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# taz.de -- Prozess in Uganda: Späte Strafe für Kriegsverbrechen
> Erstmals hat ein Gericht in Uganda einen Kommandanten der „Lord’s
> Resistance Army“ schuldig gesprochen. Thomas Kwoyelo saß seit 2009 in
> Haft.
Bild: Thomas Kwoyelo vor Gericht im ugandischen Gulu, hier bei seinem allererst…
Kampala taz | In feinem Anzug und rosa Krawatte sitzt Thomas Kwoyelo im
Gerichtsaal, umringt von Gefängniswärtern. Als die Richter den Saal in der
nordugandischen Stadt Gulu betreten, guckt er angestrengt, besorgt und
erschöpft. Über 14 Jahre hat das Verfahren gegen ihn gedauert.
„Das Gericht hat entschieden, den Angeklagten schuldig zu sprechen wegen
Mordes, Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit“,
erklärt der Vorsitzende Richter Michael Elubu. Während diese Worte durch
den vollen Gerichtssaal hallen, stiert der Angeklagte ins Leere.
Kwoyelo ist der erste und einzige Kommandant der [1][LRA (Lord’s Resistance
Army)], dem je in Uganda der Prozess gemacht wurde. Die LRA in Uganda gilt
bis heute als eine der brutalsten Milizen der Welt. Sie begann ihren Krieg
in den 1980er Jahren und kämpfte jahrzehntelang gegen Ugandas Präsident
Yoweri Museveni. Dabei entführte sie systematisch Kinder. Mehr als 60.000
Minderjährige bildete sie zu Kindersoldaten aus. Seit 2005 wird
[2][LRA-Chef Joseph Kony] vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in
Den Haag mit Haftbefehl gesucht, die USA haben 5 Millionen Dollar Belohnung
für seine Ergreifung ausgeschrieben.
Kwoyelo wurde Anfang 2009 gefasst, als Ugandas Armee LRA-Einheiten in der
benachbarten Demokratischen Republik Kongo jagten. Kwoyelo wurde im Gefecht
verletzt, zur Behandlung nach Uganda ausgeflogen und landete im Gefängnis.
2010 wurde der Ex-LRA-Oberst Kwoyelo angeklagt, der erste Fall vor einem
neu eingerichteten Kriegsverbrechertribunal. Doch es dauerte 14 Jahre, bis
das Hauptverfahren in der nordugandischen Stadt Gulu, wo Opfer der LRA den
Anhörungen beiwohnen konnten, endlich in Gang kam.
Zum Vergleich: 2014 wurde [3][LRA-Kommandant Dominic Ongwen festgenommen]
und nach Den Haag überstellt. Der Strafgerichtshof [4][verurteilte ihn
2021] wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 25
Jahren Haft. Im Oktober beginnt in Den Haag nun auch das Verfahren gegen
LRA-Chef Kony – in Abwesenheit, denn er versteckt sich in Sudan.
## Viele Jahre Untersuchungshaft
Der Kwoyelo-Prozess war von Anfang an umstritten. Denn Kwoyelo beantragte
nach seiner Festnahme Amnestie. Dass die Staatsanwaltschaft entschied, dem
LRA-Kommandeur den Prozess zu machen, statt ihn laufen zu lassen, war eine
politisch motivierte Entscheidung: Nach der Einrichtung des Sondertribunals
brauchte dieses einen Fall.
Kritisiert wurde auch, dass der 49-Jährige nun 14 Jahre ohne Urteil in
U-Haft saß. Ugandas Justizsystem ist unterfinanziert und träge. Die
Coronapandemie verzögerte das Verfahren zusätzlich. Erst dieses Jahr kam
der Prozess so richtig in Gang.
In seiner Einlassung im Mai stritt Kwoyelo alles ab. „Ich war für die
Krankenstation der LRA verantwortlich und behandelte die Verwundeten, ich
war selbst nie an der Front oder im Kampfgebiet“, erklärte er. Er sei
selbst im Jahr 1987 im Alter von 13 Jahren von der LRA entführt und zum
Kindersoldaten ausgebildet worden.
„Die LRA hat eine strikte Kommandokette“, betonte er: „Beim Militär, wo
ich unfreiwillig und mit Gewalt eingezogen wurde, konnte ich keine
Entscheidungen treffen. Ich musste Befehle befolgen. Abweichungen von
diesen Befehlen bedeuteten den Tod, und ich musste gehorchen.“ Kwoyelo
weiter: „Ich habe zu keiner Zeit jemanden getötet.“
Das Gericht hat ihn nun dennoch in 44 von 78 Anklagepunkten für schuldig
befunden. Das Strafmaß soll in einer Woche verkündet werden.
13 Aug 2024
## LINKS
[1] https://www.hrw.org/topic/international-justice/joseph-kony-lra
[2] /Ugandischer-Milizenfuehrer-Joseph-Kony/!5039172
[3] /Zentralafrikanische-Republik/!5024445
[4] /Urteil-gegen-LRA-Kommandeur-aus-Uganda/!5745244
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Uganda
LRA
Joseph Kony
Kriegsverbrechen
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Uganda
IG
LRA
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