Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kritik am Umweltbundesamt: Waldlobby attackiert Öko-Behörde
> Erst ging es um Emissionen von Holzheizungen, nun um vermeintliche
> Interessenkonflikte. Wie Kritiker den CO2-Rechner des Umweltbundesamts
> angreifen.
Bild: Gibt schöne Wärme, aber leider auch viel klimaschädliches Co2 ab: bren…
Berlin taz | Zu einem politischen Herbstfeuer entwickelt sich gerade ein
wissenschaftlicher Dissens. Ausgehend von YouTube-Videos hat die
Bundestagsfraktion der Union eine Anfrage an die Bundesregierung
eingereicht. Die Kritiker greifen das Umweltbundesamt und einen seiner
Mitarbeiter an.
Inhaltlich geht es um den Kohlendioxid-Rechner des Umweltbundesamtes, einer
nachgeordneten Behörde des von den Grünen geführten
Bundesumweltministeriums. Im [1][CO₂-Rechner können Bürger:innen]
freiwillig unter anderem eingeben, wie sie wohnen, mobil sind, sich
ernähren, und erfahren dann, wie viel klimaschädliches Kohlendioxid sie
verursachen. Irgendwelche Verpflichtungen erwachsen daraus nicht.
Im vergangenen März hat das UBA eine kleine Veränderung der Berechnung des
CO₂-Fußabdrucks der Privathaushalte vorgenommen. Die
Kohlendioxid-Emissionen von [2][Gebäudeheizungen, die Holz verbrennen,]
werden seitdem ausgewiesen. Vorher war das nicht der Fall. So muss man sich
nun damit auseinandersetzen, dass 1 Tonne Buchenscheite oder Holzpellets
etwa 1,7 Tonnen klimaschädliches CO₂verursacht.
Dafür wird das UBA von einigen Wissenschaftlern kritisiert. Ihr
grundsätzliches Argument: Das Verbrennen von Holz sei klimaneutral, weil
nur so viel CO₂ frei werde, wie der Baum während seines Wachstums gebunden
habe. Darauf antwortet das UBA unter anderem: Wenn man das Holz nicht
verbrenne, sondern damit beispielsweise Häuser baue, fielen die Emissionen
geringer aus – das CO₂ bleibe länger gebunden. Der Ausweis des
CO₂-Ausstoßes beim Verbrennen sei also nützlich, um verschiedene Nutzungen
des „wertvollen Rohstoffs Holz“ gegeneinander abzuwägen.
## Rechte greifen Kritik auf
Diese Fachdebatte hat inzwischen hochgedreht und dabei an Schärfe
zugenommen. Stark beteiligt ist Andreas Schulte, ein emeritierter Professor
für Forstökologie. In Videos auf der Internetseite YouTube zieht er gegen
„staatlich verordnete Ideologie“ und „pandemischen Alarmismus“ zu Felde…
„warnt vor dem CO₂-Rechner des UBA“. Die Behörde solle sich „mehr Mühe
geben, wenn sie die Öffentlichkeit verarschen“ wolle. Schulte firmiert als
geschäftsführender Gesellschafter der Silvavest GmbH, einem
Beratungsunternehmen für Investitionen in Wald.
Seine Anregungen wurden unter anderem aufgenommen von der rechtslastigen
Internetseite „Achse des Guten“, der AfD und der Union. Mittlerweile hat
sich das Thema stark ausgeweitet. CDU und CSU zielen jetzt auf
„Interessenkonflikte“ und den Verdacht persönlicher Bereicherung im Umkreis
des CO₂-Rechners.
Denn das Umweltbundesamt hat nach eigenen Angaben eine private Firma, die
gemeinnützige GmbH KlimAktiv „mit dem Betrieb des UBA-CO2-Rechners
beauftragt“. Gegen Bezahlung durch das UBA läuft eine kleinere Variante des
Programms auf dem Server von KlimAktiv. In einer weiteren Kooperation mit
dem gemeinnützigen Verein „3 fürs Klima“ wird dort zusätzlich eine grö�…
Variante des Rechners angeboten, die langfristige Verhaltensänderungen von
Privathaushalten abbilden soll. Michael Bilharz, Vorstandssprecher von „3
fürs Klima“, ist gleichzeitig beim Umweltbundesamt beschäftigt. Die Behörde
schreibt: „Seit 2008 arbeitet er zu Fragen eines nachhaltigen Konsums. Er
betreut als wissenschaftlicher Referent unter anderem den UBA-CO2-Rechner.“
## Kein Geld für Kooperation
Diese Personalunion hat viele Fragen ausgelöst. Bilharz antwortet unter
anderem so: „Als zuständiger Mitarbeiter“ des UBA „bin ich in
Vergabeprozesse zum CO₂-Rechner involviert, ohne allerdings
Entscheidungsbefugnis zu besitzen.“ Das Amt erklärt, der Verein werde für
die Kooperation nicht bezahlt. Er erledige seine Arbeit für den Verein
ehrenamtlich, fügt Bilharz hinzu.
Außerdem thematisiert die Union die Spenden, die der Verein erhält. Dieser
sammelt auch Geld, um Klimaschutzprojekte zu fördern. Dient der im
CO₂-Rechner ermittelte Fußabdruck also dazu, den Nutzer:innen ein
schlechtes Gewissen zu machen und das Spendenaufkommen hochzutreiben? Das
will die Opposition wissen. Bilharz dazu: 2023 habe man im Zusammenhang mit
dem Rechner 250 Euro an Spenden eingenommen – 1 Prozent des gesamten
Spendenaufkommens, das im Wesentlichen die Mitglieder selbst generierten.
„Es liegt kein Interessenkonflikt vor“, fasst das Umweltamt zusammen, und
die Kooperation mit „3 fürs Klima“ sei „sinnvoll“. Trotzdem haben die
Angriffe Wirkung erzielt. Das UBA hat die Verlinkung von seiner Seite zum
Verein inzwischen gelöscht.
2 Oct 2024
## LINKS
[1] https://uba.co2-rechner.de/de_DE/
[2] /Debatte-um-Holzheizungen/!6033419
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Umweltbundesamt
Holz
Klima
Schwerpunkt Klimawandel
Social-Auswahl
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Energiewende
## ARTIKEL ZUM THEMA
Betrug beim Klimaschutz: Verbrenner schädlicher als gedacht
Das Umweltbundesamt will den Mineralölkonzernen Zertifikate für die
Minderung von Treibhausgasen aberkennen. Es geht um Millionen Tonnen von
CO2.
Wegen Betrugs in China: Behörde verweigert CO2-Zertifikate
Bei acht Klimaschutz-Projekten in China hat das Umweltbundesamt
„Unregelmäßigkeiten“ nachgewiesen. Auch deutsche Konzerne sollen involvie…
sein.
Debatte um Holzheizungen: Klimaneutral mit Fragezeichen
Holzheizungen sind weniger öko, als viele annehmen. Die Bundesregierung
hält trotzdem an der Förderung als klimaneutrale Wärmequelle fest.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.