# taz.de -- Schutz gegen tödliche Hitze: Unverbindliche Empfehlungen | |
> Während viel Geld in die Verkehrssicherheit geht, gibt es keines für den | |
> Hitzeschutz. Dabei gibt es hierzulande mehr Hitzetote als auf den | |
> Straßen. | |
Bild: Mehr Geld für Bäume als Hitzeschutz | |
Verkehrssicherheit sei „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, betont die | |
Bundesregierung. Deshalb gibt sie jedes Jahr Milliarden aus, um den Verkehr | |
auf Deutschlands Straßen sicherer zu machen. Auch Hitzeschutz sei ein | |
wichtiges Thema, erklärte in dieser Woche SPD-Bundesbauministerin Klara | |
Geywitz. Deshalb stellte sie eine „Handlungsstrategie“ vor: Beispielsweise | |
wird Raum für mehr Grün empfohlen. Denn Bäume kühlen ihre Umgebung um | |
mehrere Grad. | |
Frisches Geld, um neue Bäume zu pflanzen, machte die Bundesregierung | |
allerdings nicht locker. Dabei sterben bereits heute mehr Deutsche an der | |
Hitze als auf Deutschlands Straßen. Der vergangene Sommer ist nicht als | |
sonderlich heiß in Erinnerung, trotzdem [1][zählte das Robert-Koch-Institut | |
3.200 Hitzetote]. In den heißen Sommern 2018 und 2019 gab es jeweils über | |
7.000 hitzebedingte Sterbefälle. | |
Im Straßenverkehr starben im vergangenen Jahr 2.839 Menschen. Fast neun | |
Milliarden Euro werden in diesem Jahr in den deutschen Straßenverkehr | |
investiert, [2][knapp doppelt so viel wie vor 20 Jahren]. Für den | |
Hitzeschutz hingegen gibt es lediglich „Handlungsempfehlungen“. | |
Für die Städtebauförderung stehen insgesamt 790 Millionen Euro bereit. Wer | |
Geld aus diesem Topf bekommen will, „muss Klimaanpassung mitdenken“, sagt | |
Geywitz. | |
Dieses Missverhältnis der Mittel sagt sehr viel über unsere Gesellschaft | |
aus. Erstens: Der Klimawandel wird immer noch als ein Problem in der | |
Zukunft angesehen, um das sich Politik akut nicht wirklich kümmern muss. | |
Dabei zeigt gerade der Baubereich, wie falsch das ist. So müssten dringend | |
die Vorschriften geändert werden. Aktuell werden Neubauten immer noch nach | |
DIN-Vorschriften gedämmt, die auf jenem gemäßigten Klima beruhen, das es | |
früher hierzulande einmal gab. | |
## Deutschland bleibt in der Hand der Autofetischist:innen | |
Die „Handlungsempfehlungen“ für den Hitzeschutz zeigen, dass die Politik | |
zweitens nicht gewillt ist, tatsächlich zu handeln. Anders dagegen | |
Frankreich. Um seine Hitzenotfallpläne zu finanzieren, hatte Frankreichs | |
Regierung 2003 den Pfingstmontag als Feiertag abgeschafft. Zwar musste sie | |
das nach harten Protesten 2010 wieder korrigieren. Experten beurteilen | |
[3][das französische Notfallkonzept heute allerdings als vorbildlich]. Es | |
gibt ein Meldesystem und eine Infrastruktur, die sich um bedrohte Menschen | |
kümmert. | |
Deutschland bleibt drittens fest in der Hand der Autofetischist:innen. | |
Unter Hitze leiden Alte, Kleinkinder, Schwangere, Vorerkrankte – Menschen | |
also, die sich selbst schlecht wehren können. Und anders als | |
Autofahrer:innen haben sie keine Lobby: Der Aspekt des Überlebens | |
jedenfalls ist kein Grund, dass derart viel Geld in den Verkehr gesteckt | |
wird, während der Hitzeschutz leer ausgeht. | |
4 Aug 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/hitze | |
[2] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/7118/umfrage/investitionen-d… | |
[3] /Expertin-ueber-Hitzeschutz-in-Deutschland/!5947434 | |
## AUTOREN | |
Nick Reimer | |
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