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# taz.de -- Kamala Harris: Sie wird kämpfen
> Schnell versammelten sich führende Demokrat:innen hinter einer
> Präsidentschaftsbewerberin Harris. Kann die frühere Staatsanwältin auch
> Präsidentin?
Bild: Kamala Harris, hier im Wahlkampf 2019
Nach sieben Minuten und 56 Sekunden fand sich Brett Kavenaugh in einem
Zustand, den man wohl als medium rare bezeichnen könnte. Nur sieben Minuten
und 56 Sekunden hatte Kamala Harris bei der Anhörung im Justizkomitee des
US-Senats am 6. September 2018 gebraucht, um den von Donald Trump
nominierten Richter für den Obersten Gerichtshof perfekt gegrillt der
Öffentlichkeit zu servieren.
„Hm, ich erinnere mich nicht. Aber wenn Sie etwas haben, dass Sie würden …
Ich muss wissen … Ich bin nicht sicher, ob ich jeden kenne…“, stolperte
sich Kavenaugh durch Harris’ Befragung. Die US-Senatorin, spätere
Vizepräsidentin und ehemalige Generalstaatsanwältin von Kalifornien tat dem
Richter damals nicht den Gefallen, dessen Erinnerung aufzufrischen. Er habe
doch selbst „ein tadelloses Gedächtnis“. Es war ein Harris-Auftritt für d…
Geschichtsbücher. Der Auftritt einer brillanten Staatsanwältin. Aber kann
sie auch Präsidentin?
Er hat vier lange, quälende Wochen gebraucht, es bedurfte abstürzender
Umfragen, einer Pandemie und dem Ausbleiben der Wahlkampffinanzen, bis
[1][US-Präsident Joe Biden das Unausweichliche einsah]. Am Sonntag dann hat
er Kamala Harris als politische Erbin eingesetzt.
Und noch während einer wie [2][Van Jones bei CNN] Tränen für Bidens große
patriotische Tat weinte – „Den Leuten bricht es das Herz, selbst wenn sie
Biden selbst gedrängt haben“ – beanspruchte Harris die Kandidatur für sic…
An Entschlossenheit mangelt es ihr schon einmal nicht. Sie ist auch keine,
die sich von Zweifeln bremsen lässt.
## Hahn der Wahlkampfspenden wieder geöffnet
Das Zweifeln überlässt Harris anderen. Zwar scharten sich am Montag
demokratische Amtsträger.innen um Harris. Der Hahn der Wahlkampfspenden
schien wieder geöffnet. Allein am Sonntag, gibt die Spendenplattform
BlueAct an, seien 46,7 Millionen Dollar an Kleinspenden geflossen. Doch
auffällig still blieben Parteigranden wie Ex-US-Präsident Barack Obama, der
demokratische Mehrheitsführer im Senat Chuck Schumer und der demokratische
Minderheitsführer im Repräsentantenhaus Hakeem Jeffries.
Vermutlich erinnern sie sich an Kamala Harris’ Kampagne, als sie im
Wahljahr 2020 parteiintern gegen Joe Biden antrat. Die kann nicht als gutes
Vorbild dienen. Kaum begonnen, implodierte die Kampagne. Das interne
Management sei dysfunktional gewesen, heißt es. Schnell fingen Leute aus
ihrem eigenen Lager an, die Schuld dafür zu verteilen. Der starke Einfluss
von Harris’ Familie galt als Problem, insbesondere der ihrer Schwester
Maya. Ein Händchen für Personal und gute Berater:innen sagt Harris
niemand nach. Sie sei ohnehin keine, die sich gerne beraten lasse.
Als Gegenbild zu Donald Trumps Vizekandidaten J. D. Vance ist die kühle und
unnahbare Kamala Harris dafür wie gemalt. Und das ist ein Problem. Vance
ist ein Mann aus den vernachlässigten sogenannten fly over states. Einer,
der sich aus Armut hochgearbeitet hat und die Stimme des (weißen) Volkes
wortbegabt imitiert. Harris dagegen ist der Inbegriff jener
Westküstenelite, gegen die sich das MAGA-Amerika verschworen hat.
Die 59-Jährige mit jamaikanisch-indischen Migrationswurzeln wurde in
Oakland in Kalifornien in eine Familie von Bürgerrechtsaktivist.innen
geboren. Sie studierte Jura und machte eine schnelle Karriere in der
kalifornischen Justiz. Im Schatten von Biden war ihre Herkunft von der
liberalen Westküste kein Problem. Der Mann aus Scranton in Pennsylvania,
ein harter Arbeiter aus dem vernachlässigten Rust Belt, hat mit seiner
Politik Infrastruktur und industrielle Arbeitsplätze dorthin
zurückgebracht. Auf Harris’ Mangel an Glaubwürdigkeit in entscheidenden
Swing States gibt es bislang noch keine überzeugende Antwort.
## Im Schatten des Präsidenten?
Der Vorwurf an Harris, sich in diesem Amt wenig Bekanntheit und Popularität
verschafft zu haben, fällt auf Joe Biden selbst zurück. Als Vize-Präsident
steht man im Schatten des Präsidenten; Biden kennt das selbst und er hat es
gehasst. Außenpolitik? Nur als Ersatzspielerin. Und wie sollte Harris auch
mit dem ihr überlassenen [3][Thema Migration, dem empfindlichsten Punkt der
demokratischen Politik], Beliebtheitspunkte einsammeln?
Auch nach bald vier Jahren Regierungszeit wissen die US-Amerikaner.innen
nicht, wofür Harris eigentlich steht. Sie blinkt identitätspolitisch und
steht als Law-and-Order-Frau rechts von Biden. Sie sagte harte Worte zur
US-mexikanischen Grenze, die sie anschließend wieder einsammeln muss. Ihr
Programm: Kamala for President.
Jüngste Umfragen zeigen, dass dieses Programm ein wenig zu dünn sein
könnte. Harris schneidet nur marginal besser ab als Joe Biden. [4][Nach
Zahlen der Washington Post ] lag Trump zuletzt 1,5 Prozentpunkte vor
Harris, mit einem Vorteil von 1,9 Prozentpunkten gegenüber Biden. In der
letzten NBC News-Umfrage (allerdings vor dem Anschlag auf Donald Trump)
lagen sowohl Biden als auch Harris zwei Prozent hinter Trump. Harris’
Beliebtheitswerte liegen seit vielen Monaten konstant deutlich unter 40
Prozent.
Ihre Mutter habe sie und ihre Schwester „zu stolzen starken Schwarzen
Frauen erzogen“, hat Harris einmal gesagt. Sie wird kämpfen, davon kann man
getrost ausgehen. Unterstützung kommt insbesondere von den Seiten der
US-amerikanischen Frauen. Emily’s List, ein amerikanisches politisches
Aktionskomitee (PAC) für demokratische Kandidatinnen, die sich für
Abtreibungsrechte einsetzen, zum Beispiel. Harris sei, „unsere beste
Kandidatin für das Weiße Haus“, sagte die Vorsitzende des PAC, Jessica
Mackler. Mindestens 20 Millionen Dollar sollen von Emily’s List für Harris’
Kandidatur fließen. Und wenn Harris ein Thema mit überzeugendem Einsatz
betrieben hat, dann ist es das Abtreibungsverbot. Ein Thema, das mit dem
Wahlausgang viel zu tun haben wird.
Vier Wochen nach der Anhörung im September 2018 wurde Supreme Court-Richter
Brett Kavanaugh eingeschworen. In der Zwischenzeit verantworteten er und
seine reaktionäre Mehrheit [5][das Ende der progressiven
Abtreibungsrechtsprechung]. Es wird Kamala Harris eine Freude sein, gegen
Kavenaugh erneut in die Schlacht zu ziehen.
22 Jul 2024
## LINKS
[1] /US-Wahl-2024/!6024862
[2] https://www.youtube.com/watch?v=xUITrbAEUEU
[3] /Flucht-in-die-USA/!5978722
[4] https://www.washingtonpost.com/politics/2024/07/11/poll-biden-drop-out-elec…
[5] /Oberstes-Gericht-in-den-USA/!5863159
## AUTOREN
Barbara Junge
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