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# taz.de -- Mutmaßlicher IS-Anschlag in Solingen: Das Kalkül dürfte aufgehen
> Der Terror des IS zielt darauf, Gräben aufzumachen und westliche
> Gesellschaften zu zersetzen. Die brutale Tat von Solingen dürfte genau
> das erreichen.
Bild: Nach dem Tod: Menschen drücken in Solingen ihre Anteilnahme und Trauer a…
Es ist perfide: Ein Messerangriff, verübt auf ein Festival für Vielfalt. Wo
sich Menschen trafen, um unbeschwert zu feiern – auch Weltoffenheit zu
feiern. Genau hier schlug der Täter in Solingen zu und nahm drei Menschen
das Leben, verletzte weitere schwer. Und der nun festgenommene
Tatverdächtige ist selbst jemand, der von dieser Weltoffenheit profitierte,
ein geflüchteter Syrer. Die Terrortruppe „Islamischer Staat“ reklamiert
seine Tat für sich.
Noch laufen die Ermittlungen, noch werden der Tatverdacht und das
Bekennerschreiben geprüft. Aber wenn sich beides erhärtet, würde
Deutschland den nächsten islamistischen Anschlag erleben, nach Taten
zuletzt in Duisburg, in einem ICE in Bayern, in Dresden und womöglich in
Mannheim. Und wir dürften eine Debatte erleben, die kurz vor den
Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen nur bei einer Partei einzahlen
dürfte: der AfD.
Vor einer gestiegenen islamistischen Terrorgefahr warnten
Sicherheitsbehörden schon zuletzt, angeheizt durch den Nahostkrieg. Dass
wohl der IS die israelische Offensive im Gazastreifen als Grund für die Tat
anführt, passt zu den Warnungen – und ist dennoch nur vorgeschoben. Der IS
interessierte sich nie sonderlich für Gaza, lehnt die Kooperation der Hamas
mit dem schiitischen Iran ab. Das Ziel des islamistischen Terrors ist ein
anderes: Er will die westlichen Gesellschaften zersetzen, verachtet
Demokratie und Vielfalt.
War der Täter von Solingen wirklich ein Islamist, dann dürfte er sein Ziel
erreicht haben. Die gesellschaftlichen Gräben werden sich hierzulande
weiter vertiefen. Denn die Tat wird diejenigen bestärken, die noch härter
abschieben oder Geflüchtete erst gar nicht ins Land lassen wollen – und
ihre Gegenseite als Gewaltverharmloser schmähen. Was beides abwegig ist.
## Schlüsse aus der Tat ziehen
Denn das Recht auf Asyl gilt weiter, genauso wie das Verbot, in Länder wie
Syrien abzuschieben, in denen Folter und Tod drohen. Und niemand wird die
Tat von Solingen oder den Terror des IS verharmlosen. Der Angriff ist durch
nichts zu rechtfertigen, drei Menschenleben wurden sinnlos ausgelöscht,
Angehörige und Verletzte für immer gezeichnet.
Und dennoch begann die AfD sofort, den Angriff von Solingen für ihren
Wahlkampf zu instrumentalisieren – und den Islamisten in die Karten zu
spielen. Dabei sollte man durchaus Schlüsse aus der Tat ziehen. Aber
andere. Ja, man kann ein Verbot großer Messer auf öffentlichen Plätzen
diskutieren. Aber klar ist: Es bleibt Symbolpolitik und die Frage, wer das
wie kontrolliert. Zur Wahrheit gehört, dass sich Taten wie in Solingen kaum
verhindern lassen – eine absolute Sicherheit gibt es nirgends.
Aber es gibt keine Gründe, warum der Staat nicht hart gegen einen
fanatisierten Islamismus vorgehen sollte. Social-Media-Kanäle, auf denen
der IS seine Propaganda verbreitet, müssen verschwinden. Die hiesige
Sympathisantenszene sollte intensiv in den Blick genommen werden, allen
voran ihre Anheizer. Und jungen Radikalisierten muss mit beharrlichen
Präventionsprojekten, aber auch deutlichen Stoppzeichen vor Gericht,
klargemacht werden, dass ihre Form der Menschenverachtung in dieser
Gesellschaft keinen Platz hat.
25 Aug 2024
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Solingen
„Islamischer Staat“ (IS)
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