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# taz.de -- Inflationszahlen für August: Preise steigen nur noch leicht
> Im August schwächt sich die Inflation in Deutschland deutlich ab. Sind
> die Preisschocks der vergangenen Jahre vorüber?
Bild: Die Leute haben wieder mehr Geld im Portemonnaie
Wiesbaden dpa | Die Verbraucherpreise in Deutschland sind im August so
langsam gestiegen wie seit mehr als drei Jahren nicht mehr. Die
Inflationsrate lag bei 1,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das
Statistische Bundesamt berichtet. Vor allem Energie war nach den
vorläufigen Auswertungen billiger als vor einem Jahr, während die Preise
für Dienstleistungen überdurchschnittlich gestiegen sind. Lebensmittel sind
nur noch um 1,5 Prozent teurer geworden.
Die Bundesregierung begrüßt die von vielen Ökonomen vorhergesagte
Entwicklung. „Die Leute haben wieder mehr Geld im Portemonnaie“, schreibt
Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Kurznachrichtendienst X. „Die Inflation
sinkt, die Reallöhne steigen das fünfte Quartal in Folge.“
Der Preisdruck auf die Verbraucher geht nach [1][mehreren Jahren mit sehr
hohen Inflationsraten] zurück. Noch im Juli hatten die Statistiker einen
Anstieg der Verbraucherpreise um 2,3 Prozent verzeichnet nach 2,2 Prozent
im Juni und 2,4 Prozent im Mai. Zuletzt wurde im März 2021 eine niedrigere
Teuerungsrate erfasst als im August, in dem die Preise auch 0,1 Prozent
niedriger waren als im Juli. Die Kerninflation ohne Energie und
Nahrungsmittel ging um 0,1 Punkte auf 2,8 Prozent zurück.
Die deutsche Schnellschätzung biete der Europäischen Zentralbank (EZB) alle
Voraussetzungen für eine weitere Zinssenkung im September, schreibt
Volkswirt Carsten Breszki von der Direktbank ING. Angesichts weiter zu
erwartender Lohnsteigerungen sei es aber noch zu früh, von einem
dauerhaften Trend zu sprechen. Die Inflation werde sich weiterhin in einer
Spanne zwischen zwei und drei Prozent bewegen, statt am unteren Rand dieser
Spanne zu verharren. An diesem Freitag veröffentlicht die Europäische
Statistikbehörde Eurostat zudem ihre Schätzung zur Inflation im Euroraum,
die etwas höher erwartet wird als in Deutschland.
## Senkt die EZB den Leitzins?
Sollte die Inflation im Jahresverlauf in Deutschland und im Euroraum
insgesamt sinken, gäbe das der Europäischen Zentralbank Spielraum für
Leitzinssenkungen. Sie hat im Juni erstmals seit der Inflationswelle die
Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Im Juli hielt die EZB die
Leitzinsen stabil und ließ die Tür [2][für eine Zinssenkung bei der
Ratssitzung am 12. September offen]. An den Finanzmärkten wird im September
mit einer Zinssenkung der EZB gerechnet.
Grundsätzlich sieht die EZB bei einer Inflationsrate von 2,0 Prozent
Preisstabilität gewahrt. Geringere Raten oder gar sinkende
Verbraucherpreise (Deflation) bergen die Gefahr, dass Unternehmen wie
Konsumenten ihre Investitionen und Anschaffungen verschieben, weil sie noch
niedrigere Preise erwarten. Das hätte negative Folgen für das
Wirtschaftswachstum.
Ökonomen hatten bereits zuvor mit einem Trend zu stabilen Preisen im Sommer
gerechnet. So erwartet das Münchner Ifo-Institut für die kommenden Monate
eine Inflationsrate unter zwei Prozent in Deutschland. Basis ist eine
ebenfalls am Donnerstag veröffentlichte Umfrage unter Unternehmen zu ihren
Preisplänen.
Die Inflation lastet bislang auf der Kauflaune der Verbraucher. Trotz
gestiegener Löhne halten viele Menschen ihr Geld weiter zusammen. Im
zweiten Quartal gab der private Konsum nach Angaben des Statistischen
Bundesamts um 0,2 Prozent zum Vorquartal nach. Zudem trübte sich im August
die Stimmung der Verbraucher ein, wie die Konsumklimastudie der Nürnberger
Institute GfK und NIM zeigt.
## Reallöhne steigen
Auf längere Sicht ist die Kaufkraft der Verbraucher während der
Inflationswelle gesunken. Doch Deutschlands Arbeitnehmer machen die
[3][Kaufkraftverluste aus den Hochinflationszeiten] zunehmend wett. Im
zweiten Quartal übertrafen die Steigerungen der Bruttolöhne das fünfte Mal
in Folge die Entwicklung der Verbraucherpreise. Die Reallohnsteigerung für
das zweite Quartal beziffert das Statistische Bundesamt auf 3,1 Prozent.
Angesichts der Gehaltszuwächse bleibt der private Konsum die wichtigste
Hoffnung für die deutsche Wirtschaft, die im zweiten Quartal um 0,1 Prozent
schrumpfte. Für die zweite Jahreshälfte erwarten Ökonomen nur wenig
Besserung. Die Deutsche Bundesbank erwartet für das laufende Jahr nur ein
Mini-Wachstum von 0,3 Prozent.
Die Hoffnung, dass die sinkende Inflationsrate jetzt den Konsum anfacht,
dürfte trügen, meint aber der Ökonom Friedrich Heinemann vom
Wirtschaftsinstitut ZEW in Mannheim. „Die Dienstleistungsinflation ist für
viele Menschen sehr stark sichtbar und verunsichert weiterhin. Die neuen
Zahlen signalisieren somit einen Zwischenerfolg, aber noch keinen
Durchbruch in Richtung Preisstabilität.“
Auch Volkswirt Sebastian Becker von Deutsche Bank Research sieht noch
Probleme, selbst wenn die Jahresteuerungsrate auch im September und Oktober
unterhalb der Zwei-Prozent-Marke verharren sollte. Sie dürfte spätestens
zum Jahresende hin wieder in Richtung von 2,5 Prozent klettern. „Dies
zeigt, dass der weitere Verlauf etwas holprig sein dürfte und das
Inflationsproblem noch nicht vollständig gelöst ist.“
29 Aug 2024
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