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# taz.de -- Talentierter Hamburger Rap: Falsche Wimpern, echter Spaß
> Sechs junge hanseatische Rapperinnen nennen sich als Kollektiv
> bangerfabrique. Sie würzen dem lauen deutschen HipHop feministischen
> Scharfsinn ein.
Bild: Da geht noch was: Hamburg's finest bangerfabrique
Angeblich sollen Menschen ab 30 „musikalisch ignorant“ werden. Soll heißen,
sie tendieren immer weniger dazu, neue Genres, Künstler:Innen oder Songs
zu entdecken.
Auch ich kann nicht verleugnen, m[1][it 34 zuletzt immer wieder
schmerzerfüllt das Gesicht verzogen zu haben. Kopfschüttelnd habe ich dann
zurück auf meine „2000 Golden Era HipHop“-Playlist] gewechselt, nachdem ich
der „Deutschrap Brandneu“-Playlist zehn Minuten zugehört hatte. Dennoch
durchfuhr mich jüngst ein heller Blitz, der sämtliche Synapsen scharf
stellte und Haare an den Armen aufrichtete. Schuld war nicht der
Ischiasnerv, sondern eine junge Rap-Crew aus Hamburg: bangerfabrique.
Es war dieses Gefühl pulsierender Euphorie, das jene durchflutet, die einen
neuen Song entdecken und ihn fühlen. Ein bisschen wie verliebt sein, nur
eben mit Musik. Ein bisschen wie wieder 19 sein. Ein alter Jagdinstinkt war
geweckt: Wer sind diese geil frechen Girls und gibt es noch mehr Stoff von
ihnen?
## Sechs Frauen, ein Kollektiv
Bangerfabrique sind sechs Frauen, die sich als Künstlerinnenkollektiv
verstehen. Meltem, Emma und Nebou rappen, Şehra und Ruth legen als DJs auf
und Celia behält als Managerin den Überblick über die Umtriebe der fünf
Ladys. Dazu zählen nicht nur Soloveröffentlichungen, Videos und Interviews,
sondern auch Club- und Festivalgigs.
Aktuell haben bangerfabrique fünf Songs auf den gängigen Plattformen
hochgeladen. Sie tragen Titel wie „Top oder Kleid“, „Kumma das Ding ist“
und „Fake Lashes“. Vergangenes Jahr ist der erste Song erschienen.
Bangerfabrique stehen also noch am Anfang ihrer Karriere.
Dem Zustand des Talente-Seins wohnt ein besonderer Zauber inne. Nie sind
Künster:Innen so unverfälscht, so fehlerhaft und glaubwürdig wie in
ihren Flegeljahren. In einer Zeit, in der HipHop durchprofessionalisiert
ist und gefällig klingt wie nie zuvor, ist Roughness, Unverstelltheit und
Nahbarkeit, die dem Sound von bangerfabrique innewohnen, wie eine nötige
Dusche nach einem fünftägigen Aufenthalt beim Fusionfestival (wo
bangerfabrique übrigens aufgetreten sind).
## Scheppernd und rau
Ihre Beats scheppern und sind absichtlich rau produziert, [2][so wie man es
auch in dem von ihnen immer wieder erwähnten Vorbild-Genre aus Brasilien],
Baile Funk, kennt. [3][Die Reime sind selbstbewusst, verbinden Spaß mit
Haltung und erinnern hier und da ein wenig an das ikonische Rap-Duo SXTN,
das 2016 einen Second-Wave-Feminismus in den Deutschrap brachte, ohne das
je zu seiner Mission erklärt zu haben].
Bangerfabrique rappen über falsche Wimpern und Pfefferspray, über das
Hamburger Schanzenviertel und Antifaschismus, Partynächte, den Kater am
nächsten Tag und zwischen den Zeilen eigentlich immer über das schwer in
Worten, aber umso besser in Stimmung zu beschreibende weibliche Dasein, die
sogenannte Girlhood.
Dieses Lebensgefühl dominiert auch Videos und Social-Media-Auftritte und
durchströmt alle Facetten von bangerfabrique, ohne dabei kalkuliert „In
Your Face“ daherzukommen. Es fühlt sich real an, so wie alles an der Crew,
einschließlich ihrer Freundschaft.
## Emanzipatives Selbstbewusstsein
Ihr augenzwinkernder Slogan „Keine Männer im Video!“ kommt nicht von
ungefähr. Neben ihrem signifikanten Partysound ist es vielleicht das
emanzipative Selbstbewusstsein, das bangerfabrique so besonders macht.
Sie lösen ein Gefühl aus, das Generationen von Frauen miteinander vereint,
egal ob 25-, 34- oder 65-jährig. Es ist diese unausgesprochene
Verbundenheit, die aus gegenseitiger Wertschätzung, dem Wissen um die
Strapazen des Weiblichseins und gleichzeitigen Zelebrierens dessen
entsteht. Und zu feiern gibt es einiges bei bangerfabrique.
16 Aug 2024
## LINKS
[1] /Quo-Vadis-Deutschrap/!5984749
[2] /Global-Pop-aus-Brasilien/!5681450
[3] /Berliner-Rap-Duo-SXTN/!5342093
## AUTOREN
Nina Sternburg
## TAGS
HipHop
Feminismus
Hamburg
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