# taz.de -- Grüne sehen Verkehrswende in Gefahr: Osnabrück sucht Parkplätze | |
> In Osnabrück parken Autos des städtischen Carsharing-Anbieters auch auf | |
> privaten Grundstücken. Die Chance, das zu ändern, hat die Stadt nun | |
> vergeben. | |
Bild: In Osnabrück offenbar ein Ding der Unmöglichkeit: Carsharing-Parklätze | |
Osnabrück taz | Wer im niedersächsischen Osnabrück nach Anzeichen der | |
Verkehrswende sucht – in einer Stadt, die einst stolz darauf war, als | |
„Autostadt“ zu gelten – wird fündig, aber nur bedingt. Der motorisierte | |
Individualverkehr hat hier nach wie vor viele Freunde. | |
Doch es gibt Lichtblicke. Einer davon heißt: Stadtteilauto OS. Der | |
kommunale [1][Carsharing]-Anbieter, als Teil der Stadtwerke Osnabrück im | |
Besitz der Stadt, ist eine Erfolgsgeschichte. Er ist im Prinzip in Stadt | |
und Region konkurrenzlos. | |
Das Problem: Lange standen viele seine Fahrzeuge an eher verstecken Orten, | |
auf Privatgrundstücken, fernab von den gut sichtbaren und leicht | |
erreichbaren Stellplätzen im öffentlichen Raum. | |
Das hätte Osnabrück längst ändern können, aber lange geschah nichts. Es hat | |
bis 2020 gedauert, ehe das 2017 in Kraft getretene Carsharinggesetz (CsgG) | |
des Bundes, das Bevorrechtigungen „für das Parken auf öffentlichen Straßen | |
oder Wegen“ vorsieht, als „Sondernutzung für stationsbasiertes Carsharing�… | |
ins Niedersächsische Straßengesetz (NStrG) umgesetzt war. Und selbst dann | |
ließ Osnabrück sich weiter Zeit und leitete gar nichts in die Wege. | |
[2][Der Antrag „Einrichtung öffentlicher Carsharing-Stellplätze“ der | |
Mehrheits-Ratsgruppe Grüne/Volt/SPD] im Ausschuss für Stadtentwicklung und | |
Umwelt von Mitte 2022 zeigt das deutlich: Es stelle sich die Frage, heißt | |
es darin, „warum immer noch keine Carsharing-Fahrzeuge auf öffentlichem | |
Grund zu finden sind“. Der Ausschuss möge die sofortige Einrichtung | |
beziehungsweise Ausschreibung beschließen. Das tat er auch, und zwar | |
einstimmig. | |
## Carsharing in Osnabrück kein Selbstläufer | |
Zähe Sache also, dieses Carsharing. Erst Anfang 2024 schrieb die Stadt | |
Osnabrück dann 79 Carsharing-Parkplätze im öffentlichen Verkehrsraum aus. | |
Die Ausschreibung umfasste zwei sogenannte Lose, also einmal 40 und einmal | |
39 Stellplätze. | |
Chronisch knapp an Plätzen für ihre derzeit 149 ortsfesten | |
Carsharing-Fahrzeuge bewarb sich Stadtteilauto OS. Allerdings trat das | |
Unternehmen schnell wieder auf die Bremse: Es zog eine seiner Bewerbungen | |
zurück, nach einer „genauen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung“, sagt | |
Stadtwerke-Sprecher Marco Hörmeyer der taz. Für die 39 Plätze erhielt es | |
den Zuschlag. | |
„Es wäre schön gewesen, beide Lose zu bekommen“, sagt Hörmeyer. „Aber … | |
hätte zu einem immensen externen finanziellen Bedarf geführt. Und | |
Wirtschaftlichkeit ist für uns oberstes Gebot.“ Es gehe ja nicht nur um die | |
Kosten der Stellplätze selbst, auch um flankierende Investitionen, etwa für | |
die Fahrzeuge. | |
## Grüne sehen Verkehrswende in Gefahr | |
Der Vorgang lasse an der „Ernsthaftigkeit der Verantwortlichen“ zweifeln, | |
urteilt Maximilian Strautmann, der Vorsitzende des Stadtverbands der | |
Osnabrücker Grünen, in einer Erklärung. Man schieße hier „unkoordiniert | |
Eigentore gegen die [3][Verkehrswende]“. Angesichts der Klimaziele und | |
Osnabrücks voller Straßen seien „Anstrengungen von allen Seiten“ geforder… | |
sagt Strautmann der taz, „insbesondere von der Stadtspitze“. | |
Das sieht auch der Kreisverband Osnabrück des Verkehrsclubs Deutschland | |
(VCD) so. „Es hätte eine vernünftige Absprache geben müssen“, sagt sein | |
Sprecher Tobias Demircioglu der taz. „Man sollte sich an einen Tisch | |
setzen.“ | |
Rechtlich wäre eine Absprache unzulässig, sagt Hörmeyer. „Die Stadt als | |
Vergabebehörde muss eine solche Ausschreibung diskriminierungsfrei | |
handhaben, sonst käme man in Teufels Küche.“ | |
Nachteile für den Ausbau des Carsharing-Netzes habe die nur halb | |
erfolgreiche Bewerbung nicht, sagt Hörmeyer. „Wir können unser Angebot ja | |
auch ausweiten, indem wir privaten Parkraum nutzen.“ Bei den 39 neuen | |
Stellplätzen, verteilt auf das gesamte Stadtgebiet – eine Chance auch auf | |
mehr Dezentralität der Flottenplatzierung – soll es also nicht bleiben. | |
Wie teuer die Parkplätze waren? Ob es mehrere Bewerber gab? Warum die Stadt | |
ihrem Tochter-Tochter-Unternehmen nicht entgegenkommen konnte und wie sie | |
die Kritik der Grünen bewertet? Osnabrücks Sprecher lassen alle Fragen der | |
taz unbeantwortet. | |
24 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Carsharing-auf-dem-Vormarsch/!5995255 | |
[2] https://fraktion-gruene-os.de/ratspolitik/antraege/ratsantraege-einzelansic… | |
[3] /Weniger-los-auf-Fernstrassen/!6021938 | |
## AUTOREN | |
Harff-Peter Schönherr | |
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