte der CDU-Abgeordnete Lars Bocian: „Sie wollen der | |
Senatorin einen Stolperdraht spannen, weil sie so erfolgreich ist.“ Er ließ | |
durchblicken, dass ihn die gegenwärtigen ökologisch-regionalen Vorgaben für | |
das Schulessen, bei dem viele Portionen im Müll landen würden, nicht | |
gänzlich überzeugen: „Wir müssen vielleicht auch mal wieder italienische | |
Spaghetti mit Tomatensauce wagen.“ | |
Wie oder ob die widersprüchlichen Haltungen von CDU und SPD zusammen | |
finden, soll sich offiziell bis Ende September zeigen. Dann will die | |
Koalition ihren [3][Milliarden-Einsparplan] fertig haben. Senatssprecherin | |
Christine Richter hat diesen Termin allerdings schon am Dienstag nach der | |
Sitzung der Landesregierung relativiert: Sie schließe nicht aus, „dass es | |
auch etwas länger dauern kann“. | |
12 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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