Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nazi-Angriffe in Mecklenburg-Vorpommern: Beim Pöbeln bleibt es nic…
> In Mecklenburg-Vorpommern ist die Zahl rechter Angriffe stark
> angestiegen. In Wismar konnte der Christopher Street Day nur mit
> Polizeischutz stattfinden.
Bild: Ließen sich nur durch die Polizei zurückhalten: Rechtsextreme beim CSD …
Hamburg taz | Ein Unbekannter beleidigt einen Mann in der Innenstadt von
Schwerin rassistisch. Er droht, mit seinem Teleskopschlagstock auf ihn
einzuschlagen. Der Betroffene hat Glück: Passant*innen greifen ein und
hindern den Unbekannten daran, den Mann zu verletzten.
Diese Situation ist nur eine von Dutzenden, zu denen es im ersten Halbjahr
2024 in Mecklenburg-Vorpommern gekommen ist; die Zahl von Fällen rechter
Gewalt ist massiv angestiegen: Die Beratungsstelle für Betroffene rechter
Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern (Lobbi) registrierte in den ersten sechs
Monaten des Jahres insgesamt 89 rechte Angriffe. „126 Menschen waren von
der Gewalt betroffen“, sagt Robert Schiedewitz von Lobbi. Die Angriffszahl
bewege sich jetzt schon zum Halbjahr etwa in der Höhe des jährlichen
Durchschnitts der vergangenen zehn Jahre.
Dabei vermutet Schiedewitz, dass die tatsächlichen Zahlen deutlich höher
sind, viele Betroffene aber solche Vorfälle nicht melden möchten – sie
befürchten eine schlechte Behandlung seitens der Polizei, auch die Angst
vor weiteren Anfeindungen sei ein Motiv.
Hingegen sorgten öffentlich bekanntgewordene Fälle für bundesweite
Aufmerksamkeit, so etwa ein [1][Angriff auf eine ghanaische Familie in
Grevesmühlen]. Eine Gruppe von Jugendlichen ging erst die achtjährige
Tochter an. Als sie mit ihrem Roller an einem der Jugendlichen vorbeifahren
wollte, soll er ihr mit einem ausgestreckten Bein den Weg versperrt und sie
mit seiner Fußspitze getroffen haben. Die Jugendlichen sollen dann die
Familie verbal und körperlich angegangen sein, sie rassistisch beleidigt
haben.
## Rassismus ist das maßgebliche Tatmotiv
Rassistische Einstellungen waren in der Vielzahl der Fälle das maßgebliche
Tatmotiv, 52 Angriffe erfolgte aus dieser Haltung heraus. Doch auffällig
sei auch die wachsende Zahl von Angriffen auf politische Gegner*innen. 22
Angriffe zählte Lobbi im ersten Halbjahr, im vergangenen Jahr waren es
insgesamt 16 Gewalttaten. Besonders während des Europawahl- und
[2][Kommunalwahlkampfs im Frühling] kam es zu Bedrohungen von
SPD-Wahlhelfer*innen und Kandidat*innen der Linken.
Diese gestiegene Gewalt kommt für die Beratungsstelle nicht überraschend.
„Wir gehen davon aus, dass die aggressive Stimmung der extremen Rechten im
Wahlkampf zu dieser alarmierenden Verschärfung beigetragen hat“, sagt
Schiedewitz. Vor allem AfD-Anhänger*innen seien es, so Schiedewitz, die
Umfragen zufolge [3][Gewalt gegen Geflüchtete] und gegen
Politiker*innen anderer Parteien als Mittel zur Beeinflussung
politischer Prozesse befürworteten.
Betroffen von rechter Gewalt war auch in übergroßen Maß die queere
Community. In Wismar konnte der Christopher-Street-Day nur unter
Polizeischutz stattfinden, weil Rechtsextreme gegen diese Veranstaltung
mobilisierten. Mehrfach wurden in den vergangenen Monaten Menschen
angegriffen, die Regenbogen-Fahnen bei sich trugen.
Und das setzt sich offenbar fort: Vor zwei Wochen erst wurde in Rostock auf
die queere Bar „B Sieben“ ein Brandanschlag verübt. „Die Zahl der
Gewaltverbrechen gegen queere Menschen steigt besorgniserregend“, sagt auch
der queerpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Hannes Damm. „Wie lange
noch, bis wir nicht nur von Hassreden, Aufklebern und Brandstiftungen,
sondern von Verletzten und Toten sprechen?“
Nicht nur die hohe Zahl der Vorfälle besorgt Lobbi, auch die wachsende
Gewaltbereitschaft: 40 Fälle von Körperverletzung zählte sie, 17 von
gefährlicher Körperverletzung und eine versuchte Tötung.
Dass auf Bundesebene „zunehmend auf Kosten von Migranten*innen“ die
politischen Auseinandersetzungen geführt werden, verstärke die Stimmung.
Die rassistischen Forderungen setzten Täter*innen in Gewalt um, sagt
Schiedewitz und führt einen Vorfall in Loitz an. In dem Ort nötigte ein
Fußgänger einen Mann aus Afghanistan, sein Auto anzuhalten. Der Betroffene
wurde von einem weiteren Unbekannten rassistisch angepöbelt. Als er es
schaffte zu flüchten, wurde er verfolgt, ausgebremst und verletzt. Drei
Personen schlugen dann mit Gegenständen auf sein Auto ein, berichtet
Schiedewitz.
30 Sep 2024
## LINKS
[1] /Rassistischer-Angriff-in-Grevesmuehlen/!6018351
[2] /Hass-auf-Gruenen-Politikerinnen/!5997419
[3] /Brandanschlag-in-Mecklenburg-Vorpommern/!5889841
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Rechte Gewalt
Mecklenburg-Vorpommern
Nazis
Rechtsruck
Rechtsextremismus
Social-Auswahl
Schwerpunkt Rassismus
Kolumne Der rechte Rand
Hitlergruß
GNS
Rechte Gewalt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Messerattacke auf Algerier: Rassistischer Angriff in Schwerin vor Gericht
In Schwerin startet der Prozess gegen einen Mann, der einen Algerier
attackiert hatte. Die Opferberatung Lobbi spricht von einem rassistischem
Motiv.
Zunahme rechtsextremer Gewalt in Hamburg: „Eine alarmierende Bilanz“
2023 gab es in Hamburg 32 Prozent mehr Fälle rechter Gewalt als 2022. Die
Beratungsstelle Empower sieht die Erfolge rechter Parteien als einen Grund.
Rassistischer Vorfall in Grevesmühlen: Vier Jugendliche unter Verdacht
Neues zum mutmaßlich rassistischen Angriff in Grevesmühlen: Vier
Jugendliche aus der Region werden der Körperverletzung und Beleidigung
verdächtigt.
Neonazi-Strukturen um Grevesmühlen: Die Glatzen waren nie weg
Der rassistische Angriff Jugendlicher auf eine Familie aus Ghana geschah
nicht im luftleeren Raum. Die rechtsextreme Szene ist hier seit Jahren
aktiv.
Rechte Gewalt in Ostdeutschland: „Die Angst wächst“
Verbände für Opfer rechter Gewalt zählen für das Jahr 2019 über 1.000
Angriffe. Mit der Rechtsterrorwelle und der Corona-Pandemie drohe neuer
Hass.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.