# taz.de -- Erdgasförderung im Wattenmeer: Unesco protestiert gegen Gasbohrung | |
> Im Kampf gegen die Erdgasbohrungen vor Borkum klagen Umweltverbände gegen | |
> die Genehmigung eines Seekabels – und mobilisieren die Unesco. | |
Bild: Noch ist es Weltnaturerbe: Wattenmeer der südöstlichen Nordsee um die I… | |
Hannover taz | Im langen Streit um die [1][geplante Gasbohrung vor Borkum] | |
nahe dem Nationalpark Wattenmeer hatten die Umweltverbände am Freitag | |
gleich zwei Neuigkeiten zu verkünden. Zum einen hat sich die Unesco | |
kritisch zum Umgang mit dem Weltnaturerbe Wattenmeer geäußert. Zum anderen | |
geht der Rechtsstreit um eine der notwendigen Genehmigungen in eine neue | |
Runde. | |
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat beim Verwaltungsgericht Oldenburg Klage | |
gegen die niedersächsische Landesregierung eingereicht. Dabei geht es nicht | |
um die Bohrung selbst, sondern um die Genehmigung eines Seekabels, das die | |
Bohrplattform mit Strom aus dem Offshore-Windpark Riffgat versorgen soll. | |
Die Verlegung dieses Kabels war eigentlich schon 2022 genehmigt worden. | |
Doch neu entdeckte schützenswerte Steinriffe machten eine Erweiterung der | |
Genehmigung notwendig. Die Deutsche Umwelthilfe, der BUND und die | |
Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland hatten schon gegen den Antrag | |
des niederländischen Konzerns One-Dyas geklagt und das Projekt damit | |
vorerst gestoppt. | |
Vor gut einem Monat, am 19. Juni, verkündete der zuständige | |
Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und | |
Naturschutz (NLWKN) dann jedoch, [2][die Genehmigung erteilt zu haben] und | |
ordnete den sofortigen Vollzug an. Die Genehmigung wurde modifiziert, | |
One-Dyas musste höhere Ausgleichszahlungen leisten. Dagegen wendet sich | |
jetzt die Klage der Umweltverbände, die auch ein Eilverfahren anstreben. | |
## CEO greift Minister an | |
Die Genehmigung für die eigentliche Gasförderung steht noch aus. Hier läuft | |
noch das Planfeststellungsverfahren beim Landesamt für Bergbau, Energie und | |
Geologie (LBEG). Das ist notwendig, weil die Bohrplattform zwar auf | |
niederländischem Gebiet steht, das zu fördernde Gasfeld aber zur Hälfte auf | |
niedersächsischem Gebiet liegt. | |
Auch in den Niederlanden ist das Verfahren seit 2022 bereits durch mehrere | |
Instanzen gegangen. Gegen die Genehmigung durch das niederländische | |
Wirtschaftsministerium hatten Umweltverbände aus Deutschland und den | |
Niederlanden sowie die Insel Borkum zunächst erfolgreich geklagt. Ein | |
Verwaltungsgericht befand die Umweltverträglichkeitsprüfungen für | |
unzureichend und verhängte einen Baustopp. Dieser wurde jedoch vor gut | |
einem Monat, am 21. Juni, vom obersten Verwaltungsgericht in Den Haag | |
aufgehoben, nachdem auch hier nachgebessert worden war. | |
One-Dyas verkündete daraufhin prompt, die Bauarbeiten jetzt energisch | |
vorantreiben zu wollen – immerhin ist ein Förderbeginn für Ende 2024 | |
geplant. | |
Erst vor zwei Wochen hatte die Deutsche Umwelthilfe ein Schreiben | |
öffentlich gemacht, in dem der CEO des niederländischen Konzerns | |
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und seine zuständigen Minister Olaf | |
Lies (SPD) und Christian Meyer (Grüne) [3][massiv angreift und mit | |
Schadensersatzklagen droht], sollten sich die Genehmigungen weiter | |
verzögern. | |
One-Dyas hat nach eigenen Angaben bereits 300 Millionen Euro in das Projekt | |
investiert. Vor allem unter dem Eindruck der durch den russischen | |
Angriffskrieg ausgelösten Gaskrise schien das Projekt eine Zeit lang so | |
viel politischen Rückenwind zu haben, dass die Genehmigung fast sicher | |
schien. | |
Dagegen wehren sich verschiedenste Umweltverbände mit allen ihnen zur | |
Verfügung stehenden Mitteln. Auch die Rüge der Unesco geht auf eine | |
Beschwerde von Naturschützern zurück, beteiligt war unter anderem der Nabu | |
Niedersachsen. Bereits im vergangenen Jahr hatte sich das zuständige | |
[4][Unesco-Komitee kritisch zum Umgang mit dem Wattenmeer geäußert], nun | |
verabschiedete es am Donnerstag auf seiner Sitzung in Neu-Delhi eine | |
entsprechende Protestnote. | |
## Bessere Abstimmung der Anrainer | |
Kritisiert wird vor allem, dass kumulative Effekte der einzelnen Projekte | |
nicht ausreichend berücksichtigt werden. So werde nicht untersucht, wie | |
sich eine mögliche Absenkung des Meeresbodens durch Gas-, Öl- und | |
Salzförderung im Zusammenspiel mit dem klimabedingten Meeresspiegelanstieg | |
auswirkt. | |
Überhaupt sei der Abbau dieser Rohstoffe mit dem Status als Weltnaturerbe | |
unvereinbar – und das gelte auch für Gebiete in unmittelbarer Nachbarschaft | |
zum ausgewiesenen Schutzgebiet. Auch die zunehmende Nutzung für | |
Windenergieanlagen wird kritisch gesehen. Um die Eingriffe so gering wie | |
möglich zu halten, müssten sich die drei Wattenmeer-Anrainerstaaten | |
Niederlande, Deutschland und Dänemark bei der Entwicklung der Anlagen und | |
der Anbindung an das Festland besser abstimmen. | |
Auch der Nabu fordert schon länger, Kabeltrassen und Pipelines vorzugsweise | |
in den Fahrrinnen von Ems, Weser und Elbe zu verlegen, wo der Meeresboden | |
ohnehin schon geschädigt ist. Unmittelbare Folgen hat der kritische Bericht | |
des Unesco-Komitees allerdings vorerst nicht – bis zur Aberkennung des | |
Welterbe-Status müsste noch einiges passieren. Und noch sind nicht alle | |
Gerichtsverfahren entschieden. | |
29 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
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