| # taz.de -- Streit nach Ausschuss aus EU-Fraktion: AfD bleibt draußen – Krah… | |
| > Nach dem Ausschluss von Krah ist in der AfD heftiger Streit entbrannt. In | |
| > die extrem rechte ID-Fraktion im EU-Parlament darf sie nicht zurück. | |
| Bild: Lacht sich ins Fäustchen: Der AfD-Politiker Maximilian Krah | |
| Berlin taz | Obwohl die frisch gewählte AfD-Delegation ihren | |
| skandalbehafteten Spitzenkandidaten Maximilian Krah abgesägt hat, wird sie | |
| nicht in die ID-Fraktion im EU-Parlament aufgenommen. Damit sind die | |
| Bemühungen um eine Aufnahme in die Riege der extrem rechten Parteien um die | |
| österreichische FPÖ, das französische RN und das belgische Vlaams Belang | |
| nach nur drei Tagen bereits gescheitert. Der AfD-Delegation droht damit die | |
| Fraktionslosigkeit – und im Zuge dessen weniger Redezeit, Gelder und | |
| Mitarbeiter. | |
| Die Entscheidung soll nach einem nicht-öffentlichen Treffen der | |
| französischen extremen Rechten Marine Le Pen vom Rassemblement National | |
| (RN) mit dem italienischen Lega-Chef Matteo Salvini und anderen Politikern | |
| der ID-Fraktion in Brüssel gefallen sein. Auch Herbert Kickl, Chef der | |
| österreichischen FPÖ sowie der Niederländer Geert Wilders sollen | |
| teilgenommen haben. | |
| „Eine offizielle Stellungnahme liegt uns noch nicht vor“, sagte | |
| AfD-Parteichefin Alice Weidel der taz. Man warte noch Telefonate mit | |
| Freunden in Belgien ab, dann werde man weitere Sondierungen betreiben und | |
| ausloten, „welche Optionen es für alternative Zusammenschlüsse gibt“. Man | |
| sei aber zuversichtlich. Konkreter, mit wem die AfD zusammenarbeiten wolle, | |
| wurde sie nicht. | |
| In die Karten spielt die Nichtaufnahme in die Fraktion vor allem einem: | |
| Maximilan Krah selbst. Der wegen Korruptionsvorwürfen erst aus dem | |
| Wahlkampf und dann aus der EU-Delegation geworfene ehemalige | |
| Spitzenkandidat hat schon längst einen Spin gesetzt, der auch die | |
| Parteibasis überzeugt: Die AfD solle sich „nicht von einer ausländischen | |
| Partei vorschreiben lassen, mit wem sie antritt“. Eine Wiederaufnahme in | |
| die ID-Fraktion hatte er von Anfang an als illusorisch bezeichnet. Die | |
| Aufgabe besteht darin, eine eigene, neue Fraktion zu gründen. Dafür stehe | |
| ich bereit“, sagte er nun der taz. | |
| ## Freidrehende Radikale | |
| Um eine neue Fraktion zu gründen, bräuchte die AfD 23 Abgeordnete aus 7 | |
| verschiedenen Ländern – die zusammen zu trommeln dürfte nicht allzu leicht | |
| werden. In Frage kämen dafür eigentlich nur einige freidrehende | |
| fraktionslose Ultranationalisten. | |
| Zu den versprengten rechtsextremen Abgeordneten gehören im neuen | |
| EU-Parlament etwa Personen wie Grzegorz Braun von der polnischen extrem | |
| rechten Partei Konfederacja. Dieser war im Dezember 2023 aus dem polnischen | |
| Parlament ausgeschlossen worden, weil er die Kerzen eines | |
| Chanukkah-Leuchters im Foyer des Parlaments mit einem Feuerlöscher löschte. | |
| Oder der slowakische Rechtsextremist Milan Uhrík aus der Partei Hnutie | |
| Republika, der den Holocaust 2017 [1][weder gutheißen noch missbilligen | |
| wollte]. Zu beiden hatte [2][die AfD in Vergangenheit schon Kontakt]. | |
| Aus der Parteiführung traute sich niemand so richtig aus der Deckung. | |
| Lediglich anonym lässt sich ein Bundesvorstandsmitglied zitieren: „Krah hat | |
| seit langer Zeit versucht, das Projekt ID-Fraktion zu torpedieren und eine | |
| Fraktion der Obskuranten zu bilden, in welcher er als Chef agieren kann.“ | |
| Tatsächlich hatte Krah sich in der letzten Legislatur viele Feinde in der | |
| ID-Fraktion gemacht. Er war mehrfach wegen Eskapaden suspendiert und sprach | |
| sich wiederholt dafür aus, sich weiter nach rechts zu orientieren. Dazu | |
| kamen die Verstrickungen in Spionagevorwürfe. Mit SS-Verharmlosungen im | |
| Wahlkampf-Endspurt hatte er dann für den endgültigen Bruch der ID-Fraktion | |
| mit der AfD gesorgt. | |
| ## Rechte Soli-Kampagne | |
| Die Parteibasis ist aber nicht etwa sauer auf Krah, sondern auf die | |
| Parteiführung und den neuen Delegationschef René Aust. Vor allem dieser | |
| findet sich im Zentrum eines rechten Shitstorms wieder, wird als „Verräter“ | |
| und „Judas“ gebrandmarkt. Ein für Mittwochabend angekündigtes Statement | |
| sagte er kurzfristig wieder ab – und überlässt damit die Deutungshoheit | |
| Krah, der weiter ausdauernd stichelt. | |
| Krah bedankte sich für die Solidarität: Ihn erreichten Mails und | |
| Nachrichten aus ganz Deutschland. Im Cicero drohte er am Mittwoch, „große | |
| Teile der Basis“ seien über den Umgang mit ihm „alles andere als amüsiert. | |
| Das wird auf Dauer nicht ohne Folgen bleiben“. Selbst die rechtsextremem | |
| Medien Compact und Deutschlandkurier sammeln mittlerweile Unterschriften | |
| für eine Petition an den AfD-Bundesvorstand, um Krah wider in die | |
| Delegation aufzunehmen. | |
| Auch die Landesvorsitzenden in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und | |
| Bayern solidarisieren sich mit Krah. Sachsens Spitzenkandidat Jörg Urban | |
| sagte [3][Zeit Online], er halte den Rausschmiss von Krah für „falsch und | |
| unprofessionell“, wolle diesen zurück in der EU-Delegation haben. | |
| Der Landesverband Bayern hat gar eine der taz vorliegende Resolution unter | |
| der Überschrift „Mut zu Deutschland“ für den Ende Juni stattfindenden | |
| Parteitag eingebracht: Statt fauler Kompromisse mit anderen Parteien | |
| fordern die Bayern eine neue Fraktion mit „weiteren Partnern“ im | |
| EU-Parlament. Die Skandale um Krah und den Listenzweiten Petr Bystron seien | |
| ohnehin nur auf „Lügen und Verdächtigungen basierende Schmutzkampagnen“. | |
| Die Resolution samt begleitender Soli-Pressemitteilung für Krah und Bystron | |
| kann durchaus als deutliche Kritik am Kurs der Parteispitze verstanden | |
| werden. | |
| ## Parteispitze in der Kritik | |
| Urheber Rainer Rothfuß aus Bayern sagte der taz, die Resolution solle | |
| möglichst vor die Wahl des Bundesvorstands gezogen werden. Ärger wäre damit | |
| gleich zu Beginn des Parteitags vorprogrammiert. Der Parteitag vor den | |
| anstehenden Landtagswahlen dürfte damit deutlich weniger ruhig verlaufen, | |
| als es die zur Wiederwahl stehende Doppelspitze Alice Weidel und Tino | |
| Chrupalla erhofft hatten. | |
| Auch das ideologische Parteivorfeld ist auf Zinne: Eine Partei, die das | |
| Potential eines Krah nicht einbauen könne, habe „ein Führungsproblem“, | |
| konstatierte der extrem rechte Ideologe Götz Kubitschek. Man habe das | |
| Zugpferd unter den eigenen Wagen geworfen. Das nehme nun allen den Schwung, | |
| außer jenen, die ihre Einzelkarriere vorantrieben, sagte er mit einem | |
| deutlichen Seitenhieb auf Weidel und Chrupalla. | |
| Noch eine Spur heftiger ist es in den Kommentarspalten der sozialen Medien: | |
| Der rechtsextreme Social-Media-Stratege und Kopf hinter Krahs | |
| Tiktok-Kampagne, Erik Ahrens, sublimierte seinen Hass in einen über 5.000 | |
| Zeichen langen X-Thread. An René Aust klebe der Verrat. Er sei ein | |
| „schwacher Mann“, „Mamas Liebling“, ein „erwachsener Junge“, der se… | |
| Männlichkeit verloren habe: „Das passt gut zur Rolle, die er jetzt | |
| anstrebt: Anführer einer kastrierten AfD-Fraktion im Europaparlament“. Man | |
| solle Aust und jedem, der ihm beistehe, bei jeder Gelegenheit als | |
| „Verräter“ beschimpfen, fordert Ahrens und schließt mit: „Feuer frei, w… | |
| lassen den Verrat an Krah und der ganzen Bewegung nicht unbeantwortet!“ | |
| ## Bruch mit Höcke | |
| Dabei kommt René Aust selbst aus dem engen Umfeld des Rechtsextremisten | |
| Björn Höcke in Thüringen. Mit dessen Unterstützung waren sowohl Krah als | |
| auch Aust angetreten. Nach längerem Schweigen schaltete sich schließlich | |
| auch Höcke Donnerstagnachmittag in den Parteistreit ein – auf Seiten von | |
| Aust: Die „ehrenrührige Kampagne“ gegen Aust veurteile er „auf das | |
| Schärfste“. Dann teilte Höcke zum Rundumschlag in Richtung Krah und | |
| Bundesvorstand aus. Man sei enttäuscht, dass der Vorwurf des „Verrats“ | |
| durch das Schweigen von Krah mitgetragen werde und der Bundesvorstand dem | |
| nicht widerspreche, heißt es in der Erklärung des AfD-Landesverbands | |
| Thüringen. | |
| Das Tischtuch zwischen Krah und Höcke scheint damit zerschnitten: Krah | |
| hatte der taz bereits davor gesagt, er sei nicht mehr im Kontakt mit Höcke. | |
| 13 Jun 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.welt.de/politik/deutschland/plus245995548/Der-AfD-Mann-und-sein… | |
| [2] https://www.welt.de/politik/deutschland/plus245995548/Der-AfD-Mann-und-sein… | |
| [3] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-06/maximilian-krah-afd-eu-dele… | |
| ## AUTOREN | |
| Gareth Joswig | |
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