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# taz.de -- Festnahme von Telegram-Gründer Durow: Ohne Telegram wäre Russland…
> Regimefreunde und Regimekritiker gleichermaßen sind für freie
> Kommunikation auf die App angewiesen. Sie sorgen sich, wie es jetzt
> weitergeht.
Bild: Protest vor der französischen Botschaft in Moskau: Freiheit für Pavl Du…
Moskau taz | Selbst russische Momfluencer*innen sind plötzlich
aufgeschreckt. „Durow ist im Knast! Wo können wir uns nur austauschen?“
Ähnlich Alarmistisches ist auch bei russischen Propagandist*innen zu
lesen. Oppositionell eingestellte Russ*innen, viele von ihnen im Exil,
fordern „Freiheit für Durow!“ Und selbst das russische Außenministerium
setzt sich für die Freilassung von Pawel Durow ein.
Der 39-Jährige, der neben seiner russischen [1][auch die französische
Staatsbürgerschaft besitzt] und seit Jahren in Dubai lebt, war am
Samstagabend [2][in Paris festgenommen worden]. Er soll sich geweigert
haben, mit den französischen Behörden zusammenzuarbeiten, heißt es.
[3][Telegram weist jegliche Vorwürfe als „absurd“ zurück und behauptet,
alle geltenden europäischen Regeln einzuhalten].
Im Jahr 2014 waren es russische Justizbehörden, die Durow mit der Festnahme
gedroht hatten. Der Telegram-Gründer verließ daraufhin Russland. 2018 tat
die russische Medienaufsichtsbehörde einiges, um Telegram in Russland zu
sperren. Der windige Durow und sein Bruder Nikolai schafften es, die
Blockierungen zu umgehen. Nicht nur in libertären Kreisen wurden sie damals
dafür gefeiert.
Die große Einigkeit zwischen kremlloyalen Propagandist*innen und
russischen Oppositionellen mutet in diesen Tagen fast schon grotesk an.
Doch sie alle hätten durch eine befürchtete Verschlechterung der Nutzung
einiges zu verlieren. Die Telegram-App funktioniert eigentlich wie
Whatsapp. Und doch ist sie mehr. Die Kommunikation lief von Anfang an
verschlüsselt, durch seine „Kanäle“ ist Telegram zu einer Art Medium
geworden. 35 Millionen Nutzer*innen soll es allein in Russland geben,
weltweit nach Angaben von Telegram 950 Millionen.
## Festnahme als Schlag
Ohne Telegram funktioniert in Russland keine Berichterstattung. Jedes
unabhängige Medium bewirtschaftet seinen eigenen Informationskanal. Auf
andere legale Weise ist dies durch die Zensurgesetze seit März 2022
unmöglich. Auch einzelne Journalist*innen nutzen den Dienst, um die
Menschen darüber zu informieren, was im staatsnahen russischen Fernsehen
nicht gezeigt wird.
Videos aus Gerichtssälen, wo wieder einmal jemand wegen „Diskreditierung
der russischen Armee“ zu Jahren hinter Gittern verurteilt wird, finden sich
hier genauso wie Aufrufe, Politgefangenen Briefe zu schreiben. Da
russische Behörden soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram gesperrt
haben und mittlerweile auch Signal oder Whatsapp sowie Youtube immer
wieder blockieren, empfinden Telegram-Nutzer die Festnahme Durows als
Schlag. Sie nennen das ein „Geschenk an Putin“.
Genauso wie unabhängige Journalist*innen nutzen allerdings auch
Propagandist*innen, die der Ukraine den Tod wünschen, Telegram. Sie teilen
Videos von Zerstörungen, unterlegt mit menschenverachtenden und
hetzerischen Aufrufen. Wie auch in Europa nutzen zudem Islamist*innen
die geschlossenen Chats, um Verbrechen zu planen, oder
Verschwörungstheoretiker*innen, um ihre Theorien zu verbreiten.
Auch die russische Armee kommt kaum ohne Telegram aus: Die App ist das
Kommunikationsmittel schlechthin zwischen einzelnen Einheiten.
Auch in diesem Lager ist jetzt die Sorge groß. Deshalb schreiben sie oft,
dass Durow einen Fehler gemacht habe, Russland – „das freieste Land der
Erde“ – einst verlassen zu haben. Oder wie es der einstige russische
Präsident, Dmitri Medwedew ausdrückt – selbstredend in seinem
Telegram-Kanal: „Durow wollte ein genialer Weltenbürger sein, der auch ohne
sein Vaterland bestens leben kann. Er hat sich verrechnet.“
26 Aug 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Inna Hartwich
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