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# taz.de -- Reform der Steuerklassen: Das Ehegattensplitting muss weg
> FDP-Finanzminister Christian Lindner rühmt sich, mit der Abschaffung der
> Steuerklassen 3 und 5 modern zu sein. Aber das ist eine Mogelpackung.
Bild: Es läuft gerade für ihn: Christian Lindner
Für Christian Lindner läuft es gerade gut: Nach dem umstrittenen Haushalt
ist jetzt auch das Jahressteuergesetz durch. Auf einen Punkt im
[1][„Steuerfortentwicklungsgesetz“] ist der Finanzminister besonders stolz:
die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 ab 2030. Das soll für mehr
Steuergerechtigkeit bei Paaren sorgen, die unterschiedlich verdienen.
Bisher ist es vielfach üblich, dass – machen wir es klassisch – der Mann
mit einer Vollzeitstelle und einem hohen Gehalt die [2][Steuerklasse 3]
wählt und die Frau mit einem Teilzeitjob und einem wesentlich geringerem
Verdienst die Steuerklasse 5. Dadurch zahlt der Mann sehr wenig Steuern,
die Frau sehr viel. Sie hat am Monatsende vom ohnehin geringeren Brutto
noch weniger Netto, bei ihm ist es umgekehrt. Das führt bis heute dazu,
dass vor allem Frauen eher in Teilzeitjobs verharren, weil sich mehr
Erwerbstätigkeit für sie finanziell weniger lohnt.
Das neue Modell „Zweimal Steuerklasse 4 mit Faktor“ soll das aufweichen und
damit diverse Geschlechterungerechtigkeiten und -lücken beheben. Auf den
ersten Blick sieht es auch ganz danach aus: Der Mann – bleiben wir bei
dieser Konstellation – muss dann mehr Steuern zahlen, die Frau weniger. Sie
hat also mehr Netto vom Brutto, er ein bisschen weniger.
Und doch steckt in dem neuen Modell weniger drin, als drauf steht.
Insgesamt ändert sich an der Steuerleistung des Paares nichts. Wer wirklich
für mehr Gerechtigkeit zwischen Frauen und Männern, für mehr Erwerbsarbeit
von Frauen und für geringere Lohn- und Rentenlücken sorgen will, muss das
Ehegattensplitting abschaffen. Nur sah das Lindners Plan niemals vor.
Gerade die Wählerschaft von Lindners FDP profitiert von diesem patriarchal
angelegten Steuermodell. In der FDP-Klientel befinden sich viele
Top-Alleinverdiener:innen.
Es kann [3][nicht oft genug gesagt werden:] Das Ehegattensplitting gehört
abgeschafft. Mittlerweile fordern das nicht nur egalitäts-orientierte
Politiker:innen und [4][progressive Expert:innen], selbst der
Internationale Währungsfonds kritisiert, dass dieses Splittingmodell Frauen
daran hindert, sich aus ihren traditionellen Rollen zu befreien, mehr
Erwerbsarbeit zu leisten und dadurch unabhängiger von Mann und Staat zu
werden.
Das aber weiß man hierzulande und auch innerhalb der Ampel stoisch zu
ignorieren. Aus gutem Grund: Mit dem Ruf nach dem Ende des
Ehegattensplittings würde man noch mehr Wähler:innen verlieren als mit
der Reform des Bürgergelds. Das riskieren weder die [5][Grünen, denen das
Ehegattensplitting] seit Jahren ein Dorn im Auge ist, noch die [6][SPD, die
sich dazu schon lange nicht mehr äußert]. Und für die traditionell
orientierte CDU-Klientel wäre das ein weiteres gefundenes Fressen.
29 Jul 2024
## LINKS
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[3] /Streit-ums-Ehegattensplitting/!5887939
[4] /Nobelpreis-fuer-feministische-Oekonomie/!5962316
[5] /Einkommen-Alleinerziehender/!5851515
[6] /Debatte-um-Ehegattensplitting/!5947048
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Ehegattensplitting
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Christian Lindner
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