# taz.de -- Krieg zwischen Israel und Hamas: Generalstreik für Geiseldeal geki… | |
> Die Proteste in Israel ziehen an, nachdem am Wochenende sechs Geiseln in | |
> Gaza tot geborgen wurden. Doch den geplanten Streik stoppt ein Gericht. | |
Bild: Sie verlangen Einsatz für die Geiseln in Gaza: Protest vor dem israelisc… | |
Jerusalem taz | Ein israelisches Gericht hat einen Generalstreik für ein | |
Abkommen im Gazakrieg am Montag für „politisch“ und damit unzulässig | |
erklärt. Am Morgen blieben zunächst zahlreiche Schulen, Kindergärten und | |
Banken in Israel geschlossen, auch der Flugverkehr vom internationalen | |
Flughafen Ben Gurion wurde zeitweise unterbrochen. Doch um halb drei Uhr am | |
Nachmittag musste der Streik laut Gericht offiziell beendet werden. | |
Demonstranten blockierten außerdem an mehreren Orten wichtige Straßen. | |
Bereits am Vorabend hatten sich alleine in Tel Aviv rund 300.000 Menschen | |
an den größten Protesten seit dem Beginn des Gazakrieges im Oktober | |
beteiligt. | |
Das Forum der Angehörigen der Entführten, die Opposition und Gewerkschaften | |
fordern Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf: Nach d[1][er Ermordung | |
von sechs Geiseln durch die Hamas] am Wochenende müsse er seinen Widerstand | |
gegen ein Abkommen über einen Waffenstillstand und eine Freilassung der | |
noch immer rund 100 in Gaza gefangenen [2][Geiseln] aufgeben. Der | |
Regierungschef steht massiv unter Druck. Ob er aber einlenken, und von | |
israelischer Seite den Weg für ein Abkommen freimachen wird, ist alles | |
andere als sicher. | |
Ein Generalstreik hat in Israel, dessen Wirtschaft ohnehin unter den Folgen | |
des Krieges ächzt, einige Wucht. Auch wenn der Gewerkschaftsverband | |
Histadrut heute nicht mehr die Macht hat, die er einst besaß, vertritt er | |
nach eigenen Angaben noch immer rund 25 Prozent der Arbeitskräfte des | |
Landes. Zudem haben sich auch Oppositionsführer Jair Lapid und weitere | |
Verbände dem Aufruf angeschlossen. Die Arbeitsniederlegungen in Banken, | |
Transportunternehmen oder den großen Häfen dürften das Land Millionen von | |
Schekel kosten, schätzt der britische Guardian. | |
Zuletzt hatte die Histadrut von diesem Mittel im März 2023 Gebrauch | |
gemacht, als Netanjahu Verteidigungsminister Joaw Gallant wegen dessen | |
Widerstand gegen den geplanten Umbau des Justizsystems entlassen wollte. | |
Damals musste der Regierungschef zurückrudern. Und trotz der | |
Gerichtsentscheidung will das Forum der Angehörigen der Entführten die | |
Proteste fortsetzen. | |
## Druck auf Netanjahu aus den eigenen Reihen | |
International plant Israels wichtigster Verbündeter USA, den | |
Konfliktparteien ein „letztes Angebot“ vorzuschlagen. [3][Laut einem | |
Bericht der Zeitung Washington Post] will US-Präsident Joe Biden einen | |
Vorschlag für einen Waffenstillstand und die Rückkehr aller Geiseln | |
vorlegen. Diesen sollen die Hamas und Israel entweder annehmen oder | |
ablehnen können. Im Falle eines Scheiterns könnten die USA demnach ihre | |
Vermittlungsbemühungen einstellen. | |
Zuletzt wurden die Verhandlungen um einen Deal auf technischer Ebene | |
fortgesetzt, steckten jedoch inhaltlich in einer Sackgasse. Besonders | |
Netanjahus vergangene Woche im israelischen Sicherheitskabinett | |
beschlossene Absage an einen Abzug aus dem Grenzgebiet zwischen dem | |
Gazastreifen und Ägypten wird sowohl von Kairo als auch von der Hamas | |
abgelehnt. Den Landstrich, Philadelphi-Korridor genannt, kontrolliert | |
derzeit das israelische Militär – und damit auch die Grenze. Nach Angaben | |
des israelischen Militärs [4][wurden dort mehrere Tunnel Richtung] Ägypten | |
aufgespürt und zerstört. | |
Der Druck auf Netanjahu kommt auch aus den eigenen Reihen. Besonders | |
Verteidigungsminister Joaw Gallant fordert, die Entscheidung von | |
vergangener Woche aufzuheben. Er spricht sich dafür aus, dem Rat der Armee- | |
und Geheimdienstspitzen zu folgen und in den Verhandlungen um einen | |
Geiseldeal Kompromisse einzugehen. Am Ende der Kabinettssitzung vergangene | |
Woche sollen sich die beiden Parteikollegen sogar angebrüllt haben. | |
Netanjahus Regierung verfügt über 64 von 120 Sitzen im Parlament. Um der | |
Koalition gefährlich zu werden, müssten sich Gallant noch vier weitere | |
Parlamentsmitglieder der Regierungsparteien anschließen. | |
## Netanjahus Entscheidung könnte von Protesten abhängen | |
Doch Netanjahus innerparteiliche Gegner sind gespalten und die jüngsten | |
Umfragewerte zeigen seine Partei Likud nach einem Einbruch im Oktober | |
zuletzt wieder auf Platz eins der Beliebtheitsskala. Dass [5][Gallant | |
Mitstreiter in der eigenen Partei findet, ist derzeit wohl | |
unwahrscheinlich]. Die Drohungen seiner rechtsextremen Koalitionspartner | |
könnten für Netanjahu gefährlicher werden. Diese haben angekündigt, die | |
Regierung im Falle eines Abkommens zu verlassen. | |
Ob der Regierungschef angesichts der neuen Protestwelle seine Position | |
überdenken wird, dürfte maßgeblich von den Entwicklungen der kommenden Tage | |
abhängen. Die israelische Zeitung Haaretz berichtet unter Berufung auf | |
Diplomatenkreise, Netanjahu werde seine Entscheidung vom Druck der Straße | |
abhängig machen. „Er wird so viel Zeit schinden wie möglich“, zitiert das | |
Blatt aus dem Umfeld des Ministerpräsidenten. | |
2 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Sechs-Geiseln-aus-Gaza-tot-geborgen/!6030949 | |
[2] /Von-der-Hamas-getoetet/!6033561 | |
[3] https://www.washingtonpost.com/politics/2024/09/01/biden-israel-gaza-ceasef… | |
[4] /Tunnel-unter-Gaza/!5970956 | |
[5] /Israel-im-Nahost-Krieg/!6013236 | |
## AUTOREN | |
Felix Wellisch | |
## TAGS | |
Benjamin Netanjahu | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Israel Defense Forces (IDF) | |
Gaza | |
Israel | |
Geisel | |
Gewerkschaft | |
Streik | |
Social-Auswahl | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Afrobeat | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Außenministerin Baerbock in Israel: Deutliche Kritik an der Regierung | |
Bundesaußenministerin Baerbock wirbt in Tel Aviv für eine Waffenruhe in | |
Gaza. Auch ein rigides Vorgehen gegen Gewalt von radikalen Siedlern sei | |
nötig. | |
Israel und Palästina: Nahöstliche Grautöne | |
Frauenrechte, Religion und säkulare Werte spalten viele palästinensische | |
Familien. Sechs Protokolle aus dem Westjordanland, Israel und Deutschland | |
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: US-Klage gegen Hamas-Chef Sinwar | |
Wegen des Massakers vom 7. Oktober geht die US-Justiz gegen Hamas-Chef | |
Sinwar vor. In Israel demonstrieren wieder Tausende für einen Geiseldeal. | |
Polio-Impfungen in Kriegsgebieten: Das Friedensvirus | |
Vorbild für Gaza? Vor einem Vierteljahrhundert zeigte die DR Kongo, wie | |
Feuerpausen für Polio-Impfkampagnen Friedensprozesse befördern können. | |
Von der Hamas getötet: Abschied von Hersh Goldberg-Polin | |
Vom Nova-Festival entführt, überlebte der junge US-Israeli selbst die | |
Amputation seines Armes. Nun wurde er von der Hamas erschossen. | |
Sanktionen für israelische Minister: Ein wichtiges Mittel gegen Extremisten | |
Der EU-Außenbeauftragte Joseph Borrell will die israelischen Politiker | |
Smotrich und Ben-Gvir sanktionieren. Das wäre ein deutliches Zeichen gegen | |
die Hardliner. |