# taz.de -- US-Wahlkampf und Medien: Chaos und Comedy | |
> Im US-Wahlkampf geht es um sehr viel – auch um Entertainment. Und das | |
> wird von Jahr zu Jahr bedeutender. Und trivialer. | |
Bild: Taylor Swift kündigte mit einem Instagram-Post an, Kamala Harris zu unte… | |
Der US-Wahlkampf dauert quälend lang, es steht wirklich viel auf dem Spiel, | |
die Themen sind sehr ernst und die Ängste sehr groß. Vielleicht präsentiert | |
sich der Wahlkampf auch genau deshalb immer wieder auch als pures | |
Entertainment, als große Mischung zwischen Comedy-Show, Sitcom und | |
Rapper-Beef. | |
[1][■ „Childless Cat Lady“ Taylor Swift] gegen „I hate Taylor Swift“ … | |
Trump. | |
[2][■ Elon Musk], der Taylor Swift ein Kind machen will, um sie | |
ruhigzustellen. | |
[3][■ J.D. Vance], der sich dabei blamiert, Donuts auszusuchen. | |
[4][■ Tim Walz], der Trump und Vance „weird“ findet und seit letzter Woche | |
bei jeder Gelegenheit darauf hinweist, dass auch er eine Katze besitzt, | |
genau wie Taylor Swift. | |
■ Kamala Harris, deren Lachen auf dem Split Screen genauso viral geht wie | |
Donald Trumps „They’re eating the cats“. | |
[5][■ Joe Biden], der vergessen von der Welt noch ein paar Monate im Weißen | |
Haus hockt. | |
■ Dutzende von parteilichen Expert*innen in allen TV-Sendern und auf den | |
Meinungsseiten der Leitmedien, die als Lautsprecher und Spin-Doktor*innen | |
beider Seiten fungieren und die Talking Points vorgeben. | |
Und dazu Kohorten von Late-Night-Hosts, die Abend für Abend die | |
Absurditäten des Tages noch überspitzen, um ihr Publikum trotz aller | |
Verzweiflung zum Lachen zu bringen. Kein Wunder, dass es gar nicht mal | |
wenige US-Amerikaner*innen gibt, die ihre Informationen fast nur noch von | |
dieser letzten Gruppe beziehen. | |
Ja, Wahlkampf in den USA war immer schon personenbezogen. Das bringt das | |
Wahlsystem mit sich, nicht nur beim Kampf ums Weiße Haus, und so wurde und | |
wird in den USA schon immer viel mehr über die Persönlichkeiten und | |
Charaktere gesprochen, geschimpft, sich be- und entgeistert und gelacht als | |
hierzulande. Trotzdem bleibt der Eindruck, als ob es alle vier Jahre immer | |
noch ein bisschen dümmer würde und ein bisschen trivialer. | |
Preisfrage: Was hilft Kamala Harris mehr: die Unterstützung von Pop-Ikone | |
Taylor Swift oder jene von inzwischen rund 230 ehemaligen republikanischen | |
Regierungsmitarbeitern, die Trump als Riesengefahr ansehen? | |
An denen ist interessant: Sie sind quasi die einzigen, die in einer in | |
Lagern fest verschanzten politischen Öffentlichkeit und Gesellschaft noch | |
die Seiten wechseln und das sogar öffentlich machen. Dabei haben Trump und | |
seine MAGA-Republikaner*innen schon vor Jahren begonnen, ihre | |
Anhänger*innen gegen derlei Kritik zu immunisieren: Wer Widerworte gibt | |
und gar die „linksradikale“ Kamala Harris unterstützt, ist für sie ein | |
RINO, ein*e Republikaner*in nur dem Namen nach. | |
Derartige Immunität gegen Fremdeinflüsse oder Gegenargumente ist auch das | |
Hauptmerkmal der politischen Comedy, die fest in liberaler Hand ist. Einzig | |
Jon Stewart, der für diesen Wahlzyklus für ein paar Monate zur „Daily Show�… | |
zurückgekehrt ist, scherte vor Monaten aus dem allgemeinen Spin aus, als er | |
auf das massive Altersproblem des damaligen Kandidaten Joe Biden hinwies – | |
was ihm seinerzeit einen veritablen Shitstorm einbrachte. | |
In Wirklichkeit aber wird fast niemand die Meinung ändern, weil Taylor | |
Swift etwas sagt. Oder Elon Musk. Allerdings: Beide verbreiten | |
ideologiebildende Botschaften: Musk eine mysogyne, Swift eine | |
feministische. In der eigenen Community festigen sie damit den Standpunkt. | |
Genau wie Sean Hannity bei Fox News oder – ungleich intellektueller und | |
witziger – Stephen Colbert in der „Late Show“ auf CBS. Come together, | |
America? Nö, mit den Blöden da drüben bestimmt nicht. | |
Mit Regierungs-Verantwortung, um die eigentlich gekämpft wird, hat das | |
alles nicht viel zu tun. Mit Politikdarstellung im 21. Jahrhundert hingegen | |
alles. Wenn aber die Demokratie zum leidlich ehrlichen Austarieren | |
verschiedener Interessen nicht mehr in der Lage ist, dann wird sie | |
vulnerabel. Und das ist dann nicht mehr lustig. | |
17 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Wahlempfehlung-von-Taylor-Swift/!6036254 | |
[2] /X-Chef-Elon-Musk/!6028017 | |
[3] /Debatte-ueber-JD-Vance/!6023999 | |
[4] /Kamala-Harris-Running-Mate/!6026630 | |
[5] /Joe-Biden-ueber-seine-Entscheidung/!6025961 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
## TAGS | |
US-Wahl 2024 | |
Donald Trump | |
Kamala Harris | |
Taylor Swift | |
Katzen | |
Comedy | |
GNS | |
US-Wahl 2024 | |
wochentaz | |
Schwerpunkt Rassismus | |
US-Wahl 2024 | |
US-Wahl 2024 | |
US-Wahl 2024 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Interview-Offensive von Kamala Harris: Viele Auftritte, wenige Details | |
Lang ist Kamala Harris dafür kritisiert worden, sich im US-Wahlkampf nicht | |
den Fragen der Presse zu stellen. Diese Woche geht sie in die Offensive. | |
Wahlkampf in den USA: Ist weniger Klima manchmal mehr? | |
Kamala Harris und Donald Trump sprechen kaum über das Klima. Unsere | |
Kolumnistin fragt Aktivist:innen in den USA, ob das auch eine Chance | |
sein kann. | |
Satire-Song zum US-Wahlkampf: Bitte essen Sie nicht meine Katze! | |
Der südafrikanische Musiker David Scott alias „The Kiffness“ hat Trumps | |
Schwurbelei über verspeiste Haustiere vertont. Es ist ein Online-Hit. | |
Mutmaßliches Attentat auf Trump: Bedrohung auf dem Golfplatz | |
Wenige Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl vereitelt der Secret Service | |
offenbar ein weiteres Attentat auf Donald Trump. Verletzt wird niemand. | |
Kamala Harris' Programm: Jetzt kann sie auch noch Spagat! | |
Die demokratische Kandidatin hat in der ersten TV-Debatte gegen Trump | |
gewonnen, ihr Höhenflug geht erst mal weiter. Aber was hat sie eigentlich | |
vor? | |
Casey Spooner for President: Die Alternative | |
Hätte eine queere Person Chancen, US-Präsident zu werden? Beim | |
Kunstfestival „Hallen 05“ wiederholt Casey Spooner seine Bewerbung aus dem | |
Jahr 2020. |