# taz.de -- Reaktionen auf Asylrechtsverschärfungen: Die Zurückhaltung der Gr… | |
> Sie wandten sich vehement gegen Abschiebungen, nun sind die Grünen | |
> auffällig still. Scharfe Kritik kommt nur aus der Grünen Jugend. Und aus | |
> der SPD. | |
Bild: Die Grünen am Ende: Zustimmung für Abschiebungen nach Afghanistan (Arch… | |
Berlin taz | Ein Großteil der Grünen-Abgeordneten schweigt bisher zu den | |
[1][Verschärfungen in der Asylpolitik], die die Bundesregierung am | |
Donnerstag vorgestellt hat. Und an der [2][Abschiebung von verurteilten | |
Verbrechern nach Afghanistan], die am Freitagmorgen öffentlich wurde, üben | |
sie nur verhaltene Kritik. Das ist bemerkenswert, denn bis vor kurzem hatte | |
sich die Partei noch vehement dagegen gewandt, Geflüchtete in das von den | |
islamistischen Taliban beherrschte Land zurückzuzwingen. | |
Bundesinnenministerin [3][Nancy Faeser (SPD)] und [4][Marco Buschmann | |
(FDP)] hatten das Maßnahmenpaket am Donnerstag vorgestellt, mitverhandelt | |
hatte auch Grünen-Vizekanzler Robert Habeck. Es sieht mehr Kompetenzen für | |
Sicherheitsbehörden und deutliche Verschärfungen im Waffenrecht vor, vor | |
allem aber auch weitere Einschränkungen für Geflüchtete. | |
Sie sollen noch leichter abgeschoben werden können, wenn sie straffällig | |
werden. Das soll auch Jugendliche betreffen. Geflüchtete, für deren | |
Asylantrag nach dem Dublin-System andere EU-Staaten zuständig sind, sollen | |
Sozialleistungen gestrichen werden, sofern der Aufnahmestaat sie auch | |
tatsächlich zurücknehmen will. Auch das Ziel, wieder nach Syrien und | |
Afghanistan abzuschieben, hatte Faeser am Donnerstag bekräftigt. Kurz | |
darauf hob ein Abschiebeflieger mit 28 afghanischen Straftätern ab. | |
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Julian Pahlke sagte der taz mit Blick auf | |
die Abschiebung, „Schwerkriminelle können keinen Schutz erwarten.“ Es | |
stellten sich aber „rechtliche Fragen, ob die Abschiebung am Freitagmorgen | |
auf diese Weise hätte durchgeführt werden dürfen.“ Der Rechtsstaat zeichne | |
sich „dadurch aus, dass Täter überführt und vor Gericht gestellt werden und | |
ihre Strafe vollständig verbüßen“ | |
## Keine Hysterie, mehr Integration | |
Der grüne EU-Abgeordnete Erik Marquardt sagte der taz zum Abschiebeflug: | |
„Niemand will diese schweren Straftäter in Deutschland behalten.“ Es gebe | |
aber offene Fragen: Was hat Qatar dafür bekommen? Und was die Taliban? Bei | |
letzteren handele es sich schließlich um „internationale Topterroristen, | |
die unbedingt hoffähig werden wollen.“ | |
Man müsse „aufpassen, nicht aus der guten Absicht, gegen Islamismus | |
vorzugehen, die härtesten Islamisten der Welt zu stärken.“ Es müsse | |
außerdem unbedingt darauf geachtet werden, „dass nicht bald auch | |
unschuldige Personen abgeschoben werden, die vor den islamistischen Taliban | |
geflohen sind.“ | |
Das Maßnahmenpaket, das Faeser und Buschmann vorgestellt hatten, kritisiert | |
Marquardt nicht grundsätzlich. „Das Asylrecht und der Schutz von Menschen | |
in Not ist eine große Errungenschaft, auf die wir stolz sein sollten.“ Er | |
warnt aber: „Ich wünsche mir sehr, dass nicht hektisch irgendwas | |
beschlossen wird, sondern, dass im Gesetzgebungsverfahren sehr genau | |
überlegt wird, was wirklich sinnvoll ist.“ | |
Die öffentliche Debatte drohe derzeit „in Hysterie zu verfallen“. Zu | |
bedenken sei etwa, dass Schlechterstellung bestimmter Gruppen mitunter | |
Radikalisierungsprozesse begünstigen könne. Zudem sei mit der Reform des | |
Europäischen Asylsystems (GEAS) der Spielraum für nationale Vorstöße sehr | |
klein geworden. | |
Wirklich scharfe Kritik kam am Freitag nur von der Grünen Jugend. Katharina | |
Stolla, eine der zwei Bundessprecherinnen, sagte der taz: „Das Asylpaket | |
der Ampel ist die falsche Antwort auf die schreckliche Tat von Solingen.“ | |
Statt Islamismus effektiv zu bekämpfen, stellen die Pläne „ganze Gruppen | |
unter Generalverdacht.“ | |
Die Kürzungen bei Dublin-Fällen seien nicht nur unwürdig, sondern liefen | |
sogar Gefahr, dass die Betroffenen sich dadurch erst radikalisierten. Zu | |
der Abschiebung nach Afghanistan sagte Stolla, diese sei „durch nichts zu | |
rechtfertigen.“ Denn: „Straftäter gehören einem rechtsstaatlichen Verfahr… | |
zugeführt, Abschiebungen in den Tod dürfen nicht dazugehören.“ | |
## SPD fordert mehr Geld für Prävention | |
Härter als die Bewertungen in der Grünen-Fraktion war am Freitag auch die | |
Reaktion der migrationspolitischen Sprecherin der SPD im Bundestag, Rasha | |
Nasr. Zur Abschiebung nach Afghanistan sagte sie: „Wir tragen Verantwortung | |
und dürfen uns nicht mit Regimen gemein machen, die wir in der kommenden | |
Bundestagsdebatte wieder scharf kritisieren werden.“ | |
Am Maßnahmenpaket gegen Islamismus lobt sie die geplanten Verschärfungen | |
beim Waffenrecht, mahnt aber: „Verstärkte Kontrollen, weitreichendere | |
Kompetenzen der Polizeibehörden und der Einsatz von KI brauchen Augenmaß | |
und müssen rechtssicher erfolgen.“ | |
Nasr fordert von der Bundesregierung insbesondere mehr Geld für | |
Präventionsprojekte gegen Islamismus. Die Verschärfungen im Asylrecht seien | |
genau das falsche Signal: „Pauschaler Leistungsentzug und die Ausweitung | |
von Strafmaßnahmen gegen geflüchtete Jugendliche führen zu Ausgrenzung und | |
Spaltung.“ Sie warnt: „Zusammen mit den Versäumnissen bei der Integration | |
in Deutschland bilden sie den Nährboden für weitere Radikalisierung.“ | |
30 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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