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# taz.de -- Die Wahrheit: Der Gärtner und das Gesetz
> Der Knoten in den Akten. Eine Fortsetzungsgeschichte der etwas
> anderen Art (Teil 6). Heute in der Wahrheit-Sommerserie: Wie es sich
> ausweitete …
Bild: Wie Blätter im Wind sind die Einzelteile des Kriminalfalls
Was bisher geschah: Rechtsanwalt Doktor Schrunz hat mithilfe der Triaden
seine Mutter beseitigen lassen. Die drei verbrecherischen Brüder aber haben
seinen einzigen Mandanten, Röder, entführt, um an einen mysteriösen Knoten
zu gelangen, der sie zu einem Schatz von unermesslichem Wert führen soll.
Doch auf der Spur der Triaden ist bereits Schroppmann, der
Transgender-Kommissar vom BK …
In der weit aufgerissenen Tür des Fords Transit stand Feng Hui. Der
Assistent von Kommissar Schroppmann. Wie immer, wenn der Sonderermittler
des Bundeskriminalamts nicht weiterwusste, bestellte er seinen
Geheimassistenten Hui ein. Für eine Fragestunde, wie Schroppmann sie gern
veranstaltete, unerbittlich und hart, um sich warm zu machen für die echten
Fragerunden, die sogenannten Verhöre.
Er wies auf das Klempnerlogo, das zur Tarnung auf der Transit-Tür
angebracht war – „Gas, Wasser, Dung lösen wir mit Schwung“ – und fragt…
knallhart: „Dung? Ist das nicht etwas Chinesisches?“
Hui wurde blass. „Ja, kann schon sein.“ Schroppmann hatte ihn fast so weit:
„Ein chinesischer Name … ein Tarnname vielleicht … die Triaden stammen do…
aus China, oder?“ Er drehte seine Schreibtischlampe in Huis Richtung.
„Hm, hm, ja, normalerweise.“ Hui fing an zu schwitzen. „Aber das ist doch
Ihr Logo, für Ihre Tarnung, Herr Kommissar! Und hat mit den Triaden nichts
zu tun.“
Schroppmann überlegte einen Moment: „War nur zum Warmwerden, die Frage.
Aber kommen wir zum Kern des Falls. Müller, Meier, Schulz – das sind doch
ziemlich deutsche Namen, oder?“ Schroppmann wies wie beseelt auf seine
Fahndungswand, die jetzt hinter ihm prangte.
„Schulz. Ja, sehr, sehr ziemlich, könnte man fast sagen“, stotterte Hui.
„Und diese ziegenkäsebleichen Biodeutschen hier“ – Schroppmann zeigte auf
die Porträts von Schulz, Meier und Müller – „die sollen die chinesischen
Triaden sein? Wer glaubt denn so was?“
„Na ja, es hatte ja auch deutsche Kolonien in China …“ – „Ach was, de…
Kolonien! Identitätenklau, wenn schon! Es wird Zeit, die echten Triaden
aufzusuchen!“
## Drei Harmonien
Richtig, die richtigen Triaden! Sie waren an ihrem Symbol, dem Dreieck für
Himmel, Erde und Menschheit erkennbar, aber man musste gut hingucken, um es
zu finden und richtig zu deuten. Sie nannten sich auch die Gesellschaft der
Drei Harmonien und traten tarnhalber öfter in alten bundesrepublikanischen
Fußgängerzonen mit Kontrabass auf. Aber in Wahrheit waren sie Vereinigungen
im Bereich der organisierten Kriminalität mit Ursprung im alten China zur
Zeit der Qing. Und sie wussten genau, wie man eine Intrige strickte, wie
man Danziger Goldwasser zum Laufen, untreue Mütter um die Ecke und Knoten
zum Verknoten brachte.
Wieder wurde die Fahrertür des Fords Transit aufgerissen. Und so begann die
lange kurze Reise zurück ins chinesische Viertel, das hier Chinastadt hieß
und nicht Chinatown, zurück an den Ort, an dem Schroppmann schon einmal
eine Schießerei veranstaltet hatte mit Meier oder Müller oder Schulz als
Opfer. Wer weiß das schon noch so genau.
Währenddessen betrat Irmina Hornbach in der Innenstadt einen Laden, der
Seemannsgarn feilbot und Prinz-Wilhelm-Mützen, Ringel-Shirts,
Rettungsringe, Maathosen, kleine Segelschiffe in Flaschen sowie
Seemannsknoten im Angebot hatte. Seemannsknoten! In allen erdenklichen
Größen und Formen! Und Schattierungen auch!
Es gab linksgedrehte und rechtsgedrehte und auflösbare und gordische, und
die Preise waren zwar stattlich, aber angemessen. Irmina konnte ihr Glück
nicht fassen. Sie deckte sich gleich mit einem Dutzend Knoten ein. Konnte
man ja nie wissen, wofür man sie mal braucht. Schon ihre Söhne hatten
dauernd offene Schuhe.
Und Röder, wo steckte jetzt Röder? Immer noch im Hobbykeller? Und wer
verfolgte überhaupt noch Schrunz? Schroppmann schon gar nicht. Schrunz
hatte sich in seiner Kanzlei verbarrikadiert. Und Röder schlief seinen
durch die psychoaktiven Drogen verursachten Rausch aus.
## Kugeln und Murmeln
Röder aber träumte von fernen Jugend- und Kindheitstagen. Eigentlich hatte
er chassidischer Jude werden wollen. Den lieben, langen Tag in der Synagoge
herumkugeln und mit Murmeln spielen. Also rummurmeln, die alten Schriften
auswendig lernen und die neuesten „Micky Maus“-Ausgaben hinter dem Umschlag
der Thora verstecken. Nie wieder arbeiten!
Aber irgendwie wurde nichts draus. Wie auch? Röder war schließlich deutsch
as can be, und dazu noch von Beruf Sohn, genauer: Gärtnersohn. Er hieß, wie
Schroppmann sich recht erinnerte, mit Vornamen Rudi, nach dem Spitznamen
seines Vaters, der Rudolf hieß und auch Rudi genannt wurde. Rudolf Röder
jr., genannt Rudi. Klang wie ein altes Auto, Rudi, also der Name, und nicht
wie der kommunistische Lokführer, der der Vater in einem Parallelleben auch
einmal gewesen war, bis ihn 1976 die Bundesanwaltschaft aus dem Job
beförderte, ganz ohne „Schienensuizid“.
Nach diesem Zwischenfall zog sich Vater Röder in die Gärtnerei zurück und
züchtete Lebensweisheiten. „Leben heißt, nicht zu warten, bis der Sturm
vorüberzieht“, hieß da zum Beispiel eine, „sondern lernen, im Regen zu
tanzen“. Und Kommunisten sind genauso Menschen wie wir auch. Röder Seniors
Verhalten war ein Eignungsmangel gewesen und daher ein schweres
Dienstvergehen.
Doch jetzt betrat Irmina Hornbach mit einem großen Seesack voller Knoten
den kleinen Showroom der Gärtnerei Röder und Sohn und …
28 Aug 2024
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Krimis
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Organisierte Kriminalität
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