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# taz.de -- Razzia gegen Cybermobbing-Gruppe: „Opfer zum Ausrasten bringen“
> Die „NWO“ zielt auf Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen. Mit
> mehreren Razzien gingen deutsche Behörden gegen die Gruppierung vor.
Bild: Im Kampf gegen miese Menschen hilft manchmal Polizei
In welcher Welt wollen wir leben? Wenn es nach der Gruppe New World Order
(NWO) geht, in einer, [1][in der perfider und gezielter Hass gegen Menschen
im Netz zur Tagesordnung gehört.]
Die Methoden der vor allem in Deutschland vernetzten Gruppe sind
vielfältig: Tausende Pizzabestellungen an die Adressen ihrer Opfer,
unnötige Polizeieinsätze und Morddrohungen zählen zu ihrem Repertoire. Die
Absicht: „Die Opfer sollen zum Ausrasten gebracht werden“, beschreibt es
ein NWO-Mitglied in der Dokumentation „Das Cybermobbing Kartell“. Lange
Zeit konnten die Täter von NWO ohne größere Konsequenzen agieren, doch nun
scheint ein Schlag gegen den Hass im Netz gelungen zu sein. Am vergangenen
Dienstag führten das Bundeskriminalamt (BKA) und die
Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main Razzien bei zehn mutmaßlichen
Rädelsführern der Gruppe durch.
„Die Durchsuchungen erfolgten bezüglich aller Beschuldigter wegen des
Verdachts der Mitgliedschaft in einer Kriminellen Vereinigung“, schrieb der
Oberstaatsanwalt Benjamin Krause von der Zentralstelle zur Bekämpfung der
Internetkriminalität (ZIT) bei der Generalstaatsanwaltschaft der taz auf
Anfrage. Für diese Straftat sei im Gesetz ein Strafrahmen von einer
Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen.
Sie fanden in sechs Bundesländern statt: Berlin, Bayern, Baden-Württemberg,
Brandenburg, Hessen und Niedersachsen. Laut BKA wurden dabei zahlreiche
elektronische Geräte und Speichermedien beschlagnahmt. Die Maßnahme zielte
darauf ab, die mutmaßlichen Anführer der NWO, die sich hauptsächlich über
Chatgruppen auf Plattformen wie Discord und Telegram organisieren, zu
enttarnen. Die ZIT spricht von einem Ermittlungserfolg:
„Mit den heutigen Maßnahmen gehen ZIT und Bundeskriminalamt erneut
entschlossen gegen jegliche Form von Bedrohung, Ausgrenzung sowie Hass und
Hetze im Internet vor.“ Besonders im Fokus standen sogenannte
[2][Swatting-Angriffe], bei denen die Täter mittels gefälschter Notrufe
schwer bewaffnete Polizeieinheiten zu den Wohnungen ihrer Opfer schicken.
Rückt einmal ein Einsatzteam aus, gehört es zur weiteren Strategie der
Cybermobber, die Einsätze zu filmen und zu veröffentlichen.
## Leichenwagen vor die Tür
Christoph Kürbel, Macher der ARD-Doku [3][„Das Cybermobbing-Kartell“,]
beschreibt das Netzwerk als „gefährlich und brutal, da sie keine Empathie
mit ihren Opfern haben“. Die Gruppe habe Verbindungen zu Personen in
Unternehmen wie Lieferando, Telekom oder Zalando. Das Vorgehen der NWO
erinnert an ein Computerspiel. Ihre Mitglieder suchen gezielt Opfer aus,
oft Personen, die in den sozialen Medien aktiv sind und eine gewisse
Bekanntheit genießen. Die Influencerin Aline Bachmann erzählt [4][in
Kürbels Doku] von Drohungen: Mehrmals sei versucht worden, ihr Pferd zu
vergiften, ihre Mutter bekam einen Leichenwagen vor die Tür gestellt.
Die Angriffe der NWO sind strategisch geplant. Es wird gezielt versucht,
Themen und Situationen zu nutzen, die möglichst viel Aufmerksamkeit
erregen. So wurden an Hunderte Schulen Bombendrohungen im Namen der
Terrorgruppe Hamas verschickt.
Ein weiteres Level in dem „Spiel“ der Mobber ist erreicht, sobald eine
betroffene Person auf die Angriffe reagiert. Aline Bachmann etwa
veröffentlichte Daten einer anderen Person auf ihren Social-Media-Accounts,
weil ihr NWO-Mitglieder glaubhaft vorgetäuscht hatten, dass es sich dabei
um den Aggressor handele. Ziel des perfiden Games ist es, die Opfer von den
Plattformen zu drängen und psychisch und physisch zu schädigen. Bachmann
sagt in der Doku, dass sie die Schikanen nur noch durch Einnahme von
Tilidin ausgehalten habe.
Häufig seien besonders verletzliche oder kognitiv beeinträchtigte Menschen
die Opfer, sagt das BKA. Christoph Kürbel relativiert diese Einschätzung.
Es gehe vielen NWO-Mitgliedern darum, sich auf Personen zu konzentrieren,
die ihrer Meinung nach „nicht korrekt“ handelten. So wurden die Attacken
auf Aline Bachmann damit gerechtfertigt, dass sie ihre Follower zuvor
angelogen habe.
Christoph Kürbel sieht in den Razzien einen entscheidenden Schritt im Kampf
gegen die NWO. Oft bleibe Hass im Netz noch konsequenzlos. Die Behörden
verfügten nicht über ausreichende Ressourcen, die Arbeit sei häufig
dezentral organisiert. Bei einer im Internet vernetzten Gruppe mache das
wenig Sinn. „Eine zentrale Sammlung von Daten zu solchen Straftaten und
Opfern findet nicht statt“ schrieb Oberstaatsanwalt Benjamin Krause von der
ZIT der taz. Die Untersuchungen der Wohnungen der Beschuldigten seien
abgeschlossen und mehrere Datenträger und Endgeräte vorläufig
sichergestellt. Keine der Beschuldigten befinde sich in Untersuchungshaft,
da keine Haftgründe vorlagen.
In einer früheren Version des Artikels stand, dass die
Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main nicht auf eine Anfrage der taz
geantwortet habe. Teile der nach Redaktionsschluss eingegangenen Antwort
wurden im Online-Artikel nun ergänzt und der entsprechende Satz entfernt.
4 Sep 2024
## LINKS
[1] /Mobbing-im-Internet/!5561520
[2] /Bombendrohungen-nach-Hamas-Angriff/!5974573
[3] https://www.ardmediathek.de/video/das-cybermobbing-kartell/das-cybermobbing…
[4] /Doku-ueber-Cybermobbing/!6027971
## AUTOREN
Ann-Kathrin Leclere
## TAGS
Cybermobbing
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Gewalt in der Schule
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Hass
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