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# taz.de -- Die Wahrheit: Das Gaunerding da
> Plötzlich tauchen am Haus Gaunerzinken auf und man wird zum lohnenden
> Objekt der Begierde von Schurken im Dunkeln. Die Furcht vor Dieben geht
> um.
Bild: Grusel, grusel, ARD ist live dabei!
Es war an einem Freitag, als ich ihn entdeckte. Einen echten Gaunerzinken.
An unserer Behausung. Im Garten sollte am Abend mit der Hausgemeinschaft
gegrillt werden. Und genau vor unserem Anwesen, auf dem Betonfundament des
Zauns, war nun links ein Gaunerzinken in schwarzer Farbe angebracht.
Gaunerzinken sind Symbole, via derer sich Einbrecher und ihre
Auskundschafter untereinander informieren, ob und unter welchen Umständen
die Immobilie ein lohnendes Objekt der Begierde wäre. Viele kleine Kreise
stehen für viel Geld, ein Halbmond empfiehlt den Abend als Einbruchszeit
und eine Zickzacklinie warnt vor einem bissigen Hund. Bei uns war ein Kreuz
angebracht. Mein Nachbar und ich googelten das Zeichen sofort. Das Ergebnis
beruhigte, Kreuz steht für: Hier ist nichts zu holen.
Groß war die Freude und berauschend das Grillfest. Während des
sommerabendlichen Bacchanals kamen wir überein, die Transparenz unserer
Lebensführung beizubehalten. Dazu gehört der Verzicht auf Jalousien und
Vorhänge, womit der Blick auf Schallplatten-, Büchersammlungen und allerlei
wertlosen Kram freigegeben ist. Unser gemeinschaftlicher Hang zur Unordnung
signalisiert zusätzlich, es sei schon ein Einbrecher dagewesen.
Ebenso erstellten wir einen Plan, den bestehenden Gaunerzinken sorgfältig
zu pflegen, auf dass die Botschaft ewig erhalten bliebe. Leider hielt nach
dem Gelage die Disziplin nicht, Wind und Wetter radierten den Gaunerzinken
aus. Zum Glück war bald ein neuer da. Nur diesmal war er direkt hinterm
Haus unterm Schlafzimmerfenster, wohin nur ein kleiner Weg durch den Garten
führt. Der Gaunerzinkenzeichner schien uns intim nahegekommen zu sein.
Noch verstörender aber war die Dekodierung des Symbols, wirkte es doch dank
der Klaue des Zeichners nahezu undeutbar. Gut, an jener Stelle hinterm Haus
gibt es kein Licht, das mag die Krakelei entschuldigen. Bei der Gelegenheit
erschien es uns allerdings fraglich, wer an dieser dunklen und wegen des
dichten Pflanzenbewuchses schwer zugänglichen Stelle die Zinkenbotschaft
überhaupt wahrnehmen sollte. Wir machten uns Sorgen um die intellektuellen
Fähigkeiten des Einbrechers.
Nichtsdestotrotz blieb auch ein Unbehagen, denn die Ähnlichkeit mit
Symbolen, die auf Reichtum hinweisen, waren durchaus hineininterpretierbar.
Also sperrten wir des Nachts alle Fenster und Türen gut ab.
Am nächsten Tag war der Gaunerzinken weg. Einfach so. Dafür entdeckten wir
an den Mülltonnen neue Bodenschmierereien. Das vollkommen verquere
Gekritzel trug eindeutig die gleiche Handschrift wie die Gaunerzinken beim
Schlafzimmer. Nur dass diesmal überhaupt so gar kein Symbol erkennbar war!
Die Zeichnung bildete eher eine irre Linie, die hinter die Garagentür
führte. Wir gingen ihr nach und sahen am Ende der Linie – den Zeichner. Er
war eine Schnecke. Eine Schnecke, die ihre Schleimspur über unsere
Gartenwege zog.
23 Jul 2024
## AUTOREN
Günter Flott
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Diebstahl
Verbrechen
Angst
Schwerpunkt AfD
Homeoffice
Arbeit
Klara Geywitz
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