# taz.de -- Anschlag auf Nord-Stream-Pipelines: Klappe halten statt aufklären | |
> 2022 wurden die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee von Unbekannten | |
> gesprengt. Das Interesse scheint zu schwinden, dabei führen Spuren in die | |
> Ukraine. | |
Bild: September 2022: In der Ostsee sprudelt es über der kaputten Nord-Stream-… | |
Brüssel taz | Die EU-Kommission in Brüssel zeigt kein Interesse mehr an der | |
Aufklärung eines der größten Attentate der letzten Jahre. Sie will sich | |
auch nicht zu einer möglichen Verstrickung der Ukraine und dem mysteriösen | |
Verschwinden eines ukrainischen Tatverdächtigen in Polen äußern. | |
Die [1][Ermittlungen rund um die Sprengung der Nord-Stream-Gaspipelines] in | |
der Ostsee im Jahr 2022 seien eine nationale Aufgabe, erklärte ein Sprecher | |
der EU-Behörde auf Anfrage der taz. Man wolle die Nachforschungen der | |
deutschen Behörden abwarten und den Fall nicht weiter kommentieren. | |
Nach Recherchen von ARD, Zeit und SZ hat Generalbundesanwalt Jens Rommel im | |
Juni einen Haftbefehl gegen eine tatverdächtige Person erwirkt. Der | |
betroffene Ukrainer Wolodymyr Z. habe sich zuletzt in Polen aufgehalten und | |
sei spurlos verschwunden, hieß es. | |
In wessen Auftrag er gehandelt haben soll, ließen diese Recherchen offen, | |
aber eine brisante Wendung bekam der Fall vor einer Woche durch einen | |
Bericht des Wall Street Journal in den USA. Demnach war der ukrainische | |
[2][Staatschef Wolodymyr Selenskyj] über die Planung des Attentats | |
informiert. Auch die Bundesregierung sei gewarnt worden. Selenskyj habe das | |
Projekt am Ende zwar nicht gutgeheißen, aber es sei dennoch ausgeführt | |
worden. | |
## Schweden und Dänemark haben Ermittlungen eingestellt | |
Die Ukraine hat den Bericht zurückgewiesen und jede Mitverantwortung von | |
Selenskyj bestritten. Doch sollte er zutreffen, würden die Beziehungen | |
zwischen Deutschland und der Ukraine in einem neuen, grellen Licht | |
erscheinen. Auch das wichtige deutsche Verhältnis zu Polen ist belastet. | |
Denn Polens Regierungschef Donald Tusk forderte in Reaktion auf die | |
Berichte, den Fall ruhen zu lassen. | |
Auf „X“ appellierte Tusk an die „Initiatoren und Förderer“ von Nord St… | |
sich zu entschuldigen und die Klappe zu halten. Dies sorgt für Irritationen | |
in Berlin. Zu Ergreifung des ukrainischen Verdächtigen sind die deutschen | |
Behörden auf die Kooperation Polens angewiesen. Doch Tusk erweckt den | |
Eindruck, als sei er an Aufklärung nicht interessiert. | |
## | |
Auch die EU legt kein großes Interesse mehr an den Tag. 2022 hatte sie noch | |
mit Sanktionen gedroht. Jede vorsätzliche Störung der europäischen | |
Energieinfrastruktur sei völlig inakzeptabel und werde „mit einer robusten | |
und gemeinsamen Reaktion beantwortet werden“, erklärte der | |
[3][EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.] | |
Zwei Jahre später ist davon keine Rede mehr: Man habe nie mit Sanktionen | |
gedroht, die EU habe auch andere Druckmittel. Außerdem seien nicht nur | |
Borrell oder die EU-Kommission gefragt, sondern alle 27 EU-Staaten | |
gemeinsam. Von Polen ist aber wohl nichts zu erwarten. | |
Auch Schweden und Dänemark haben ihre Ermittlungen zu Nord Stream bereits | |
eingestellt. Sollten nun auch die deutschen Ermittlungen im Sande | |
verlaufen, könnte der Anschlag, der vor zwei Jahren noch überwiegend | |
Russland zugeschrieben wurde, womöglich nie mehr aufgeklärt werden. | |
21 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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