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# taz.de -- Präsidentschaftswahlkampf in den USA: Druck auf Biden wächst
> Gerüchte um den Rückzug von US-Präsident Joe Biden werden lauter. Trump
> appelliert auf dem Parteitag der Republikaner an die Einheit des Landes.
Bild: Joe Biden, hier in einer Aufnahme vom 15. Juli
Washington/Milwaukee ap/dpa | Öffentlich hat der Präsident bislang alle
Rückzugsforderungen aus der eigenen Partei zurückgewiesen. Auch sein
Wahlkampfteam betonte zuletzt beharrlich, Biden habe nicht vor,
hinzuschmeißen. Zuletzt stieg der parteiinterne Druck auf ihn jedoch noch
einmal enorm.
Mittlerweile schließt der 81-jährige das Szenario wohl nicht mehr aus.
Personen [1][aus Bidens engem Umfeld sagten der New York Times], es wäre
keine Überraschung, wenn Biden bald eine Rückzugsankündigung machen würde.
Die Entscheidung Nancy Pelosis, sich gegen einen Verbleib Bidens
auszusprechen sowie neue, schlechte Umfragewerte und der Druck wichtiger
Parteispender hätten bei Biden ein Umdenken ausgelöst. Es gelte als
wahrscheinlich, dass er im Falle eines Verzichts seine Stellvertreterin
Kamala Harris als Präsidentschaftskandidatin für die Wahl im November
vorschlagen würde.
Er habe begonnen, „sich mit dem Gedanken abzufinden, dass er im November
möglicherweise nicht gewinnen kann und aus dem Rennen aussteigen muss, um
den wachsenden Forderungen vieler besorgter Mitglieder seiner Partei
nachzugeben“, schrieb die New York Times. Biden habe jedoch noch keine
Entscheidung getroffen.
## Bidens Büro winkt ab
Das Weiße Haus dagegen dementierte die Meldungen, dass Biden einen Rückzug
in Erwägung ziehe und bezeichnete die Berichte als koordinierte Kampagne
von Leaks führender Demokraten, die den Druck auf den Präsidenten erhöhen
wollten. Obwohl Biden die Bedenken ernst nehme, hätte er seine Position
nicht geändert und wolle im Rennen bleiben.
Die Washington Post berichtete zuvor unter Berufung auf drei
Kongressabgeordnete, die Biden-Vertraute und frühere demokratische
Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi habe mehreren
Parteikollegen im Parlament gesagt, sie glaube, dass Biden recht bald davon
überzeugt werden könne, sich aus dem Präsidentschaftsrennen zurückzuziehen.
Auch sie habe ernsthafte Zweifel, dass er die Wahl im November gegen den
republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump gewinnen könne.
## Parteiinterne Rebellion
Biden ist wegen seines hohen Alters und Zweifeln an seiner geistigen
Verfassung mit einer parteiinternen Rebellion konfrontiert. Seit einem
desaströsen Auftritt bei einem Fernsehduell gegen Trump Ende Juni forderten
ihn diverse demokratische Abgeordnete offen auf, aus dem
Präsidentschaftsrennen auszusteigen. Viele weitere äußerten sich öffentlich
sehr besorgt über seine Wahlchancen.
Zuletzt wagten sich auch prominente Demokraten mit entsprechenden
Wortmeldungen hervor. Und Medienberichten zufolge drängt hinter den
Kulissen inzwischen auch die allererste Reihe der Partei Biden zu einem
Rückzug.
Wegen einer Infektion mit dem Coronavirus absolviert Biden derzeit keine
öffentlichen Termine, sondern isoliert sich in seinem Privathaus in
Rehoboth Beach im Bundesstaat Delaware.
## Trump schlägt versöhnliche Töne an
Der frühere US-Präsident Donald Trump hat beim Parteitag der Republikaner
in Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin seine Nominierung als
Spitzenkandidat für die Präsidentschaftswahl im November angenommen. In
seiner Rede am Donnerstagabend (Ortszeit) ließ er seine spalterischsten
Pläne weitgehend außen vor und appellierte stattdessen an die Einheit
seiner Partei und des Landes.
Nur fünf Tage [2][nach dem gescheiterten Anschlag auf sein Leben] zeigte
sich der 78-Jährige erneut mit bandagiertem Ohr – und beschrieb, wie er den
Moment erlebte, in dem ihn am Samstag in Pennsylvania bei einem
Wahlkampfauftritt ein Schuss des Attentäters am Ohr traf. „Überall floss
Blut, doch in gewisser Weise fühlte ich mich sehr sicher, weil ich Gott auf
meiner Seite hatte“, sagte er. „Ich sollte heute Abend nicht hier sein.“
Der für seine aggressive Rhetorik bekannte Republikaner schlug im Verlauf
der Rede [3][ungewohnt versöhnliche Töne] an. „Die Zwietracht und die
Spaltung in unserer Gesellschaft müssen geheilt werden. Wir heilen es
einfach schnell. Als Amerikaner sind wir durch ein einziges Schicksal und
eine gemeinsame Bestimmung miteinander verbunden. Wir erheben uns
gemeinsam, oder wir fallen auseinander“, sagte er. „Ich trete an, um ein
Präsident für ganz Amerika zu sein, nicht die Hälfte von Amerika, denn es
gibt keinen Sieg, wenn man für die Hälfte Amerikas gewinnt.“
Seine demokratischen Rivalen, Präsident Joe Biden und dessen
Vizepräsidentin Kamala Harris, erwähnte er nicht direkt, sondern verwies
nur allgemein auf die Regierung. Er umging auch jeden direkten Bezug auf
kontroversere Pläne oder seine Lieblingsthemen, darunter die angeblich
manipulierte Wahl 2020, die Erstürmung des US-Kapitols durch seine Anhänger
am 6. Januar 2021 oder seine Pläne, Millionen irreguläre Migranten aus den
USA zu deportieren.
## „Maskulines“ Programm
Zum Finale ihres Nominierungsparteitags für die US-Präsidentschaftswahl
setzten die Republikaner ansonsten auf ein betont „maskulines“ Programm.
Dana White, Präsident der populären Mixed-Martial-Arts-Organisation UFC,
bezeichnete Trump als „echten amerikanischen Bad Ass“. Und der Rockmusiker
Kid Rock gab breitbeinig einen Song mit dem Refrain „Fight, fight!“
(Kämpft, kämpft!) zum Besten – diese Worte hatte Trump der Menge nach dem
gescheiterten Attentat am Wochenende zugerufen.
Die Wrestling-Ikone Hulk Hogan beschrieb den früheren Präsidenten als
„amerikanischen Helden“. Hogan erntete tosenden Applaus, als er auf der
Hauptbühne sein Shirt zerriss – und darunter ein Wahlkampfshirt des bei dem
Parteitag offiziell nominierten Kandidatenduos Trump und J.D. Vance mit dem
Slogan „Make America Great Again“ zum Vorschein kam. „Als Entertainer
versuche ich, mich aus der Politik herauszuhalten“, sagte er. Aber er könne
nicht länger schweigen.
Zwei prominente Frauen aus Trumps Umfeld – seine Frau Melania und seine
Tochter Ivanka – schlossen sich dem 78-Jährigen vor dessen Rede in der
Kongresshalle zwar erstmals bei dem Parteitag an, verzichteten aber darauf,
selbst Reden zu halten.
Trumps auf die Zukunft ausgerichtete Rede markierte den Höhepunkt und
Abschluss des Nominierungsparteitags der Republikaner, bei dem auch der
Senator J.D. Vance als Trumps Vizepräsidentschaftskandidat nominiert wurde.
Dieser hatte sich in seiner Rede am Mittwochabend (Ortszeit) als Mann des
Volkes präsentiert, auf sein entbehrungsreiches Aufwachsen in der alten
Industrieregion der USA, dem „Rust Belt“, verwiesen und geltend gemacht,
dass seine Partei die Herausforderungen am besten verstehe, mit denen
gewöhnliche Amerikaner konfrontiert seien.
## Kämpfer für die Arbeiterklasse
In seiner ersten größeren Rede nach seinem Aufstieg zum Vizekandidaten an
der Seite von Trump beschrieb er sich als Kämpfer für die „vergessene“
Arbeiterklasse des Landes – und appellierte dabei direkt an seine
Heimatregion, deren verärgerten und frustrierten Wählern beim
überraschenden Wahlsieg Trumps im Jahr 2016 eine wichtige Rolle zukam.
„In Kleinstädten wie meiner in Ohio, oder nebenan in Pennsylvania, oder in
Michigan, in allen Staaten unseres Landes, wurden Arbeitsplätze ins Ausland
verlagert und Kinder in den Krieg geschickt“, sagte er. „An die Menschen in
Middletown, Ohio, und all die vergessenen Gemeinden in Michigan, Wisconsin,
Pennsylvania und Ohio und in jedem Winkel unserer Nation, ich verspreche
euch dies“, erklärte Vance: „Ich werde ein Vizepräsident sein, der niemals
vergisst, woher er kommt.“
19 Jul 2024
## LINKS
[1] https://www.nytimes.com/2024/07/18/us/politics/biden-election-drop-out.html
[2] /Attentat-auf-Trump/!6020822
[3] /Nach-Angriff-auf-Trump/!6020327
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