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# taz.de -- Demo für mehr Kita-Personal in Hamburg: Erzieher gehen auf dem Zah…
> Hamburgs Kitas haben einen hohen Krankenstand. Zudem wurde beim
> städtischen Träger Stunden gekürzt, weil die Tariferhöhung nicht
> finanziert ist.
Bild: Nun nicht zum ersten Mal sauer: Kita-Beschäftigte protestierten auch sch…
Hamburg taz | Dass die Situation in [1][Hamburgs Kitas angespannt] ist, war
schon im Juni bei einer [2][Anhörung im Rathaus] zu spüren. Es wollten so
viele Kita-Beschäftigte sprechen, dass der Saal wegen Überfüllung
geschlossen wurde und rund 100 Auskunftswillige von der Polizei
weggeschickt wurden.
Schon die ersten Rednerinnen führten der zuhörenden Sozialsenatorin das
Kernproblem vor Augen. Der Personalschlüssel von einer Fachkraft auf vier
Kinder in der Krippe und einer auf zehn Kinder im Elementarbereich gilt nur
auf dem Papier. „Wir arbeiten fast ständig mit 16 Kindern und zwei
Erziehern“, beschrieb eine Erzieherin ihren Alltag, wohlgemerkt mit Kindern
im Alter null bis drei.
Dass Hamburg hier ein Problem hat, zeigte auch kürzlich eine [3][Studie der
Bertelsmann-Stiftung]. Im Schnitt 33,2 Tage waren seine Kita-Beschäftigen
im Jahr 2023 krank, fast doppelt so oft wie in anderen Berufen. Und da sie
auch Urlaub haben, fehlen sie in den Kindergruppen 55 Tage im Jahr. Das ist
der höchste Wert bei den westdeutschen Ländern.
Das [4][Kita-Netzwerk], die Gewerkschaften V[5][er.di] und GEW und der
[6][Landeselternausschuss] rufen deshalb für den 19. September zum
Sternmarsch gegen die „Kitastrophe“ auf, die drohe, wenn nicht mehr
investiert wird. Das Motto: “‚Verheizt‘ nicht die Zukunft dieser Stadt“.
Besonders geärgert habe sie, dass Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) die
Kitas bei der Haushaltsdebatte nicht mal erwähnte. „So geht es nicht“,
heißt es in einem Aufruf der GEW-Betriebsgruppe der städtischen
Elbkinder-Kitas.
## Zu wenig Kita-Personal
Denn für die Elbkinder mit ihren 178 Kitas und für weitere Träger kommt
eine akute Erschwernis hinzu. Für das Jahr 2024 werden die Tariferhöhungen
noch nicht bei der Kita-Finanzierung berücksichtigt, die in Hamburg über
Gutscheine pro Kind erfolgt. [7][Wie berichtet], wies die
Elbkinder-Geschäftsführung bereits im Februar vorsorglich ihren Kitas nur
noch 95 Prozent der Erzieherstunden zu, um dies abzufedern, das sparte etwa
80 Stellen.
„Es kommt viel zusammen, was dazu führt, dass wir permanent zu wenig
Personal haben“, sagt Erzieher Tim Hansen von der GEW. Er rechnet vor: Wenn
zwei Kollegen eine Gruppe betreuen, sei der andere je drei Monate im Jahr
nicht da – sprich: Ein halbes Jahr ist nur eine Person in der Gruppe.
„Man wird als Erzieher so [8][seinen eigenen Ansprüchen] nicht gerecht“,
sagt der 31-Jährige. Das führe zu Frustration und psychischer Belastung.
Zum Beispiel müsse man für bis zu 13 Kinder Beobachtungsmappen mit Foto und
Berichten führen. „Das ist nicht zu schaffen“, sagt Hansen. Psychische
Krankheiten machen denn auch laut Bertelsmann fast ein Viertel der
Krankentage aus.
„Das sind alarmierende Zahlen“, sagt Kristin Alheit, Vorständin des
[9][Paritätischen Wohlfahrtsverbands Hamburg]. Nötig sei die „komplette
Finanzierung der tatsächlichen Arbeit“. Dazu gehörten Ausfallzeit sowie
Vor- und Nachbereitung. Die bisherigen Regelungen hätten sich überlebt und
müssten „dringend angepasst werden“.
Das Problem sei, sagt GEW-Sprecherin Sabine Lafrentz, dass die
Verhandlungen zwischen Sozialbehörde und Kita-Verbänden über die
Gutschein-Finanzierung diesmal erst spät im Frühjahr anfingen und noch
nicht zu Ende seien. Wie von den Kita-Verbänden zu hören ist, soll es daran
hapern, dass die Stadt kein Angebot vorlegt, das die Tariferhöhung
refinanziert.
## Hohe Krankenquote ist ein Problem
Die Sozialbehörde dagegen erklärt, sie geht davon aus, dass die
Verhandlungen noch diesen September abgeschlossen und die Tarifentwicklung
berücksichtigt wird. Zur Krankenquote sagt Sprecherin Anja Segert, beim
Kita-Personal sei die Ansteckungsgefahr aufgrund der intensiven Kontakte zu
Kindern und Eltern höher. Die Behörde sei sich der hohen Belastung bewusst
und nehme sie ernst.
Hamburg habe in den vergangenen zehn Jahren deutlich mehr Personal
aufgebaut als zusätzliche Kinder aufgenommen wurden. Auch sei eine
Fachkräftestrategie geplant, um die Situation zu verbessern. Doch um Mittel
für besagte Vor- und Nachbereitung zu gewinnen, seien Bundesgelder nötig.
Die Behörde verweist hier auf die geplante Fortsetzung des
Kita-Qualitätsgesetzes von 2023.
## Auch die Politik sieht Handlungsbedarf
Auch Fachpolitiker sehen Handlungsbedarf. Mehr Personal sei „der zentrale
Schlüssel“, um aus dem Dilemma der Überlastung durch Krankheit
auszubrechen, sagt die grüne Kita-Politikerin Britta Herrmann. Dafür müsse
der Einstieg in den Job erleichtert und der Beruf attraktiver werden. „Auch
Vor- und Nachbereitungszeiten sollten stärker berücksichtigt werden.“
Ihr Kollege Uwe Lohmann von der SPD verweist darauf, dass Hamburg seinen
Kita-Etat seit 2010 auf 1,2 Milliarden fast verdreifacht habe. Zu dem
Problem der Tariferhöhungen sagt er, diese sollten künftig schon im Vorfeld
mit berücksichtigt werden. Dem müssten die Kita-Verbände geschlossen
zustimmen.
„Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Lafrentz. „In allen
anderen Ländern ist es üblich, die Tariferhöhungen in den Haushalten gleich
zu berücksichtigen.“
15 Sep 2024
## LINKS
[1] /Paedagoge-zur-Hamburger-Jugendhilfe/!5947854
[2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/87830/protokoll_wortprotok…
[3] /Personalmangel-sorgt-fuer-Ausfaelle/!6028359
[4] https://www.instagram.com/kitanetzwerk_hamburg/?igsh=MWlwdTduNW92Y3FwNQ%3D%…
[5] /Verdi-Referent-ueber-Probleme-in-Kitas/!5888741
[6] https://www.lea-hamburg.de/56-aktuelles/aktuelles-lea/1923-wahlen-in-kita-u…
[7] /Nachteile-des-Hamburger-Gutscheinsystems/!5992437
[8] /Fachkraefte-Mangel-in-Hamburger-Kitas/!5912854
[9] https://www.paritaet-hamburg.de/service/presse/detail/paritaetischer-hambur…
## AUTOREN
Kaija Kutter
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