# taz.de -- Wegen Betrugs in China: Behörde verweigert CO2-Zertifikate | |
> Bei acht Klimaschutz-Projekten in China hat das Umweltbundesamt | |
> „Unregelmäßigkeiten“ nachgewiesen. Auch deutsche Konzerne sollen | |
> involviert sein. | |
Bild: Das Umweltbundesamt bei acht von 69 Projekten „Unregelmäßigkeiten“ … | |
Berlin/Dessau-Roßlau dpa | In der Affäre um [1][mutmaßliche Betrugsfälle in | |
China] hat das Umweltbundesamt deutschen Konzernen die Ausstellung von | |
Klima-Zertifikaten verweigert. Es gehe dabei um acht Klimaschutz-Projekte | |
in China, bei denen Unregelmäßigkeiten nachgewiesen worden seien, erklärte | |
die Behörde am Freitag. Die acht verweigerten Zertifikate entsprächen einer | |
Einsparung von 215.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid, die sich die Konzerne | |
ursprünglich auf ihre Klimabilanz anrechnen lassen wollten. | |
Hintergrund der Maßnahmen, die das Umweltbundesamt (UBA) ergreift, ist ein | |
im Juni bekannt gewordenes Betrugsgeflecht, in das deutsche | |
Mineralölkonzerne involviert sein sollen. Genauere Angaben zu den | |
Unternehmen könne das UBA aus juristischen Gründen nicht machen, sagte ein | |
Sprecher der dpa. | |
Bei sieben der acht Projekte sind nach Angaben des Amts die Anträge auf | |
Freischaltung von Zertifikaten zurückgezogen worden, weil es „gravierende | |
rechtliche und technische Ungereimtheiten“ gegeben habe. Ein weiteres | |
Projekt erhalte kein Zertifikat, da es entgegen der Regeln „vorzeitig | |
begonnen“ worden sei. | |
Neben eigenen Ermittlungen und den [2][Ermittlungen der Berliner | |
Staatsanwaltschaft] habe die Behörde auch eine internationale | |
Anwaltskanzlei eingeschaltet, um die mutmaßlichen Betrugsfälle aufzuklären. | |
Diese sei auch in China vor Ort aktiv, erklärte das UBA weiter. Im nächsten | |
Schritt würden 13 weitere Projekte unter die Lupe genommen. | |
Insgesamt stehen nach UBA-Angaben 40 von 69 China-Projekten unter | |
Betrugsverdacht. Weitere Projekte wird es vorerst nicht geben: | |
Bundesumweltministerin [3][Lemke hatte angesichts der Verdachtsfälle alle | |
Neuanträge mit Wirkung zum 1. Juli stoppen lassen.] | |
## Konzerne lassen sich falsche Klima-Bilanz anrechnen | |
Den bisherigen Erkenntnissen zufolge ließen sich die Konzerne im Rahmen | |
dubioser Klima-Projekte in China wohl Beiträge auf ihre CO2-Bilanzen | |
anrechnen, ohne dass es bei diesen Projekten zur tatsächlichen Reduktion | |
von Treibhausgasen gekommen wäre. Teilweise hätten die Projekte gar nicht | |
existiert, teilweise habe die angegebene CO2-Reduktion nicht mit der realen | |
Einsparung übereingestimmt, hieß es. | |
Ermöglicht wurde der Betrug durch einen Mechanismus, der es | |
Mineralöl-Konzernen in Deutschland erlaubt, mithilfe von | |
Klimaschutzprojekten in China gesetzlich vorgegebene Klimaziele zu | |
erreichen. Sie können also Projekte, bei denen im Öl-Sektor Emissionen | |
reduziert werden, finanzieren, und bekommen sie bei Anerkennung | |
entsprechender Zertifikate für ihre Klimabilanz in Deutschland | |
gutgeschrieben. | |
Diese „Upstream Emission Reduction“-Projekte (UER) werden dann auf die | |
sogenannte Treibhausgasminderungsquote im Verkehr angerechnet. Die Konzerne | |
sparen auch Geld, indem sie die Quote einhalten. | |
## Hürden bei Aufklärung in China | |
Zuständig für die finale Freischaltung der Zertifikate ist das | |
Umweltbundesamt. Die Behörde betonte erneut, dass es oft kaum möglich sei, | |
aus der Ferne und auf Basis von Satellitenbildern oder eingereichter | |
Berichte Missbrauch aufzuklären und nachzuweisen. Auch deshalb sei die | |
internationale Anwaltskanzlei eingeschaltet worden. | |
Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte vor einigen Wochen von | |
„schwerer Umweltkriminalität“ gesprochen und umfassende Aufklärung | |
zugesagt. Das UBA suspendierte kurze Zeit später einen seiner für den | |
Bereich zuständigen Mitarbeiter. | |
Mitte Juli kam es im Auftrag der Berliner Staatsanwaltschaft in Bayern und | |
Nordrhein-Westfalen zu Durchsuchungen bei Unternehmen, die auf die | |
Erstellung von Umweltgutachten spezialisiert sind – unter anderem zu den | |
umstrittenen Zertifikaten. Ermittelt werde gegen 17 Personen wegen des | |
Verdachts des gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges, hieß es. | |
6 Sep 2024 | |
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