Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Attentat auf Trump: Suche nach Schuldigen
> Wer hat das Attentat auf Trump am Wochenende zu verantworten? Biden? Oder
> war es gar eine False-Flag-Aktion? Die Verschwörungsmythen sprudeln.
Bild: Butler, USA, 13. Juli: Agenten des US-Geheimdienstes Secret Service schü…
Noch ist vollkommen unklar, was den mutmaßlichen Schützen, den 20-jährigen
Thomas Matthew Crooks aus Pennsylvania, dazu gebracht hat, mit einem
Sturmgewehr [1][auf den früheren Präsidenten und aktuellen Kandidaten
Donald Trump zu schießen]. Crooks selbst kann dazu nichts mehr sagen: Er
wurde noch am Tatort erschossen. Aber es wäre nicht 2024, wenn in Medien,
unter Politiker*innen und in sozialen Netzwerken nicht längst jede
denkbare Art von Interpretationen und Schuldzuweisungen kursieren würden.
Der republikanische Senator [2][J. D. Vance] aus Ohio, der von den meisten
Analysten als heißester Anwärter als möglicher Vizepräsident unter Trump
gehandelt wird, [3][machte auf X unmittelbar den demokratischen Präsidenten
Joe Biden verantwortlich]: „Die zentrale Prämisse der Biden-Kampagne ist,
dass Präsident Donald Trump ein autoritärer Faschist ist, der um jeden
Preis gestoppt werden muss. Diese Rhetorik führte direkt zum Attentat auf
Präsident Trump.“ Ein Zitat Bidens vom Ende vergangener Woche, das er über
sein Wahlkampfteam hatte verbreiten lassen, dient dieser Denkrichtung als
Beweis: Es sei jetzt genug, über seine schlechte Performance bei der
TV-Debatte zu sprechen, es sei an der Zeit, „Trump zur Zielscheibe“ zu
machen, hatte Biden gesagt.
Kritik an dieser Art von Rhetorik ist auch der Gegenseite nicht fremd: Als
2011 die demokratische Kongressabgeordnete Gabby Giffords in Arizona
angeschossen wurde, machten viele dafür Sarah Palin verantwortlich, damals
ein prominenter Star der rechten Tea-Party-Bewegung. Deren Political Action
Comittee hatte 16 politisch anzugreifende Demokrat*innen, darunter
Giffords, auf einer Landkarte mit stilisierten Fadenkreuzen markiert. Dass
der Schütze davon überhaupt nichts wusste und das Attentat ganz andere
Gründe hatte, spielte im aufgeheizten Diskurs zunächst keine Rolle. Palin
trage Verantwortung, schrieb sogar die New York Times.
Es kann zum jetzigen Zeitpunkt zwar nicht ausgeschlossen werden, dass sich
der Schütze tatsächlich als eine Art US-amerikanischer Georg Elser sah, der
1939 im Münchener Bürgerbräukeller ein Attentat auf Adolf Hitler verübte.
Denn zu Recht haben in den vergangenen Wochen viele US-Medien auf die
zutiefst antidemokratischen Zielsetzungen hingewiesen, die das für eine
zweite Trump-Präsidentschaft entworfene [4][„Project 2025“] enthält – u…
nicht wenige haben Vergleiche dazu gezogen, wie einst die Nazis eine
Demokratie von innen heraus in eine Diktatur verwandelten. Ob sich aber der
registrierte Republikaner Crooks wirklich als derjenige empfand, der
angesichts eines schwächelnden Kandidaten Biden zur Gewalt greifen wollte,
weiß niemand.
Manche Republikaner*innen sehen in dem Attentat die Gelegenheit, den
Sturm von Trump-Anhänger*innen aufs Kapitol zu relativieren: Der
Abgeordnete Mike Collins aus Georgia etwa schrieb auf Twitter: „Joe Biden
hat das angeordnet“ und müsse dafür angeklagt werden, „einen Mordversuch
angestachelt“ zu haben – ein Spiegel der Anklage gegen Trump wegen seiner
Rolle beim Kapitolsturm. Wieder andere, darunter neben Trump-freundlichen
Influencern auch republikanische Abgeordnete, nehmen gar nicht erst den
Umweg der Rhetorik-Kritik.
Es sei nicht gelungen, Trump durch die Strafverfahren zum Schweigen zu
bringen, dann würden „sie“ eben versuchen, ihn umzubringen, geht dieses
Narrativ. Die offene Frage nach den Gründen des ungewöhnlichen
Sicherheitsversagens, das nahe gelegene Dach nicht gesichert zu haben, von
dem Crooks die Schüsse abgeben konnte, spielt diesem Narrativ eines „inside
job“ in die Hände. Ähnlich argumentiert auch Argentiniens
rechts-neoliberaler Präsident Javier Milei: Er beschuldigt die
„internationale Linke“, hinter dem Mordversuch zu stecken. „In ihrer Pani…
bei den Wahlen zu verlieren, greifen sie zum Terrorismus“, schrieb Milei
auf X.
In den sozialen Netzwerken gibt es nicht wenige, die an einen
False-Flag-Anschlag glauben, der genau jene ikonischen Bilder vom
blutverschmierten, die Faust ballenden Trump produzieren sollte, die noch
in Jahrzehnten in den Geschichtsbüchern zu finden sein dürften. Ohne jeden
Beweis bezweifeln Anhänger*innen dieser Theorie, dass die Trump
umringenden Sicherheitsleute, die beim Herausführen des früheren
Präsidenten mehrmals Pausen zuließen, damit Trump sich der „USA! USA!“
skandierenden Menge zuwenden konnte, wirklich vom Secret Service waren.
Welche konkreten Auswirkungen das Attentat auf den Wahlausgang im November
haben wird, dürfte von vielen Faktoren abhängen. Welches Framing aber Trump
und die Republikaner*innen dem Ereignis zuschreiben, wird in den
kommenden Tagen beim republikanischen Parteitag in Milwaukee deutlich
werden. Geballte Fäuste garantiert.
14 Jul 2024
## LINKS
[1] /US-Praesidentschaftswahl-2024/!6023324
[2] /Hippe-Neoreaktionaere-in-New-York-City/!5939891
[3] https://x.com/JDVance1/status/1812280973628965109
[4] /Joe-Biden-im-US-Wahlkampf/!6018330
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Attentat
Donald Trump
Präsidentschaftswahlkampf
US-Wahl 2024
Demokratie
GNS
Joe Biden
US-Wahl 2024
US-Wahl 2024
US-Wahl 2024
US-Wahl 2024
US-Wahl 2024
Kolumne Der rote Faden
## ARTIKEL ZUM THEMA
Präsidentschaftswahlkampf in den USA: Druck auf Biden wächst
Gerüchte um den Rückzug von US-Präsident Joe Biden werden lauter. Trump
appelliert auf dem Parteitag der Republikaner an die Einheit des Landes.
US-Wahl 2024: Vom Trump-Kritiker zum Running Mate
Donald Trump zieht mit seinem einstigen Gegner J. D. Vance in die US-Wahl
im November. Der 39-Jährige ist sein Kandidat für die Vizepräsidentschaft.
Nach Angriff auf Trump: US-Parteien wollen verbal abrüsten
Nach dem gescheiterten Attentat auf Trump bemühen sich Republikaner und
Demokraten darum, staatstragend zu wirken. Das wird nicht lange halten.
Seltene Rede nach dem Trump-Attentat: Biden fordert „Amerika des Anstands“
Nach dem Attentat auf Trump mahnt Biden in einer abendlichen Rede aus dem
Oval Office zur Einheit. Sein Konkurrent steht vor einem großen Auftritt.
US-Präsidentschaftswahl 2024: Attentat auf Donald Trump
Der frühere US-Präsident Donald Trump ist bei einer Wahlveranstaltung
verletzt worden. Die Motive des Täters sind noch unklar.
Bidens Präsidentschaftskandidatur: Zähneklappern ohne Strategie
Der Druck auf Joe Biden wächst, von seiner Kandidatur zurückzutreten. So
beschädigt wie er so kurz vor einer Wahl war bislang kein Kandidat.
Globaler Rechtsruck gestoppt, vorerst: Linker Wind und Erkältungsgefahr
Unsere Kolumnistin blickt in die Woche zurück und freut sich über linke
Wahlerfolge. Ein angeblicher Schnupfen in den USA sorgt aber für
Beunruhigung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.