# taz.de -- Die Wahrheit: Der Kommissar und die Killer | |
> Der Knoten in den Akten. Eine Fortsetzungsgeschichte der etwas | |
> anderen Art (Teil 5). Heute in der Wahrheit-Sommerserie: Wie es mächtig | |
> knallte … | |
Bild: Wie die Scherben einer zersplitterten Ming-Vase erscheinen die Einzelteil… | |
Was bisher geschah: Rechtsanwalt Doktor Schrunz hat mit Hilfe der Triaden | |
seine Mutter beseitigen lassen. Die drei verbrecherischen Brüder aber haben | |
seinen einzigen Mandanten Röder entführt, um an einen Knoten zu gelangen, | |
der sie zu einem Schatz von unermesslichem Wert führen soll. Offenbar wird | |
das geheimnisvolle Objekt der Begierde von einem gefährlichen Drachen | |
bewacht … | |
Heinz Müller traute seinen Augen nicht. Wie zur Hölle war Röder aus dem | |
Hobbykeller entkommen? Und wieso zum Teufel war er nicht mehr betäubt? Der | |
Bandenführer fluchte, dass die Wände der weiträumigen Familienvilla | |
wackelten und sich seine Brüder Heinz Meier und Heinz Schulz die wehen | |
Ohren zuhielten. | |
Vor den Augen der drei Triaden taumelte völlig von Sinnen Röder durch die | |
Eingangshalle, im Arm eine mannshohe Bodenvase aus der Ming-Dynastie. Jeden | |
Moment drohte das wertvolle Gefäß auf den schwarzweißen Terrakottafliesen | |
in tausend Teile zu zerspringen. Offenbar hielt Röder den grau-grünen | |
Drachen auf der Vase für eine bedrohlich echte Bestie, die er niederringen | |
und besiegen wollte. | |
„Nicht das gute Porzellan!“, rief Heinz Müller so durchdringend, dass Röd… | |
schlagartig nüchtern wurde. Die hünenhaften Brüder packten den Willenlosen | |
an beiden Armen und schleiften ihn wieder hinunter ins Kellerverlies, | |
während Heinz Müller sanft über die ebenso glatte wie zarte Oberfläche der | |
geretteten uralten porzellinenen Ming-Vase strich. | |
Vaters Erbe, dachte er und versank tief in Erinnerungen, sodass er nicht | |
bemerkte, dass Irmina Hornbach sich still und heimlich mitten im Trubel aus | |
dem Staub gemacht hatte. Müllers frühere Sandkastenbekanntschaft, die eben | |
noch so munter schmutzige Witze erzählt hatte, rannte auf ihren Pumps davon | |
und stoppte erst an der nächsten Ecke, an der ein unauffällig grau | |
lackierter Ford Transit geparkt war. | |
## Zweite Haut | |
Irmina öffnete die Hecktür mit dem Klempnerlogo „Gas, Wasser, Dung lösen | |
wir mit Schwung“, stieg ein, griff sich ans Kinn und zog mit einem Ruck die | |
Latexmaske vom Gesicht. Unter der zweiten Haut kam Schroppmann zum | |
Vorschein, Kommissar Schroppmann. | |
Der Sonderermittler des Bundeskriminalamtes machte es sich schnaufend in | |
seinem Drehsessel bequem und betrachtete die mobile „Irrenwand“, die er bei | |
langwierigen Ermittlungen immer in seinem Transit mit sich führte. Auf | |
einer großen Spanholzplatte waren Fotos von Röder, Schrunz und den Triaden | |
angepinnt, zwischen denen rote Wollfäden hin und her gezogen waren, um die | |
Verbindungen deutlich zu machen. Unter den Bildern standen Anmerkungen wie | |
„Täter“, „Warum?“ oder „Mutter!“. Unter das Foto von Röder schrie… | |
mit einem wasserfesten Stift eine neue Erkenntnis: „psychoaktive Drogen“. | |
Schroppmann lächelte in sich hinein. Wegen einer solchen „Irrenwand“, wie | |
Bullen es nennen, wenn sie unter sich sind, war er überhaupt erst zum | |
Kommissar geworden. Als Kind schon hatte er die Fahndungswände in Thrillern | |
bewundert und sich immer eine eigene gewünscht. Und schließlich hatte er in | |
Quantico gelernt, sie professionell anzufertigen. Die schönste Zeit seines | |
Lebens, das Semester als Hospitant an der FBI-Akademie. Dort hatte er sich | |
alles angeeignet, was er heute konnte. Deshalb erkannte er gleich, dass die | |
Triaden Röder ein Psychotropikum verabreicht hatten. Auf Droge kämpfte der | |
Entführte mit Drachen, wo andere weiße Mäuse sahen. | |
Damals in Quantico hatte er seine Abschlussarbeit zum Thema | |
„Transgender-Maskierung bei der Verbrechensbekämpfung“ verfasst. Das | |
Zeugnis mit der Note eins überreichte ihm bei der Abschlussfeier seines | |
Jahrgangs der für eine Rede eingeladene Schauspieler Zeeko Zaki, der in der | |
Fernsehserie „FBI“ den „Agent OA Zidan“ verkörperte, den ersten | |
muslimischen Bundesagenten des Federal Bureau of Investigation. | |
## Erster Fahnder | |
Schroppmann war sehr stolz auf den Handschlag mit OA und dessen Lob, er, | |
Schroppmann, habe fantastische Arbeit geleistet und sei wohl der erste | |
Fahnder weltweit, der bei Verfolgungsjagden in Windeseile sein Geschlecht | |
wechseln konnte. Und als Irmina Hornbach wollte er jetzt die Triaden | |
endgültig dingfest machen. | |
Schroppmann ahnte, dass die Triaden Drogen aus Südamerika im Danziger | |
Goldwasser schmuggelten, das sie in ihrem Hobbykeller lagerten. Die bei | |
jeder Bewegung der Flasche aufwirbelnden güldenen Plättchen waren | |
wahrscheinlich in pures Blattgold getränkte Binoide, eine extrem seltene | |
Substanz, die Hauptbestandteil aller Drogen dieser Welt war und damit | |
lukrativer noch als der reinste Stoff. Nicht zu verwechseln mit Bionade. | |
Schroppmanns Lieblingsgetränk. Durstig nahm er einen erfrischenden Schluck. | |
Der durchtriebene Röder aber war ihnen seinerzeit auf die Schliche gekommen | |
und hatte entdeckt, dass es Knoten bräuchte, um die Substanz wieder vom | |
Gold zu trennen, das Knotenlösungsmittel „Ji“, das aus Labors in China | |
stammte. Röder hatte Schrunz alles erzählt, und Schrunz gestand es in einem | |
schwachen Moment seiner Mutter, die Schroppmanns Geliebte wurde, als er mit | |
hochfliegenden Plänen aus Quantico heimkehrte. | |
Fast hätte der Kommissar die Triaden-Killer damals bereits am Wickel | |
gehabt. Bei einem Schusswechsel im Chinesenviertel hatte Schroppmann mit | |
seiner blauen Beretta Nano Heinz Müller eine Kugel verpasst, ein glatter | |
Durchschuss der Schulter. Der Bandenboss konnte jedoch in eine U-Bahn | |
springen und fliehen. | |
Eine Ära der Liebe und der Jagd. Schroppmann war vor Theodora auf die Knie | |
gefallen und hatte ihr einen Heiratsantrag gemacht, doch ihrem missratenen | |
Sohn passte die Liaison mit dem Bullen gar nicht, und so beauftragte | |
Schrunz die Triaden, seine redselige Mutter vorzeitig den Weg allen | |
Fleisches gehen zu lassen. | |
Ach, Theodora Schrunz, geborene Buntschuh, wärst du doch nur jetzt hier bei | |
mir, trauerte Schroppmann der zweitschönsten Zeit seines Lebens nach, als | |
plötzlich die Tür des Transits aufgerissen wurde … | |
23 Aug 2024 | |
## AUTOREN | |
Michael Ringel | |
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