# taz.de -- Die Wahrheit: Der Großknöterich und das Geheimnis | |
> Der Knoten in den Akten. Eine Fortsetzungsgeschichte der etwas | |
> anderen Art (Teil 7). Heute: Wie sich die Lage rasant verschärfte … | |
Bild: Wie verhext und zerflext ist der Kriminalfall inzwischen | |
Was bisher geschah: Rechtsanwalt Doktor Schrunz hat mithilfe der Triaden | |
seine Mutter beseitigen lassen. Die drei verbrecherischen Brüder aber haben | |
seinen einzigen Mandanten Röder entführt, um an einen mysteriösen Knoten zu | |
gelangen, der sie zu einem Schatz von unermesslichem Wert führen soll. Doch | |
auf der Spur der Triaden ist bereits Schroppmann, der Transgender-Kommissar | |
vom BKA – zeitweise in der Maske von Irmina Hornbach, die Rudi Röders Vater | |
in seinem Gartenbetrieb aufsucht … | |
„Rudi, alter Knöterich“, pflaumte Irmina den Gärtner respektvoll an und | |
stach sich eine Stricknadel durch die Wange, um ihrem Meister auf Weise des | |
Ordens Achtung zu erweisen. Tatsächlich war Rudi Röder jr. nicht nur | |
kriminelles Superhirn mit grünem Daumen, einziger Klient der | |
Rechtsanwaltskanzlei Schrunz, Drogenschieber und Narcoschubse, sondern wie | |
sein Vater auch amtierender Großknöterich des Geheimbunds vom Gordischen | |
Gnoten (GGG). | |
So stand es auf dem Bronzeschild, das im Petunienbeet vor der Gärtnerei | |
stand. Auch in den Gelben Seiten war die Gärtnerei Röder unter der Rubrik | |
„Geheimbünde“ eingetragen, weswegen das Blumengeschäft eher mäßig lief. | |
Doch unter dem Deckmantel des harmlosen Geheimbunds lehrte der GGG seine | |
Adepten international geächtete Handarbeitskünste. Auf dem Lehrplan standen | |
Würgeknoten, Harakirihäkeln, Galgenstricken und Sticken auf kratzigem | |
Stramin, obwohl diese grausame Folter mittlerweile sogar an Grundschulen | |
verboten war. | |
## Brauen bis zum Boden | |
„Ich wusste, dass du zu mir zurückkehren würdest, Irmina“, sprach der alte | |
Großknöterich und verbeugte sich, bis seine Augenbrauen den Boden | |
berührten. „Du warst meine beste Schülerin.“ | |
„Mumpfmumpf!“, antwortete Irina, weil die Stricknadel in ihrer Wange | |
steckte. Eigentlich hatte sie sagen wollen: „Hochverehrter Meister, weil du | |
unseren geheimen Bund zu niederträchtigen Zwecken missbraucht hast, sollst | |
du den Tod der tausend Knoten sterben.“ | |
„Weil ich unseren geheimen Bund zu niederträchtigen Zwecken missbraucht | |
habe, soll ich nun den Tod der tausend Knoten sterben?“, fragte Rudi Röder | |
senior und ging geschmeidig einen halben Schlag in Verteidigungsstellung. | |
Die beiden Kontrahenten umkreisten sich im Rundtörn, wie der Kampfplatz der | |
Gordischen Gnoten genannt wurde. | |
Irina nickte grimmig, doch Tränen traten in ihre Augen, als sie den | |
Kampfstahl zog. Die zweihändige Häkelnadel mit besticktem Griff hatte ihr | |
Röder einst geschenkt. | |
„Arbeite mit mir zusammen“, forderte der Großknöterich sie auf. „Der | |
Drogenschmuggel ist ein krisensicheres Geschäft mit guten Sozialleistungen, | |
in dem skrupellose Handarbeiterinnen immer gebraucht werden.“ | |
Als blutjunges Ding hatte Röder senior Irmina aus dem Häkelkreis ihrer | |
Tante Gunhild befreit, wo das Mädchen mit bloßen Händen heruntergefallene | |
Maschen aufklauben musste. Röder hatte der Waise Seemanns- und | |
Krawattenknoten beigebracht, wobei das Vertäuen von Halsbindern dem Mädchen | |
leichter gefallen war. Seemänner wehrten sich oft, wenn man sie miteinander | |
zu verknoten versuchte – an den Nasen- und den Gesäßhaaren. | |
Später hatte er Irina in der altfranzösischen Kampfkunst des Makramée | |
unterwiesen und sie gelehrt, Feinde mit grässlichen Blumenampeln zu | |
blenden. Er hatte sie zu jener tödlichen Kampfmaschine gemacht, die ihn nun | |
unerbittlich in die Masche nahm. | |
„Muhumgrumpf“, erklärte Irmina, während Röder ihren Schlingen auswich und | |
seine Schülerin in den Klammerknoten nahm. „Du weißt also von meinem Plan, | |
die Drogen-Bionide aus dem Danziger Goldwasser der Triaden mit einem Knoten | |
aus purem Leitungswasser zu extrahieren?“, nahm Röder den Faden auf, | |
während er Irminas Häkelschläge mit einem Palstek parierte. | |
„Langes Fädchen, faules Mädchen“, ätzte Röder, als er ihr die Waffe aus… | |
Hand klöppelte. | |
Schon setzte er an, die wehrlose Irmina wie einen Ballon zu einem lustigen | |
Hund zu verknoten, als sie ihren Seesack öffnete und den Inhalt über ihrem | |
Kontrahenten ausschüttete. | |
## Knoten bis zum Abwinken | |
Tausend falsch geknotete Seemannsknoten aus einem Souvenirshop in der | |
Innenstadt prasselten auf den Großknöterich nieder. „Nein!“, kreischte der | |
Knotenmeister. Verzweifelt riss Röder an den Fadenenden, doch das | |
störrische Gewebe gab nicht nach – echtes Seemannsgarn gibt niemals eine | |
Lüge zu. | |
„Der Tod der tausend Knoten!“, flüsterte Irmina, als sie Röder über die | |
unmöglichen Knoten erst dem Wahnsinn und dann dem Irrsinn verfallen sah. | |
Diese Strafe hatte der Geheimbund für alle Frevler vorgesehen, die gegen | |
das Gebot des Gordischen Gnoten verstießen. „Du sollst keinen Knoten ins | |
Leitungswasser machen“, hatte der Gnoten verfügt. Weitere Gebote hatte die | |
rätselhafte Entität nicht erlassen, weswegen sich der Orden großer | |
Beliebtheit bei moralisch wenig ambitionierten Menschen erfreute. | |
Röder wand sich krampfend am Boden, Schaum trat aus seinem Mund, als er | |
einen Neunerknoten aufzufummeln versuchte. Irmina zog die Stricknadel aus | |
ihrer Wange und tötete Röder mit einem gnädigen Kreuzstich ins Herz. | |
Dann machte sie sich auf die Suche nach dem unheiligen Objekt, das der | |
Großknöterich seinen Sohn hatte beschaffen lassen. Der Knoten aus | |
Leitungswasser musste sich im Froschteich der Gärtnerei befinden, wusste | |
Irmina – ein geniales Versteck. Sie durchwühlte das Uferschilf nach | |
besonders knotigem Wasser, als sie die Stimme ihres ehemaligen Geliebten | |
hörte. „Nicht so schnell, meine Liebe“, sagte Schrunz und schob seine | |
Brille aus echtem Einhornhorn zurecht. Aus irgendeinem Grund führte er | |
einen Komodowaran an der Leine … | |
4 Sep 2024 | |
## AUTOREN | |
Christian Bartel | |
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