| # taz.de -- Verharmlosung auf Facebook: Polizist witzelt über den Holocaust | |
| > Früher war er für die AfD im Landtag: Ein Polizist aus Schleswig-Holstein | |
| > verbreitet Bilder, die den Holocaust verharmlosen. | |
| Bild: Spezieller „Humor“: Claus Schaffer, ehemaliger AfD-Grande in Schleswi… | |
| Berlin taz | Für Claus Schaffer ist der Holocaust offenbar eine | |
| Witzvorlage: [1][Der ehemalige AfD-Landtagsabgeordnete] und Polizist aus | |
| Schleswig-Holstein fand es wohl lustig, auf seiner Facebookseite ein Bild | |
| zu posten, das eine Antwort auf eine Betrüger-SMS zeigt. Darauf zu sehen: | |
| eine eingehende Nachricht mit dem Text: „Hallo Papa, das ist meine neue | |
| Telefonnummer. Kannst du mir bitte auf [2][WhatsApp] eine Test Nachricht | |
| schreiben?“ Darauf dann die Antwort: „Hallo, wir haben gerade am Wannsee | |
| eine Konferenz abgehalten und über Deine Zukunft gesprochen. Sei lieb | |
| gegrüßt, Dein Papa.“ Ein Screenshot des Beitrags liegt der taz vor. | |
| Schaffer kommentiert dazu in seinem Facebook-Post: „#Spassmuss“ und | |
| „#mademyday“. | |
| [3][Auf der Wannsee-Konferenz] hat das NS-Regime unter Adolf Hitler im Jahr | |
| 1942 den bereits begonnenen industriellen Massenmord der europäischen Juden | |
| im Detail organisiert. Anwesend waren fünfzehn hochrangige Vertreter der | |
| Nazi-Regierung und SS-Behörden. In einer Villa am Wannsee ging es um das | |
| Wie der Deportationen und der Vernichtung der europäischen Juden. Die | |
| deutsche Reichsregierung nannte das „die Endlösung der Judenfrage“. | |
| Warum für den ehemaligen AfD-Abgeordneten das Geheimtreffen zur Planung des | |
| größten Verbrechens der Menschheitsgeschichte eine Witzvorlage ist, | |
| beantwortete er auf taz-Anfrage nicht. Unklar ist, ob Schaffer selbst die | |
| Antwort in dem Screenshot geschrieben hat oder ob er das Bild | |
| weiterverbreitet hat. Likes gab es so oder so: 38 Freund*innen von | |
| Schaffer finden das witzig, 5 liken. Gepostet hat Schaffer das am | |
| vorvergangenen Donnerstag, zeitgleich zum AfD-Eklat im Thüringer-Landtag, | |
| bei dem die autoritär-nationalradikale Partei mit ihrem Alterspräsidenten | |
| [4][die antidemokratische Blockade probte]. | |
| Die AfD in Schleswig-Holstein ist bei der Landtagswahl 2022 [5][aus dem | |
| Kieler Parlament geflogen]. Schaffer ist also nicht wieder in den Landtag | |
| eingezogen. Das macht sein Facebook-Posting allerdings nicht weniger | |
| problematisch: Der 55-Jährige ist als Kriminalhauptkommissar im gehobenen | |
| Dienst der Landespolizei Schleswig-Holstein tätig und damit wie alle | |
| Polizist*innen auch auf das Grundgesetz vereidigt. Immer wieder werden | |
| problematische Polizeichats bekannt, die zu Disziplinarverfahren führen. | |
| Dieses Bild postete Claus Schaffer allerdings auf seiner privaten | |
| Facebookseite, einsehbar für Facebook-Freund*innen. | |
| Ins Gesamtbild passt, dass Schaffer auch öffentlich einsehbar auf seinem | |
| Facebookprofil über sich schreibt: „Politisch konservativ, im Herzen Cop. | |
| #thinblueline“: Die Thin Blue Line ist [6][ein politisch aufgeladenes | |
| Symbol], das anschlussfähig für extrem rechte Ideologie und autoritäre | |
| Erzählungen ist. Es soll die Polizei als „dünne blaue Linie“ symbolisiere… | |
| die als letzter Schutzschild zwischen den Bürger*innen und dem | |
| vermeintlichen gesellschaftlichen Chaos steht. | |
| Das Zeichen erfreut sich auch bei einigen deutschen Polizist*innen | |
| großer Beliebtheit, kommt aber ursprünglich aus den USA. Dort fand es vor | |
| allem in der Blue-Lives-Matter-Bewegung Anklang, die sich als Gegenbewegung | |
| zu den Black-Lives-Matter-Protesten gegründet hat. Die | |
| Thin-Blue-Line-Fahnen sind auch in amerikanischen Alt-Right-Kreisen beliebt | |
| und wurden von Trump-Anhängern [7][beim Sturm auf das Kapitol getragen], wo | |
| unter anderem auch ein Polizist getötet wurde. Anhänger, Patches und | |
| Aufnäher mit dieser Symbolik gibt es auch in deutschen Shops für | |
| Polizeibedarf. Optimistisch stimmt immerhin, dass Schaffer sich in einem | |
| weiteren Facebook-Post über eine zu linke Polizei beschwert. | |
| Inwieweit ist ein Polizeibeamter, der solche Witze macht, als | |
| Staatsbediensteter tragbar? Das Innenministerium Schleswig-Holstein | |
| antwortet, dass der beschriebene Sachverhalt den Verdacht einer Straftat | |
| sowie eines Dienstvergehens begründe. Eine Anzeige bei der | |
| Staatsanwaltschaft Lübeck sowie dienstrechtliche Maßnahmen würden geprüft. | |
| Ob Schaffer einer der acht Beamt*innen ist, gegen die wegen der | |
| [8][Verdachts auf rechtsextreme Gesinnung ermittelt] wird, könne die | |
| Behörde aufgrund von Persönlichkeitsrechten weder bestätigen noch | |
| falsifizieren. | |
| Das Ministerium betont, dass bei der Landespolizei Schleswig-Holstein eine | |
| hohe Sensibilität für die benannte Thematik bestehe. | |
| Polizeibeamt*innen verpflichteten sich mit dem Diensteid, für die | |
| freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten. „Die Landespolizei | |
| Schleswig-Holstein verfolgt hierbei eine Null-Toleranz-Linie“, heißt es. | |
| Derzeit lägen der Behörde aber noch keine ausreichenden Informationen vor, | |
| um eine abschließende Bewertung vorzunehmen. In welchem Bereich Schaffer | |
| innerhalb der Polizei eingesetzt ist, beantwortete das Ministerium nicht. | |
| Die AfD Schleswig-Holstein antwortete auf taz-Anfrage, dass Schaffer „seit | |
| geraumer Zeit kein Mitglied mehr“ sei. Der stellvertretende Vorsitzende | |
| Julian Flak schreibt, dass Schaffer keine Person des öffentlichen | |
| Interesses mehr sei und sich dieser daher in der Angelegenheit nicht äußern | |
| werde. Als ehemaliger Landtagsabgeordneter der autoritär-nationalradikalen | |
| AfD ist Schaffer aber natürlich eine Person der Zeitgeschichte, über einen | |
| Wikipedia-Eintrag verfügt er als öffentliche Person ebenfalls. Spätestens | |
| mit der Rückkehr in ein Beamtenverhältnis müsste für Schaffer auch wieder | |
| das Mäßigungsgebot für Beamt*innen greifen. | |
| Auf seiner aktuellen Facebookseite ist zumindest auf den der taz | |
| vorliegenden Screenshots von Mäßigung oder Distanz zur AfD wenig zu sehen: | |
| Sie zeigen hauptsächlich AfD-Inhalte. Ebenso ist er auf Facebook mit | |
| zahlreichen Bundestagsabgeordneten der Partei und sogar Mitgliedern aus dem | |
| Bundesvorstand befreundet. | |
| Wie seine Facebook-Aktivitäten im Einklang mit dem Mäßigungsgebot für | |
| Beamt*innen stehen sollen, bleibt fraglich. In einem weiteren Posting | |
| stellt Schaffer etwa die Unabhängigkeit des Thüringer Verfassungsgerichts | |
| und damit die Gewaltenteilung der Bundesrepublik infrage. Unter einer Liste | |
| der Thüringer Verfassungsrichter nebst der Information, welche Parteien die | |
| Richter vorgeschlagen haben oder welchen sie angehören, kommentiert er | |
| offenbar ironisch: „Unabhängigkeit der Justiz“. Die Liste kam ursprünglich | |
| von einem Telegram-Kanal aus der Querdenker-Szene. | |
| Darunter kotzt eine Facebook-Freundin mit Emoticons in die Kommentare. Ein | |
| anderer Freund beschimpft die Richter mit der Andeutung: „Systemhu…“. Ein | |
| weiterer vergleicht die Thüringer Verfassungsrichter unwidersprochen mit | |
| den Richtern des Volksgerichtshofs und spricht von „freislerischer | |
| Rechtsprechung“. Roland Freisler war ein berüchtigter NS-Jurist, der | |
| maßgeblich das NS-Unrecht mitformte und der ebenfalls bei der | |
| Wannsee-Konferenz vor Ort war sowie in die Organisation des Holocausts | |
| eingebunden war. | |
| Auch der ehemalige AfD-Fraktionsvorsitzende Schleswig-Holsteins, Jörg Nobis | |
| antwortet affirmativ: „Wenn sich aber Wahlverlierer zusammenschließen, um | |
| den Wahlgewinner zu verhindern, dann ist die Demokratie zumindest schwer | |
| beschädigt.“ Dann setzt er unter anderem das Hashtag „#Machtergreifung“. | |
| 6 Oct 2024 | |
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| [7] https://www.washingtonpost.com/local/capitol-police-officers-support/2021/0… | |
| [8] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Rechtsextremismus-Auch-Ermittl… | |
| ## AUTOREN | |
| Gareth Joswig | |
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