# taz.de -- Transparenz bei Lebensmittelpreisen: Wissen, wie viel das Essen kos… | |
> Verbraucherzentralen wollen Lebensmittelpreise beobachten, um | |
> ungerechtfertigten Preiserhöhungen auf die Spur zu kommen. Frankreich ist | |
> schon Vorbild. | |
Bild: Wie die Schiebetür: Lebensmittelpreise sollten transparent sein, sagt de… | |
Berlin taz | Weniger in der Packung bei gleichem Preis oder billige | |
Rohstoffe auf der Zutatenliste: Das sind Erfahrungen, die Kunden im | |
Supermarkt in den letzten Jahren immer wieder machten. „Die | |
Verbraucherzentralen haben im vergangenen Jahr so viele Mogelpackungen | |
gefunden wie nie zuvor“, stellt Ramona Pop, Chefin des Verbraucherzentrale | |
Bundesverbands (vzbv) fest. | |
Neben [1][solch verdeckten Preiserhöhungen] gab es reihenweise offene | |
Steigerungen, abgekoppelt von der allgemeinen Teuerung. 2023 stiegen die | |
allgemeinen Lebenshaltungskosten um 5,9 Prozent, während Verbraucher für | |
Lebensmittel 12,4 Prozent mehr ausgeben mussten. | |
Warum das so ist, scheint niemand genau zu wissen. „Lebensmittelpreise sind | |
eine Blackbox“, sagt Pop. Um das zu ändern, plädiert der vzbv für eine | |
unabhängige Transparenzstelle, die die Kosten aller an der Erzeugung, der | |
Verarbeitung und am Vertrieb beteiligten Akteure offenlegt. So sollen | |
ungerechtfertigte Preiserhöhungen schneller auffallen. | |
In anderen Ländern gibt es das bereits, etwa in Frankreich. Aus dem Bericht | |
der dort zuständigen Stelle an das Parlament geht zum Beispiel hervor, dass | |
von einem Liter H-Milch zum Ladenpreis von 88 Cent 24 Cent beim Bauern, 36 | |
Cent bei den Verarbeitern und 23 Cent beim Handel landen. Dazu kommt noch | |
die Mehrwertsteuer. | |
## „Verbraucher vor zu hohen Preisen schützen“ | |
„Eine Preisbeobachtungsstelle kann unfaire Praktiken aufdecken und so | |
Verbraucher vor zu hohen Preisen an der Ladentheke schützen“, hofft Pop. | |
Laut Pop geben die Deutschen im Durchschnitt zwar nur 11 Prozent ihres | |
Budgets für Nahrungsmittel aus. Doch bei Geringverdienern mit weniger als | |
1.300 Euro im Monat verschlingt der Einkauf fast ein Viertel des | |
Einkommens. | |
Ob die Umsetzung des vzbv-Vorschlags möglich ist, hat der Verband von der | |
[2][Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI)] untersuchen lassen. Das | |
Ergebnis wurde nun vorgestellt: Eine Beobachtung der Preisentwicklung | |
entlang der gesamten Wertschöpfungskette bei Lebensmitteln ist demnach | |
umsetzbar. | |
AMI-Studienautor Hans-Christoph Behr zeigt am Preis für ein Kilogramm | |
Tomaten in Deutschland 2019, wie er [3][transparent dargestellt werden | |
kann]. Die Verbraucher zahlten 2,59 Euro. 17 Cent davon kassierte das | |
Finanzamt an Mehrwertsteuer. Zwei Euro bezahlte der Händler beim Einkauf. | |
Das machte eine Bruttomarge von 42 Cent für den Supermarkt. Der Anbieter | |
der Tomaten wiederum erwarb die Rohware für 1,17 Euro beim Erzeuger. | |
Abzüglich seiner Kosten blieben 18 Cent als Marge übrig. Bei den Landwirten | |
am Anfang der Kette kam ein Plus von 16 Cent heraus. Der Rest ging für den | |
Anbau, die Ernte oder die Heizenergie drauf. | |
## EU beobachtet Lebensmittelpreise | |
Viele für die Preiszusammensetzung benötigte Daten liegen schon vor. Die | |
Europäische Kommission hat im April 2024 das „Agriculture and Food Chain | |
Observatory“ (AFCO) gegründet, das die Preise EU-weit beobachten soll. Der | |
vzbv will, dass sich Deutschland in Brüssel für einheitliche | |
Berichtspflichten in den Mitgliedstaaten einsetzt. | |
Die Bundesregierung solle die Transparenzstelle bei der Bundesanstalt für | |
Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ansiedeln, die dem | |
Bundeslandwirtschaftsministerium unterstellt ist. Die Ergebnisse der | |
Marktbeobachtung soll das BLE einmal jährlich in einem Bericht an den | |
Bundestag zusammenfassen. Allerdings gab der Bund bisher keine | |
entsprechenden Pläne bekannt. | |
Laut Pop könnten die Datenlücken bei Preisen und Kosten durch | |
Meldeverordnungen geschlossen werden. Ein Ziel sei auch die Kooperation mit | |
land- und ernährungswirtschaftlichen Organisationen, um vorhandene Daten | |
nutzbar zu machen. | |
29 Aug 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Tricks-von-Lebensmittelproduzenten/!6017860 | |
[2] https://www.ami-informiert.de/ami-maerkte | |
[3] /Der-Check/!6007024 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Mulke | |
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