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# taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: Allianz der Bedrohten gesucht
> Die queere Szene streitet über Nahost, während sich faschistische Gewalt
> normalisiert. Die Antifa fragt sich, wie es nach rechten Erfolgen
> weitergeht.
Bild: Der Nazi fürchtet den Volkstod, oder doch nur seine eig'ne Not?
Es war zu erwarten: Nachdem rund um den CSD vielerorts die andauernden
Kriegsverbrechen der israelischen Armee in Palästina thematisiert wurden,
hagelt es Kritik. Hämisch wird über „Queers for Palestine“ hergefallen,
weil die Hamas bekanntlich queere Menschen verfolgt und tötet. Vorgeworfen
wird den Aktivist:innen [1][„Selbsthass“ (Berliner Zeitung)], die
Jungle World sprach kürzlich vom [2][„queeren Stockholm-Syndrom“]. In der
taz wurde [3][zustimmend Benjamin Netanjahu zitiert], der witzelte, „Queers
for Palestine“, das sei doch nichts anderes als „Chickens for KFC“.
Es ist leicht, sich über „Queers for Palestine“ lustig zu machen. In Gaza
werden Queers verfolgt, in Tel Aviv tanzen sie in Nachtclubs. Aber es
stimmt nun mal auch, dass die israelische Armee in Gaza nun im zehnten
Monat Palästinenser:innen in all ihrer Diversität tötet und ihre
Lebensgrundlagen vernichtet. Man muss schon erschreckend blind für diese
Gewalt sein, wenn man nun auf Israel als natürlichen Alliierten
palästinensischer Queers verweist.
Offensichtlich setzt auch nur die Chance einer palästinensischen queeren
Emanzipation das Ende von Krieg und Besatzung voraus. Sich gegen den Krieg
zu engagieren, ist deshalb durchaus folgerichtig. Wenn aber auf den
israelischen Staat als Ally der palästinensischen Queers verwiesen wird,
suggeriert das, die IDF-Soldat:innen würden palästinensische Queers von
ihren barbarischen Mitmenschen befreien. Genau dieses Narrativ kritisieren
die „Queers for Palestine“ als Pinkwashing.
Und trotzdem stimmt es, wenn den „Queers for Palestine“ vorgeworfen wird,
die antiqueere Gewalt des Islamismus zu vernachlässigen. Dass nicht für die
bedingungslose queere Befreiung in allen Richtungen gekämpft wird, ist in
der Tat fatal. Denn so wird keine Allianz der Betroffenen gegen jede Form
des Faschismus aufgebaut. So werden jüdische Queers, die nicht exakt
dieselben Positionen wie die Bewegung vertreten, ausgeschlossen. Das ist
schlicht nicht akzeptabel. Doch die propalästinensische Bewegung hat sich
derart in einer Radikalisierungsspirale verrannt, dass sie nur noch Freund
und Feind kennt.
## Winter is coming
In dieser Situation stehen viele Linke am Seitenrand, von der Einseitigkeit
beider Seiten abgeschreckt, unfähig, sich irgendwo anzuschließen. Dabei
wäre gerade heute eine Allianz aller Betroffenen gegen den Faschismus so
wichtig. Auf der CSD-Hauptparade musste die Polizei Neonazis festsetzen,
die sonst CSD-Teilnehmer:innen attackiert hätten. Bei Pride-Paraden an
vielen anderen Orten gehört das inzwischen einfach dazu. Die faschistische
Gewalt normalisiert sich. Sich in dieser Situation über Nahost zu streiten,
ist absurd.
Besser wäre es, es der Antifa gleichzutun und sich auf weitere rechte
Landnahmen vorzubereiten. Unter dem Motto [4][„Winter is coming – Linke
Praxis unter rechter Macht“] haben „Prisma – IL Leipzig“ und die IL Ber…
dazu Aktivist:innen aus Polen, Ungarn, Österreich und Italien
eingeladen, die bereits Erfahrungen mit rechten Regierungsübernahmen
sammeln mussten. Gemeinsam soll beraten werden, was zu tun ist, wenn das
Schlimmste eintritt (Mittwoch, 31. 7., About Blank, Markgrafendamm 24c, 19
Uhr).
Sehr konkret ist diese Gefahr für Menschen in Ostdeutschland. Im September
wird in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gewählt. Die [5][North East
Antifa] stellt sich in Bezug auf Brandenburg deshalb mit Antifas aus
Falkensee, Königs Wusterhausen und Finsterwalde die Frage, [6][was
migrantische, linke und queere Strukturen nun zu befürchten haben]. Die
Strukturen aus Brandenburg stellen dabei ihre Arbeit vor und legen dar,
welchen Support sie aus Berlin benötigen (Sonntag, 4. 8., Baiz, Schönhauser
Allee 26a, 19 Uhr).
Fest steht: Im Falle einer rechten Regierungsübernahme dürften Repressionen
gegen Linke noch zunehmen. Die sind allerdings bereits heute enorm.
Beispiel Raum Leipzig: Hier soll es in den letzten 3,5 Jahren 80
Hausdurchsuchungen gegeben haben, zudem wurden Kameras und Observationen
aufgedeckt. Eine [7][Infoveranstaltung] setzt sich mit dieser Repression am
Beispiel des Antifas Benni auseinander, der wegen eines mutmaßlichen
Brandsatz-Wurfs bis kürzlich ein halbes Jahr in U-Haft saß. Geplant ist
auch eine Diskussion zur Militanz (Samstag, 3. 8., Kalabal!k Reichenberger
Str. 63a, 19 Uhr).
## Querdenken-Jahrestag
Eine Möglichkeit, die Toten in Gaza zu betrauern, bietet die [8][stille
Prozession der Grieving Doves], eine von Poesie, Musik und Kunst geprägte
Inszenierung, die Raum für die Namen der Zehntausenden schaffen soll, die
auch mit deutschen Waffen getötet wurden. Diese Namen werden auf den
Flügeln der Künstler:innen und der riesigen Taube Filistine zu finden
sein, die die familienfreundliche Prozession begleitet. Weiße Kleidung,
Fahnen und Lichterketten sind willkommen (Samstag, 3. 8., Karl-Marx-Platz,
19 Uhr).
Anschließend findet in der Köpi ein [9][Soli-Punkkonzert für Betroffene der
polizeilichen Repressionen gegen Palästinasolidarität] statt. Es spielen
Zanjeer (Politischer Hardcore Punk, Deutschland), Krayat (Punk/Hardcore,
Berlin), Teppebombe (Rawpunk, Oslo) und Molbo (Egg Punk, Oslo).
Anschließend legt Dj Moppi Gallopi (Rita Riot) auf (Samstag, 3. 8.,
Köpenicker Straße 137, 22 Uhr).
Übrigens: Am Samstag (3. 8.) ist für die Querdenken-Bewegung der Jahrestag
ihrer ersten großen Demonstration in Berlin 2020, weshalb die Reste der
Szene zu einer nostalgischen Zusammenkunft aufrufen. Die Initiative
Geradedenken organisiert mit einer Reihe anderer Gruppen [10][eine
Gegendemo] gegen „Faschismus und sozialkalte Politik“, die um 13:45 Uhr auf
der Herkulesbrücke startet. Die Antiverschwurbelte Aktion und die Omas
gegen Rechts haben noch weitere Gegenproteste entlang der Route der
selbsternannten Querdenker:innen angemeldet – [11][eine Übersicht zum
Protestgeschehen gibt es hier].
30 Jul 2024
## LINKS
[1] https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/queers-for-palestine-stoer…
[2] https://jungle.world/artikel/2024/27/queers-for-palestine-das-queere-stockh…
[3] /Queere-Palaestinafreunde/!6023769
[4] https://x.com/IL_Berlin/status/1813895150713880791
[5] /Aktivist-ueber-Gewalt-gegen-Antifa/!6020286
[6] https://stressfaktor.squat.net/node/306693
[7] https://stressfaktor.squat.net/node/306694
[8] https://www.instagram.com/p/C99yrdosc5b/
[9] https://stressfaktor.squat.net/node/306773
[10] https://www.instagram.com/p/C9-eUN5sPYv/?img_index=1
[11] https://berlin-gegen-nazis.de/protest-gegen-verschwoerungsideologischen-ja…
## AUTOREN
Timm Kühn
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