# taz.de -- Grenzkontrollen in der Ukraine: Alle unter einem Dach | |
> Am ukrainischen Checkpoint Reni fertigen ukrainische und moldauische | |
> Grenzbeamt*innen Reisende gemeinsam ab. Die Wartezeiten sind | |
> erheblich kürzer. | |
Bild: Der ukrainische Grenzkontrollpunkt Reni | |
Reni taz | An dem ukrainischen Grenzkontrollpunkt Reni im Dreiländereck | |
Ukraine, Republik Moldau und Rumänien ist es an diesem Septembertag um die | |
Mittagszeit eher ruhig. Gerade stoppt ein weißer Minibus an der Schranke, | |
auf einem Schild oben hinter der Frontscheibe steht: Odessa – Bukarest. Der | |
Fahrer steigt aus und betritt ein Gebäude. Dieses ist frisch gestrichen – | |
in Ockergelb. | |
Auch die Fenster und Türen mit weißen Rahmen sind neu. An der Seitenfront | |
hängt ein gelbes Schild mit einer Aufschrift in blauen kyrillischen | |
Lettern: Ukraine – Grenzkontrollpunkt Reni. Unweit des Gebäudes steht eine | |
Gruppe von Männern und Frauen. Alle tragen Basecaps mit den Flaggen der EU, | |
der Ukraine und der Republik Moldau. Der Schriftzug auf ihren dunkelblauen | |
Polohemden weist sie als Mitglieder der Mission Eubamaus. | |
Ein ukrainischer Grenzbeamter begrüßt eine Gruppe deutscher und | |
österreichischer Journalist*innen, die sich auf Einladung der EU-Kommission | |
ein Bild von der Lage vor Ort machen. Es gebe positive Neuigkeiten zu | |
vermelden, sagt er. Nach dem Abschluss umfänglicher Renovierungsarbeiten | |
und eines Ausbaus der Infrastruktur seien die Kontrollen ab Mai 2024 | |
effizienter geworden. Diese fänden jetzt in Reni gemeinsam mit den | |
moldauischen Kolleg*innen vom Checkpoint Giurgiulești statt. | |
Die Abwicklung gehe viermal schneller vonstatten, wodurch die Wartezeiten | |
erheblich kürzer geworden seien. Täglich würden hier 4.000 Personen, 150 | |
Lastwagen sowie 50 Busse abgefertigt. Wer in geschäftlichen Angelegenheiten | |
unterwegs sei, könne sich vorab elektronisch registrieren lassen und bekäme | |
einen Time-Slot zugewiesen. | |
## Andere Bilder, veränderte Arbeitsaufgaben | |
Slavomir Pichor hat da noch ganz andere Bilder vor Augen. Der Pole leitet | |
aktuell die Eubam-Mission. „Die Arbeit der Mission hat sich seit dem Beginn | |
von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine komplett geändert. Von | |
Partnern, um den Kolleg*innen bei der Arbeit an der Grenze zu helfen, | |
wurden wir ein Team zur Unterstützung in Notfallsituationen“, sagt er und | |
lässt noch einmal die wichtigsten Ereignisse Revue passieren. | |
Tausende Ukrainer*innen strandeten an der Grenze. Sie suchten in der | |
Republik Moldau Zuflucht vor den russischen Angriffen. Diese Zahlen sanken | |
nach einigen Monaten wieder, doch kurz darauf sah sich auch Eubam mit neuen | |
Herausforderungen konfrontiert. | |
[1][Nach der Blockade des Hafens von Odessa 2022] und der Nichtverlängerung | |
des Getreideabkommens zwischen Moskau und Kyjiw im Sommer vergangenen | |
Jahres, griffen russischen Truppen 2023 mehrfach Häfen an der Donau an – | |
darunter auch den Hafen von Reni. | |
Also mussten weitere Alternativrouten vor allem für ukrainische | |
Getreideexporte sowie Importe lebenswichtiger Güter her. Einen | |
entsprechenden Aktionsplan, sogenannte Solidaritätskorridore, hatte die | |
EU-Kommission im Mai 2022 aufgelegt. | |
## Zwei Wochen Wartezeit | |
Dennoch konnten die Verantwortlichen in Reni dem riesigen Verkehrsaufkommen | |
nicht Herr werden. Das galt besonders für Lastwagen aus der Ukraine, deren | |
Ziel der rumänische Schwarzmeerhafen in Constanța war. Denn diese mussten | |
auf ihrem Weg zwischen sechs und acht Kontrollen über sich ergehen lassen. | |
„Wartezeiten von bis zu zwei Wochen für Lkw-Fahrer in Reni waren keine | |
Seltenheit“, erinnert sich Slavomir Pichor. Es habe nicht einmal annähernd | |
genug Toiletten und andere sanitäre Anlagen gegeben. Im September 2023 | |
wurde in Brüssel der Beschluss gefasst, den Grenzkontrollpunkt Reni besser | |
auszurüsten. Dazu musste auch Rumänien buchstäblich mit ins Boot geholt | |
werden. Neue Kooperationsplattformen wurden gegründet, die die | |
Zusammenarbeit erleichtern sollen. | |
In Reni scheinen die Bemühungen bereits erste Ergebnisse zu zeitigen. Die | |
Situation sei beherrschbar, sagt Pichor. Doch gehe es jetzt darum, auch am | |
Grenzübergang zwischen der Republik Moldau und Rumänien (Galați) zu einem | |
gemeinsamen Management zu kommen – nach dem Motto „Arbeit unter einem | |
Dach“. Dazu bedarf es im Sinne einer Harmonisierung weiterer Investitionen | |
in Technologie und Infrastruktur. Unter anderem auch dafür stellt die EU | |
bis zu weitere elf Millionen Euro zur Verfügung. | |
Doch der Teufel steckt im Detail. So ist ein ukrainischer Pass einer Person | |
beim Export von Waren nicht das Hauptproblem. Ganz anders verhält es sich | |
jedoch bei Zollerklärungen. Bei einem Transport von Waren von Kyjiw nach | |
Lissabon braucht es nur eine einzige Zollerklärung. Um eine Ladung durch | |
die Republik Moldau nach Rumänien zu bringen, sind drei notwendig. | |
## Nachfragen unerwünscht | |
Anders als Moldau gehört die Ukraine zu dem computergestützten | |
EU-Zollsystem NCTS (New Computerized Transit System). „Die Republik Moldau | |
testet dieses System seit Juli, aber das braucht Zeit. Normalerweise dauert | |
das ein Jahr“, sagt Pichor. | |
Abschließend geht noch eine Frage an den ukrainischen Grenzbeamten. Ob es | |
häufig vorkomme, das ukrainische Männer im wehrfähigen Alter die Grenze in | |
Reni passieren wollten? Der junge Mann wird schmallippig. Diese Fälle gebe | |
es, wie viele wisse er nicht genau. Diese Personen würden zurückgewiesen. | |
Ob der versuchte Grenzübertritt ein juristisches Nachspiel für sie habe, | |
beantwortet er mit einem knappen Ja. Weitere Nachfragen sind unerwünscht. | |
Von dem Fahrer des weißen Minibusses, der noch Hunderte Kilometer bis | |
Bukarest vor sich hat, ist schon längst nichts mehr zu sehen. | |
Dieser Text entstand im Rahmen einer von der EU-Kommission finanzierten | |
Pressereise | |
26 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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