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# taz.de -- Streit um U-Bahn-Bau in Köln: Nutzlos, teuer, klimaschädlich
> In Köln wollen CDU und FDP die Stadtbahn unter die Erde verbannen. Dabei
> bringt das Milliardenprojekt kaum Nutzen für die Bürger:innen.
Bild: Die Kölner Straßenbahn zur U-Bahn zu machen, würde viel kosten, aber n…
Bochum taz | In Köln geht der Streit um den möglichen U-Bahn-Bau auf der
Ost-West-Achse mitten durch die Innenstadt in die nächste Runde. Kurz vor
der entscheidenden Sitzung am Donnerstagnachmittag wurde die Diskussion
über den angedachten Tunnel von der Tagesordnung des Stadtrats gestrichen.
Zuvor hatten nicht nur Grüne und SPD, sondern auch Linke und die Gruppe
„Klimafreunde“ mit Blick auf Kosten und Nutzen massive Bedenken angemeldet.
Über den Ausbau der Ost-West-Achse diskutieren [1][Lokalpolitik und
Stadtgesellschaft] schon seit Jahren. Bereits 2018 hatte der Stadtrat die
Untersuchung einer unter- und einer oberirdischen Variante im
Innenstadtbereich in Auftrag gegeben. Deren grundsätzliche Ergebnisse
liegen jetzt vor: Danach soll die rund 2,3 Kilometer lange neue U-Bahn
entlang von Heumarkt, Neumarkt und Rudolfplatz den Bürger:innen
angeblich etwas mehr Nutzen bringen als ein Ausbau der bestehenden
Straßenbahnlinie 1: Der sogenannte Nutzen-Kosten-Indikator der Tunnellösung
stieg von 2018 bis heute von 1,0 auf 1,4 – bei der oberirdischen Variante
sank er dagegen von 2,3 auf 1,3.
Unklar bleiben dagegen bisher Details der umstrittenen Berechnungen – und
die wollen nicht nur Grüne und SPD im Stadtrat kennen: „Wir wollen die
Gutachten und ihre Bewertungsmethoden sehen“, fordert der
verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Stadtrat, Lars Wahlen. „Wir
kaufen die Katze nicht im Sack“, sagt auch der SPD-Verkehrspolitiker Lukas
Lorenz. Das Kölner Ratsbündnis aus Grünen, CDU und [2][Volt], in dem die
drei Parteien seit 2021 zusammenarbeiten und das die Verwaltung der
parteilosen Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit Mehrheiten im
Kommunalparlament versorgt, ist damit gespalten.
Das Bündnis Verkehrswende Köln, das mit dem Slogan „Oben bleiben“ für den
Ausbau der Straßenbahn kämpft, hat eine Veröffentlichung nach dem
Informationsfreiheitsgesetz beantragt. Denn tatsächlich wiegen die
Argumente der Tunnelgegner:innen schwer: „Die Kosten des U-Bahn-Baus
liegen schon heute bei 1,4 Milliarden Euro“, rechnet Bündnis-Sprecherin
Barbara Kleine vor – „die der oberirdischen Variante dagegen nur bei rund
220 Millionen“.
## U-Bahn könnte Milliardengrab werden
Zwar gibt es massive Förderzusagen des Bundes. Doch auch für die klamme
Stadt Köln könnte sich der Tunnel zum Milliardengrab entwickeln: So sei der
städtische Eigenanteil für die 2004 begonnene Nord-Süd-Stadtbahn, [3][der
2009 zum Einsturz des Kölner Stadtarchivs mit zwei Toten führte], von 55
Millionen auf aktuell über eine Milliarde Euro gestiegen, warnt Kleine –
ohne die Kosten der Archiv-Katastrophe. Fertiggestellt ist die Linie
dennoch bis heute nicht.
Dazu kommt die geschätzte Bauzeit: Bis 2040 dürfte der U-Bahn-Bau dauern,
schätzen die kommunalen Kölner Verkehrsbetriebe (KVB), die sich für den
Tunnelbau stark machen. „Die Innenstadt soll also bis zu zwei Jahrzehnte
aufgerissen werden“, kritisiert Angela Bankert, die für die Linke als
sachkundige Einwohnerin im Verkehrsausschuss sitzt. Der Straßenbahnausbau
könne dagegen in drei bis fünf Jahren erledigt werden.
## Vier Minuten Zeitgewinn
Überhaupt bringe die U-Bahn den Bürger:innen kaum Nutzen, glaubt
Bankert: Deren Zeitgewinn liege bei gerade einmal drei bis vier Minuten.
Auch für den Klimaschutz dürfte der Tunnel kontraproduktiv sein.
Schließlich geht auch die Stadtverwaltung davon aus, dass dessen Bau die
Atmosphäre mit 283.000 Tonnen Kohlendioxid belasten dürfte.
„Alle faktenbasierten Argumente sprechen für die oberirdische Variante“,
mahnte deshalb Inga Feuser von den „Klimafreunden“ noch am Montag bei einer
Sitzung des Verkehrsausschusses in Richtung CDU und FDP, die sich weiter
für den U-Bahn-Bau stark machen: Bis sich der Tunnel in der Klimabilanz
rechne, dürften „mindestens 100 Jahre vergehen“. Der Stadtrat will bei
seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause am 1. Oktober weiter beraten.
27 Jun 2024
## LINKS
[1] /Stadtentwicklung-in-Koeln/!5905636
[2] /Volt-in-Berlin/!6017312
[3] /Einsturz-des-Koelner-Stadtarchivs-2009/!5807997
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Köln
U-Bahn
Straßenbahn
Öffentlicher Nahverkehr
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Schwerpunkt Fußball-EM 2024
BVG
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