Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Homöopathie-Forschung an Uni Oldenburg: Bezahlt vom Hersteller
> Professor Meinhard Simon verpasst der Homöopathie seit Jahren einen
> wissenschaftlichen Anstrich. Finanziert wurde das letzte Projekt vom
> Hersteller Wala.
Bild: Hat kein Problem mit Meinhard Simons Arbeit: Die Carl von Ossietzky Unive…
Oldenburg taz | Der Titel des Forschungsprojekts an der Universität
Oldenburg ist unspektakulär: „Mikrobiologische Untersuchung des
Reifungsprozesses von Urtinkturen“. Der Geldgeber und das Wort „Urtinktur“
machen aber stutzig.
Das von 2016 bis 2023 laufende Projekt hat das Mikrobiom verschiedener
Arzneipflanzen untersucht, die zur Herstellung von „Urtinkturen“ verwendet
werden. Das sind die unverdünnten Ausgangsstoffe homöopathischer
Heilmittel. Finanziert und maßgeblich kontrolliert hat das Projekt das
Homöopathie-Unternehmen Wala.
Mit Wissenschaft hat Homöopathie wenig zu tun. Durch die extreme Verdünnung
ist in den Präparaten oft kein einziges Molekül des Wirkstoffs mehr
vorhanden. Es gibt keinen [1][Beleg für die Wirksamkeit der Homöopathie]
und immer wieder werden Fälle bekannt, in denen die Einnahme
homöopathischer Mittel anstelle wirksamer Medikamente zu
höchstwahrscheinlich vermeidbaren oder vorzeitigen Toden führt. [2][Laut
Deutschem Ärztetag] ist die Homöopathie in der Regel nicht mit rationaler
Medizin und ärztlicher Ethik vereinbar. Warum forscht eine staatliche
Universität dann an „Urtinkturen“?
Verantwortlich ist der Meeresbiologe Meinhard Simon, ehemaliger Dekan der
naturwissenschaftlichen Fakultät. Seit 2020 ist er Mitglied der Kommission
für gute wissenschaftliche Praxis der Universität und damit für die
Einhaltung wissenschaftlicher Standards verantwortlich. Davor war er zehn
Jahre lang Vorsitzender der Ethikkommission.
Auf Anfrage erklärt er, dass aktuelle Studien die Wirksamkeit der
Homöopathie sehr wohl belegen würden. Publikationen und Presseartikel, die
anderes besagen, seien „einseitig“ und „tendenziös“.
Seit Jahren nutzt er seine Stelle dazu, der [3][Homöopathie] einen
wissenschaftlichen Anstrich zu verpassen. Er ist Co-Autor von mehreren
Studien zu dem Thema, unterstützt von homöopathischen Unternehmen und
Lobbyorganisationen. Wenn er und Kolleg*innen, trotz Finanzierung durch die
Homöopathie-Industrie, keinen Effekt nachweisen können, machen sie, wie in
einer Studie von 2011, einfach das Studiendesign für den Fehlschlag
verantwortlich und bleiben entgegen ihrer eigenen Daten auf der Linie der
Geldgeber. Simon und Kollegen gehen von „Kraft-ähnlichen (immateriellen)
Resonanzeffekten“ der Homöopathie aus. Mit anderen Worten: Magie.
Wala hat in der Vergangenheit einen Lobbyisten finanziert, der
Wissenschaftler*innen und Journalist*innen, die sich kritisch zur
Homöopathie geäußert und vor ihren Risiken gewarnt haben, öffentlich
angeprangert hat. Darunter war auch der Experte für Alternativmedizin,
Edzard Ernst. Ernst sagt zur Zusammenarbeit der Universität mit Wala: „Ich
sehe das eher kritisch, insbesondere wenn es sich um eine Firma handelt,
deren Werbung die Kunden in die Irre führt.“
„Als Grundlagenforscher in der Mikrobiologie halte ich Kooperationsprojekte
mit einem Unternehmen wie Wala nicht nur für medizinethisch vertretbar,
sondern für wichtig und zeitgemäß“, erklärt Simon. Er ist selbst Mitglied
einer Lobbygruppe für Alternativmedizin, die Teil der Wala-nahen „Stiftung
Integrative Medizin & Pharmazie“ ist. Sie setzt sich unter anderem für die
Behandlung von [4][Krebs] mit Misteln ein.
Meinhard Simon bezeichnet Fragen zu ethischen Aspekten der Zusammenarbeit
mit Wala als „sinnlos“, auch weil das Projekt nichts mit Homöopathie zu tun
habe. Tatsächlich wurde in dem Projekt aber nach Vorgaben des
Homöopathischen Arzneibuchs gearbeitet, so steht es auch in der Studie.
Auf Anfrage erklärt die Universität Oldenburg, dass sie keinen Anlass
sieht, Simons Forschung als negativ zu bewerten und verweist auf seinen
guten Ruf. Fragen zu den zweifelhaften Methoden von Wala oder wie sich
Simons lockeres Verhältnis zur Wissenschaft mit seiner Rolle als Wächter
über Wissenschaftlichkeit und Ethik vereinbaren lassen, beantwortet sie
nicht.
30 Aug 2024
## LINKS
[1] /Homoeopathie-Streit-in-der-Ampel/!6000070
[2] /Homoeopathie-Weiterbildung-gestrichen/!5857374
[3] /Homoeopathie/!t5293768
[4] /KI-und-die-fruehe-Krebserkennung/!6001312
## AUTOREN
Aljoscha Hoepfner
## TAGS
Homöopathie
Oldenburg
Forschung
Medizin
Lobbyismus
Homöopathie
Homöopathie
Studiengang Medizin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Lauterbach-Plan zur Homöopathie: Schwarz-grüne Front für Globuli
Dürfen Krankenkassen weiter für Homöopathie zahlen? Im Petitionsausschuss
des Bundestags sind sich CDU und Grüne einig, die Ampel zeigt mal mal
wieder Risse.
Homöopathie als Kassenleistung: Glaubensmedizin – auf eigene Kosten
Dass Gesundheitsminister Lauterbach homöopathische Arznei nicht mehr als
Kassenleistung zählen will, ist richtig. Doch alternative Medizin hat ihren
Nutzen.
Anthroposophische Medizin an der Charité: Die gekaufte Professur
Warum hat die Berliner Charité eine Professur für Anthroposophie? Interne
Unterlagen zeigen, wie sich die Pseudomedizin an der Uniklinik einkaufte.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.